Vom Häftling zum Pastor

«Ich dachte, mein Leben sei vorbei»

Mit 13 Jahren war Jon Kelly zum ersten Mal im Gefängnis. Sechs Jahre später wurde er wieder eingekerkert, wegen Mordes dritten Grades. Er war bei einer Schiesserei dabei, bei der ein junger Mann starb. «Ich dachte, mein Leben sei vorbei…» Heute zeigt er auf, wie wir Christen anderen bei der zweiten Chance helfen können.
Jon Kelly (Bild: Facebook Jon Kelly)
Jon Kelly mit seiner Familie

«Wie so viele Menschen, ob jung oder alt, hatte ich meinen Weg verloren. Ich dachte, dass Drogen und Gewalt mich retten könnten», doch schon im Alter von 13 Jahren landete Jon Kelly im Gefängnis.

Drogen und Gewalt brachten bloss jede Menge Schmerz mit sich. «Mit 19 wurde ich wegen Mordes dritten Grades verhaftet und ins Gefängnis gesteckt, weil ich an einer Schiesserei beteiligt war, bei der ein junger Mann starb. Ich dachte, mein Leben sei vorbei. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich noch eine Zukunft hätte.»

In Einzelhaft

Weil alle Zellen voll waren, musste er in eine Isolationszelle. «Ich sass dort allein. Mir war so langweilig, dass ich einen der Vollzugsbeamten fragte, ob sie etwas zu lesen hätten, und er gab mir eine Bibel.»

Zum ersten Mal las er in der Bibel. «Mir wurde klar, dass Gott mehr für mich bereit hatte. Er hatte mich an diesen Ort der Isolation gebracht, damit ich ihn spüren und hören konnte, ohne dass mein Leben in den Weg kam. Das Gefängnis war das Beste, was mir je passiert ist.»

Schwere Last – grosse Befreiung

Er spürte das Bedürfnis, Busse zu tun und Vergebung zu suchen. «Ich sprach mit der Familie des jungen Mannes. Ich hatte eine Rolle beim Tod von jemandem gespielt, den sie liebten, und es lag an mir, die Dinge richtig zu stellen.»

Jon Kelly wuchs in seinem Glauben. «Unterstützt von einer christlichen Gemeinde, überwand ich die Schuld und Scham über das, was geschehen war, und fand einen neuen Weg.»

Heute, im Alter von 38 Jahren, ist Jon Kelly Pastor. «Als ich zum ersten Mal spürte, dass sich Gottes Wort in meinem Herzen regte, änderte sich alles. Trotz meiner Sünde reichte mir der Herr die Hand und schenkte mir neues Leben. Ich war von der Last meiner Sünde und Schuld erdrückt, aber Gott machte mich frei.»

«Meine Geschichte ist nicht besonders»

Heute sagt Jon Kelly: «Es mag unglaublich klingen, aber ich glaube nicht, dass meine Geschichte wirklich so besonders ist. Im Grunde ist meine Geschichte nur die Geschichte der Bibel.»

Es sei die Geschichte von Sünde, Erlösung und zweiten Chancen. «Und ich weiss, dass die meisten Gefangenen die gleiche Geschichte erzählen könnten, wenn wir sie lassen würden. Wir in der Kirche müssen ihnen nur zeigen, wie es geht.»

Und er führt aus: «Wir wissen aus der Bibel, dass Jesus uns alle zu einer Familie in Christus gemacht hat. Gottes Liebe ist eine väterliche Liebe; wenn wir diese Liebe annehmen und die gute Nachricht des Evangeliums empfangen, werden wir zu etwas, das es sonst nirgendwo auf der Welt gibt. Wir werden zu der Familie, die jeder Sünder braucht, um wieder nach Hause zu finden.»

Das Erstaunliche an Gottes Gnade sei, dass sie niemanden diskriminiert, erklärt Jon Kelly. «Alle sind in Gottes Familie willkommen, und niemand geht hungrig vom Tisch des Herrn weg. Wenn Gott sein Volk zu sich ruft, ist jeder einzelne Mensch auf der Erde eingeladen, zu antworten, egal ob er zu Hause in seinem Wohnzimmer sitzt oder gerade hinter Gefängnisgittern.»

Welt teilt ein – Gott nicht

Die Welt sei da anders: «Die Welt teilt die von Gott geschaffenen Menschen ein in die Guten und die Bösen, in das aufrechte Mitglied der Gesellschaft und den Aussenseiter, in die, die dazugehören und die, die es nicht tun. Den Männern und Frauen, deren zerbrochenes Leben und zerrüttete Herzen sie zu Verbrechen und Inhaftierung führen, gibt die Welt nichts als Scham und Bedauern.»

Viele wohlmeinende Menschen redeten viel darüber, wie man Gefangene rehabilitieren kann, nachdem sie das Gefängnis verlassen haben. «Sie reden über Jobs und über Wohnraum. Sie reden über die Schaffung von Möglichkeiten und sie reden über den Aufbau von Programmen. Aber obwohl all diese Faktoren wichtig sind, um nach dem Gefängnis wieder ein besseres Leben aufzubauen, sind sie nicht das Wesentliche. Sie bekämpfen nicht die eigentlichen Ursachen.»

Kirche mit Chance bei zweiter Chance

«Wenn Menschen Verbrechen begehen, wie ich es getan habe, tun sie das, weil sie nicht mehr das Gefühl haben, dass ein Leben in liebevoller, freudiger Gemeinschaft mit den Nächsten möglich ist. Männer und Frauen, die Verbrechen begehen, haben ihren Sinn für die liebende Familie Gottes verloren.»

Wenn also die Welt den Gefangenen Scham und Reue aufbürdet, macht sie den Aufbau eines neuen Lebens nach dem Gefängnis schwierig bis unmöglich. «Die Menschen im Gefängnis sind bereits verletzt; die Scham, das Bedauern und die Schuld, die sie während und nach ihrer Strafe empfinden, sind eine Last, die Heilung verhindert und sie ein Leben lang belastet.»

Das ist es, was die Kirche als Ort für Veränderungen so besonders macht. «Nur die christliche Gemeinde kann in die Gebrochenheit im Herzen der Kriminalität hineingehen und die rettende Botschaft der Liebe Gottes verkünden. Nur sie kann den Gefangenen das Gefühl geben, dass sie mehr sind als ihre Schuld, dass sie wieder zu einer Familie gehören können, die reich an Gnade und Freiheit ist.»

Nicht perfekt sein, sondern da sein

Um zu helfen, Gefangenen eine zweite Chance zu geben, muss die Kirche nicht perfekt sein, beobachtet Jon Kelly. «Sie muss nicht eine Fülle von ausgefeilten Programmen und Ressourcen zur Verfügung haben.»

Alles was nötig ist, ist das Evangelium und die Bereitschaft, Gefangene so zu lieben, wie man selbst geliebt werden möchte. «Ich spreche aus eigener Erfahrung, wenn ich sage, dass nichts einen grösseren Einfluss auf das Leben eines ehemaligen Gefangenen hat, als zum Abendessen mit Freunden eingeladen zu werden, gemeinschaftliche Aufgaben in einer Gemeinde zu bekommen und wieder wie ein geliebtes Familienmitglied in Gottes Reich behandelt zu werden.»

Als Jesus gefragt wurde, was das Gesetz Gottes gebietet, antwortete er mit einer einfachen Botschaft. «Gott ruft jeden von uns auf, ihn mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Verstand zu lieben und unseren Nächsten wie uns selbst, so wie es in Matthäus Kapitel 22, Verse 37-39 steht. Die christliche Gemeinde hat die Berufung, Zeugnis von dieser unglaublichen, erstaunlichen Liebe zu geben. Und ich spreche sowohl als ehemaliger Gefangener als auch als Seelsorger, wenn ich sage, dass diese Liebe allein ausreicht, um Herzen zu verändern und zweite Chancen zu schaffen, die ein Leben lang halten.»

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Datum: 04.05.2021
Autor: Jon Kelly / Daniel Gerber
Quelle: Christian Post / gekürzte Übersetzung: Livenet

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