Amazing Grace

Beliebteste Hymne der Welt jubiliert

Amazing Grace
250 Jahre Amazing Grace: Im Januar 1773 sangen die Menschen einer Kirchgemeinde in Olney zum ersten Mal die Hymne «Amazing Grace». Sie ist ein Bekenntnis zu Dankbarkeit und Demut und wird auf der ganzen Welt in bedeutenden Momenten gesungen.

Pfarrer John Newton trug die Hymne beim Neujahrsgottesdienst in der St. Peter and St. Paul Church in Olney (England) vor. Er wollte «neue Musik singen», die traditionell von der anglikanischen Kirche nicht erlaubt war. Die Hymne unterstützte auch seine Predigt über 1. Chronik, Kapitel 17, Verse 16–17.

Sie wurde nicht sofort populär und verbreitete sich allmählich unter Kirchen aller Konfessionen in den USA. Sie wurde zu einem Erweckungslied an der westlichen Grenze, zu einem afroamerikanischen Spiritual in schwarzen Kirchen und zu einem Standard in den Gesangbüchern. Mit dem Radio kam sie dann von Künstlern wie Gospel-Legende Mahalia Jackson (1947), Folk-Interpretin Judy Collins (1970), Opernsängerin Jessye Norman (1988) sowie den Gospelgrössen Aretha Franklin (1972) und Whitney Houston (1989) auf den Markt. So wurde sie die beliebteste und erfolgreichste Hymne aller Zeiten gemäss der US-Library of Congress, die über 3'000 veröffentlichte Aufführungen der Hymne durch verschiedene Einzelmusiker oder Musikensembles besitzt.

Amazing Grace wird nun seit 250 Jahren gesungen. Es bringt Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zusammen. Warum gerade diese Hymne? Es gibt andere, die sich mit dem Thema Gnade befassen, andere, die tiefe theologische Wahrheiten ausdrücken, und sogar andere, die genauso leicht zu singen sind. Aber Amazing Grace übertrifft sie alle um Längen. Sie hat nicht nur eine grosse, sondern auch eine tiefe Wirkung: An dieses Lied wenden sich die Menschen, wenn sie von einer Tragödie heimgesucht werden. Wenn alle Hoffnung verloren ist, wird Amazing Grace gesungen.

Getextet von Sklavenschiffskapitän

Der Text für Amazing Grace stammt vom ehemaligen Kapitän eines Sklavenschiffs, John Newton. Sein Leben begann 1725 in London und seine Mutter starb schon im Säuglingsalter. So trat er in die Fussstapfen seines Vaters und verbrachte als Jugendlicher sein Leben auf See. Er wurde Teil des Sklavenhandels, stieg zum Kapitän auf und transportierte Sklaven von Sierra Leone zu den Westindischen Inseln. 1748 geriet er in einen heftigen Sturm vor Irland.

John Newton rief Gott an und versprach, wenn sein Leben verschont bliebe, würde er den Rest seines Lebens dem Dienst an Gott widmen. 1754 erlitt er einen Krampfanfall und war gezwungen, sein Leben als Seefahrer aufzugeben und nach England zurückzukehren. Er wurde 1764 in der Kirche von England ordiniert und zum Pfarrer in Olney ernannt. 1796 schrieb er an seinen Freund und Aktivisten William Wilberforce und forderte ihn auf, seinen Kampf gegen die Sklaverei nicht aufzugeben. John Newton predigte weiter bis zu seinem Tod im Jahr 1807 – neun Monate nachdem das britische Parlament den Sklavenhandel abgeschafft hatte.

Komponist der Melodie unbekannt

Überraschenderweise ist nicht bekannt, wer die Melodie der Hymne komponiert hat. Die Hymne basiert auf der beliebten pentatonischen Tonleiter. Das sind die schwarzen Tasten auf dem Klavier. Der afroamerikanische Musiker Wintley Phipps erläutert auf einem beliebten Video auf YouTube, dass alle Spirituals auf dem Klavier ohne die weissen Tasten gespielt werden können. Weil Amazing Grace ebenfalls auf schwarzen Tasten gespielt werden kann, ist für Wintley Phipps klar: «Die Melodie stammt von den Sklaven. John Newton hat die Hymne oft gehört, als er Kapitän auf den Sklavenschiffen war. Amazing Grace ist daher ein schwarzer Gospelsong.» Er ergänzt: «Ich glaube, Gott wollte, dass dieses Lied so geschrieben wird, wie es geschrieben wurde, damit wir daran erinnert werden, dass wir als Christen, ob schwarz oder weiss, durch Gottes erstaunliche Gnade miteinander verbunden sind.»

Feierlichkeiten in der Heimatstadt

Die Stadt Olney feierte das 250-jährige Jubiläum mit einem besonderen Gottesdienst in der Newtoner Pfarrkirche St. Peter und St. Paul. Pfarrer Andrew Pritchard-Keens, der derzeitige Rektor der Kirche, leitete den Gottesdienst. Er wies darauf hin, dass «Newton sagt, er sei verloren gewesen, spricht aber davon, von Gott gefunden worden zu sein. Mein Gebet für das Jahr 2023 ist, dass alle, die Gott kennen, immer mehr befreit werden, um ihn zu preisen. Und dass alle, die noch nicht wissen, wie sehr Gott sie liebt, seine 'erstaunliche Gnade' kennenlernen.»

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Datum: 19.01.2023
Autor: Markus Baumgartner
Quelle: Dienstagsmail

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