Mit Freude Nachfolge feiern

Das "Hauptziel" und die Pflicht des Menschen ist, Gott zu lieben und sich für immer seiner zu erfreuen. Freude ist eine der Früchte des Geistes. Der Geist des Feierns wird nicht in uns sein, bis wir gelernt haben, für nichts mehr zu ...
Sektempfang

Er betrat die Welt unter hellen Jubelklängen. "Ich bringe euch grosse Freude", rief der Engel, "die allem Volk widerfahren soll". Und er ging aus der Welt, indem er seinen Jüngern seine Freude hinterliess: "Solches rede ich zu euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde" (Johannes, Kapitel 15, Vers 11).

Gnadenjahr des Geistes

Nicht von ungefähr begann sein öffentliches Lehramt mit dem Ausrufen eines Gnadenjahres, eines Freudenjahres. Die sozialen Folgerungen solch eines Konzeptes sind tief greifend. In gleicher Weise ist es eine faszinierende Vorstellung, dass wir von daher in ein unaufhörliches "Gnadenjahr" des Geistes hineingerufen sind. Einer solch radikalen, von Gott geschenkten Freiheit von Besitz und solcher Erneuerung sozialer Beziehungen kann man gar nicht anders begegnen als mit Festen und Feiern. Wenn die Armen die gute Nachricht erhalten, wenn die Gefangenen befreit werden, wenn die Blinden sehend werden, wenn die Unterdrückten erleichtert werden, wer kann dann den Jubelruf der Freude zurückhalten?

Im Alten Testament sind alle die sozialen Bestimmungen, die das Halljahr, das Jahr der Freude, betrafen - Erlass aller Schulden, Befreiung der Sklaven, keine Sämannsarbeit, Rückgabe des Vermögens an den ursprünglichen Besitzer - Anlass, die gnädige Fürsorge Gottes zu feiern. Ihm konnte man es zutrauen, dass er für alles Nötige sorgte. Er hatte gesagt: "Ich will meinen Segen über euch aufbieten … (3. Mose Kapitel 25, Vers 21). Freiheit von Angst und Sorge bildet die Grundlage für rechtes Feiern. Weil wir wissen, dass er für uns sorgt, können wir alle unsere Sorgen auf ihn werfen. Gott hat unser Klagen in einen Reigen verwandelt.

Feiern schenkt Kraft zum Leben

Feiern bringt Freude ins Leben, und Freude macht uns stark. Die Schrift sagt, dass die Freude am Herrn unsere Stärke ist (Nehemia Kapitel 8, Vers 10). Ohne sie können wir nicht lange durchhalten. Der einzige echte Antrieb unseres Tuns ist das Wissen, dass eine Sache irgendwann Freude einbringt. Freude ist eine der Früchte des Geistes (Galater Kapitel 5, Vers 22). Ich denke oft, dass Freude der Motor ist, der alles andere in Gang hält. Das alte Israel hatte den Befehl Gottes empfangen, dreimal im Jahr zusammenzukommen, um die Güte Gottes zu feiern. Das waren Feiertage im höchsten Sinn des Wortes. Das waren Erlebnisse, die dem Volk Israel Kraft und Zusammenhalt gaben.

Der Geist des sorglosen Feierns

Der Apostel Paulus ruft uns zu: "Freuet euch in dem Herrn allewege und abermals sage ich: Freuet euch!" (Phil 4,4). Aber wie sollen wir das machen? "Sorget nichts", das ist die "negative" Aussage zur Freude. Der positive Standpunkt lautet: "In allen Dingen lasset eure Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden!" Und das Ergebnis? "Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, bewahrt eure Herzen und Sinne in Christus Jesus!" (Phil 4,6.7).

Paulus sagt uns, wie wir allezeit froh sein können, und sein erster Rat in diesem Zusammenhang heisst, für nichts zu sorgen. Jesus gibt uns den gleichen Rat, wenn er sagt: "Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet" (Mt 6,25). Christen sollen frei von Sorgen sein, aber das erscheint uns befremdlich. Seit unserer Kindheit sind wir darin geübt, "sorgsam" zu sein.

Der Geist des Feierns wird nicht in uns sein, bis wir gelernt haben, für nichts mehr zu sorgen. Und diese sorglose Freiheit gegenüber Dingen und Situationen haben wir erst dann, wenn wir gelernt haben, Gott völlig zu vertrauen. Darum war das Halljahr im Alten Testament ein so entscheidender Antrieb zum Feiern. Keiner hätte gewagt, das Gnadenjahr zu feiern, wenn er nicht ein tiefes Vertrauen zu Gott besessen hätte, dass dieser in der Lage ist, alle Bedürfnisse zu stillen.Doch damit ist Paulus noch nicht am Ende. Er ermahnt uns, dass wir nachdenken sollen über alle Dinge im Leben, die "wahrhaftig, ehrbar, gerecht, rein, lieblich und wohllautend" (Phil. 4,8) sind. Gott hat in seiner Schöpfungsordnung eine Menge grossartiger und guter Dinge gegeben, und es ist nur natürlich, dass wir glücklich sind, wenn wir uns damit beschäftigen. Das ist der von Gott bestimmte Weg zur Freude. Wenn wir unser Leben einfach mit guten Dingen füllen und Gott beständig dafür danken, wird uns das froh machen. Wenn wir an den guten Gaben Gottes festhalten, wird unser Leben so davon erfüllt sein, dass unsere Probleme darüber an Gewicht verlieren.

Die Entscheidung, sich mit den wertvollen und schönen Dingen des Lebens zu befassen, ist ein Willensakt. Und darum ist das Feiern eine geistliche Übung. Es fällt uns nicht einfach zu. Es ist vielmehr das Ergebnis einer bewusst gewählten Art und Weise zu denken und zu leben. Wenn wir diesen Weg wählen, werden die heilenden und erlösenden Kräfte Christi in die innersten Winkel unseres Lebens und unserer Beziehungen eindringen, und dann ist die Freude das Ergebnis.

Die Wohltat des Feierns

Der wohltuendste Aspekt des Feierns besteht darin, dass es uns davor bewahrt, uns allzu wichtig zu nehmen. Das ist eine Gnade, die wir sehr nötig brauchen - alle, die Ernst machen mit der Einübung ins geistliche Leben. Feiern bringt eine Note von Freude, Festlichkeit, Fröhlichkeit in unser Leben. Ausserdem, Jesus hatte so viel Freude am Leben, dass man ihn einen Weinsäufer und Schlemmer nannte.
Damit möchte ich nicht einem ausschweifenden Leben das Wort reden, aber ich bin der Meinung, dass wir mehr Erfahrungen der Freude und Heiterkeit nötig haben. Es ist heilsam und erfrischend, eine weit gespannte Wertschätzung des Lebens zu kultivieren.
Feiern kann auch ein wirksames Gegenmittel sein gegen die Traurigkeit, die hin und wieder unser Herz bedrückt und zusammenschnürt. Das Feiern gibt uns die richtige Perspektive fürs Leben. Wir können plötzlich über uns selbst lachen. Wir sehen auf einmal, dass die Dinge, um die wir kämpfen, nicht annähernd so wichtig sind, wie wir dachten. Feiern bringt die Hohen und Mächtigen wieder ins richtige Mass und gibt den Schwachen und Niedrigen neues Selbstvertrauen. Wer ist beim Fest Gottes hoch oder niedrig? Die Reichen und die Armen, die Mächtigen und die Ohnmächtigen feiern zusammen die Herrlichkeit und die Wunder Gottes. Nichts wirkt dem Klassendenken so sehr entgegen wie das Feiern eines Festes.
Schliesslich: Ein charakteristischer Zug allen Feierns ist, dass daraus immer neue Feste entstehen. Freude steckt an. Lachen weckt Lachen. Das gehört zu den wenigen Dingen im Leben, die sich vervielfältigen, wenn man sie weitergibt. Kierkegaard sagt, dass "der Humor immer einen heimlichen Zwillingsbruder hat".

Die Praxis des Feierns

Unsere Erfahrungen mit dem Feiern haben etwas Künstliches an sich, etwas Unnatürliches - wie das Plastikgeschirr, das wir dabei verwenden. Wir können es uns heute leisten, gegen den Strom zu schwimmen. Lassen Sie uns mit Hingabe den Phantasiespielen der Kinder zuschauen. Lassen Sie uns offen sein für Visionen und Träume. Lassen Sie uns spielen, singen und lachen. Die Vorstellungskraft kann eine Flut von schöpferischen Ideen auslösen. Nur unsichere, unreife Menschen fürchten sich vor solch fröhlichem Feiern.
Ausserdem können wir familiäre Anlässe zu Festen und Dankgottesdiensten machen. Das gilt vor allem für Geburtstage und bestandene Examen, die ja in unserem Kulturkreis gewöhnlich gefeiert werden. Man kann aber auch bei weniger bedeutenden Anlässen feiern. Lassen Sie das Licht der Freude in Ihr Gemeindehaus und in Ihr Heim fallen. Singen Sie, feiern Sie den Sieg Christi über die Finsternis. Lassen Sie die Kinder (oder auch die Erwachsenen) sich als biblische Gestalten verkleiden und als solche auftreten (oder auch als grosse Gottesmänner und -frauen). Feiern Sie regelmässige Feste, ohne jeden historischen oder sonstigen äusseren Anlass, die nur für Ihre Familie Bedeutung haben. Verbringen Sie mehr Zeit mit ihrer Familie am Klavier, in Spiel und Gesang! Lernen Sie Volkstänze aus verschiedenen Kulturkreisen und freuen Sie sich gemeinsam daran. Auch unsere Feste im Jahreslauf können wir aufgreifen und wirklich feiern. Im Hinblick auf Weihnachten ist da wohl nicht mehr viel zu tun, aber wie sieht es mit Ostern aus? Vergessen Sie die Frühjahrsmodeschau und feiern Sie die Kraft der Auferstehung Jesu. Machen Sie Osterspiele mit der Familie. Pflücken Sie ein paar Blumen und bringen Sie sie Ihren Nachbarn und Freunden. Freuen Sie sich an der Schönheit von Farbe und Form.
Wir brauchen uns auch gar nicht auf traditionelle Feste zu beschränken, sondern können eigene Anlässe und Formen entwickeln. Kürzlich beging unsere Gemeinde einen Festabend, mit dem sie die Wertschätzung gegenüber ihren Pastoren zum Ausdruck bringen wollte. Jede Familie unterschrieb eine selbst gemachte Karte. Verschiedene Gruppen bereiteten Sketche, Spiele, Lesestücke und Scherze vor. Als einer der betroffenen Pastoren kann ich nur sagen: Es war ein wirklich fröhlicher Abend.
Das Feiern gibt uns die Kraft, andere geistliche Übungen durchzuhalten. Diese bringen uns, wenn sie treu praktiziert werden, die Befreiung von Dingen, die unser Leben über Jahre hinweg unglücklich und elend gemacht haben. Rückwirkend steigert das die Freude am Feiern. Auf diese Weise entsteht ein ununterbrochener Kreislauf von Leben und Kraft.

Aus Richard Foster: „Nachfolge feiern – geistliche Übungen – neu entdeckt“. Oncken-Verlag. Abdruck (auszugsweise) mit Erlaubnis des Autors

Datum: 02.05.2003
Autor: Richard Foster
Quelle: Bausteine/VBG

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