Jemen: «Der Krieg eröffnet dem Evangelium neue Möglichkeiten!»
Wurden die Christen früher vor allem seitens der Regierung verfolgt, so geht jetzt die grösste Gefahr vom Islamischen Staat und anderen Terrorgruppen aus. Und dennoch kommen täglich neue Menschen zum Glauben an Jesus Christus.
Jamil (Name aus Sicherheitsgründen geändert), ein ehemaliger Muslim, der als Christ aus dem Jemen floh, heute aber immer noch regelmässig die Christen dort besucht und sie ermutigt, sieht im Krieg einen Segen: «Der Krieg hat uns auf das konzentriert, was wirklich wichtig ist, nämlich Christus nachzufolgen, selbst wenn es unser Leben kostet. Die Bibel spricht sehr klar darüber, was wir erwarten können; Leid ist Teil des christlichen Lebens. Deshalb warten viele jemenitischen Christen sehnsuchtsvoll auf die Wiederkunft Jesus. Wir haben so viel verloren, wir sehnen uns nach dem ewigen Frieden, den Jesus eines Tages – hoffentlich bald – bringen wird!»
«Flucht wurde zum riesigen Segen!»
Ein weiterer Segen des Krieges ist laut Jamil, dass die Christen im ganzen Land verstreut wurden und ihre Angst vor dem Evangelisieren verloren haben, auch wenn die meisten von ihnen aufgrund ihres Glaubens von den eigenen Familien ausgestossen wurden. «Es mag komisch klingen, aber der Fakt, dass viele christliche Familien flüchten mussten, ist zu einem riesigen Segen geworden! Es gibt jetzt überall im Land Christen, nicht mehr nur an bestimmten Orten. Und der Glaube wächst, weil wir Christen unsere Angst verloren haben. Durch die Krise und den Krieg hat Gott uns die Kraft gegeben, das Evangelium weiterzugeben, wo auch immer wir uns befinden.»
Beziehung, nicht Religion
Einige Pastoren, die Jamil kennt, taufen regelmässig neue Christen. «Der Krieg eröffnet dem Evangelium neue Möglichkeiten. Immer mehr Muslime im Jemen sind enttäuscht von ihrer Religion. Sie erkennen, dass Religion ihnen nur Ärger bringt und orientieren sich neu. Das ist eine Riesenchance für Christen, und zwar nicht eine neue Religion zu bringen, sondern ihnen zu zeigen, dass eine Beziehung mit Jesus Christus die Antwort ist.»
Verantwortung übernommen
Und noch etwas Gutes hat der Krieg bewirkt: Viele ausländische Christen verliessen mit Beginn der Luftangriffe das Land. Zuvor wurde die grosse Mehrheit der Hauskirchen von ihnen geleitet, weil die lokalen Christen einfach nicht dasselbe theologische Wissen und die gleichwertige Ausbildung hatten. «Jetzt sind die meisten Ausländer weg und es ist für uns an der Zeit zu leiten», erklärt Jamil. «Zunächst sah es so aus, als würde die Hausgemeinden-Bewegung zusammenbrechen, aber nach und nach begannen lokale Christen, Verantwortung in der Leiterschaft zu übernehmen. Sie sind vielleicht nicht grossartig geschult, aber sie geben einfach das Wissen, das sie haben, weiter und unterstützen sich gegenseitig.»
Hoffnung für die nächste Generation
Die Situation ist weiterhin extrem gefährlich für die Christen im Jemen. Im kürzlich publizierten Weltverfolgungsindex befindet sich der Jemen neu auf Platz 9 der Länder, in welchen Christen am stärksten verfolgt werden (Livenet berichtete). Erst vor Kurzem veröffentlichte eine Terrorgruppe im Internet Namen und Adressen von Christen, welche daraufhin in den Untergrund abtauchen mussten.
Dennoch hat Jamil Hoffnung für den Jemen: «Die Kirche im Jemen ist noch jung. Die erste Generation von Christen, die vom Islam konvertierten, musste für ihre Position kämpfen. Jetzt sehen wir die zweite Generation Christen heranwachsen, Kinder, die in christliche Familien geboren werden. Diese Generation wird der Kirche helfen zu wachsen. Meine Hoffnung und mein Gebet ist, dass die dritte Generation, ihre Kinder, am Glauben dranbleiben und in der Gesellschaft akzeptiert werden. Ich habe den Traum, dass in den kommenden Jahrzehnten Christen im Jemen frei Gott anbeten können. Und ich weiss, dass die Menschen bereit sind, ihr Leben zu geben, um dies zu erreichen!»
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Datum: 18.01.2017
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Evangelical Focus