Die Kirche Kunterbunt
Die Kirche sieht aus wie ein Indoorspielplatz: ein Trampolin vor dem Hochaltar, Buchstabenwürfel im Eingangsbereich, Bobbycars vor der Kanzel und Kunstrasen im Mittelgang. Eltern quatschen, Kinder flitzen zwischen den Kirchenbänken herum. Heute ist «Kirche Kunterbunt». Nach einer kurzen Begrüssung haben Kinder und Eltern, Grosseltern, Paten, Tanten und grosse Geschwister Zeit, an unterschiedlichen Stationen etwas miteinander zu erleben. Es wird getobt, gebastelt, experimentiert, gebacken, gemalt, geklebt, gehüpft. Im Pfarrgarten gibt es Fussball, von der Empore schwebt ein Papierengel, in der Küche wird schon die Tomatensauce gemacht. Nach einer Stunde klingt fröhliche Musik im Kirchenraum. Die Feier-Zeit beginnt. Kinder singen neben Erwachsenen am Mikrofon. Der Junge am Schlagzeug ist zwölf Jahre alt. Eine junge Frau erzählt eine Geschichte aus der Bibel. Anschliessend ein kurzes Gebet mit Bewegungen und Segen zum Mitmachen. Das tut gut.
Einladung zum Essen
Miteinander gehen wir nach oben. Es gibt ein einfaches, leckeres Abendessen. Eine nette Dame gibt die Würstchen aus. Und lächelt. «Endlich mal Kinder um mich!» Und dann verquatsche ich mich noch. Ein Papa, den ich vom Kinderturnen kenne, ist mit seinen Söhnen da. Meine Tochter flitzt herum. Es ist laut. Und irgendwie gemütlich.
Seit 2018 wächst die Kirche Kunterbunt-Bewegung in Deutschland und der Schweiz. Kirche Kunterbunt ist eine frische Form von Gemeinde, findet regelmässig statt und schafft ein tragfähiges Beziehungsnetzwerk. Kinder und Erwachsene werden gleichermassen angesprochen. Inzwischen gehen wir von mehr als 320 Initiativen in Deutschland und einigen in der Schweiz aus. Die ökumenische Weite der Kirche Kunterbunt-Bewegung ist aussergewöhnlich: Man findet sie in den evangelischen und katholischen Kirchen, in FeGs, bei den Methodisten, in landeskirchlichen Gemeinschaften und Nachbarschaftsnetzwerken, im CVJM, in ECs, bei den Baptisten. Sie finden auf Marktplätzen, Sportplätzen, in Kirchen, Gemeinderäumen, Schulen und Kindergärten statt, in der Regel einmal im Monat für ungefähr drei Stunden.
Fünf kunterbunte Grundwerte
Gastfreundlich: Wir leben eine Willkommenskultur und erleben eine fröhliche Tischgemeinschaft.
Generationenübergreifend: Bei den Stationen während der Aktiv-Zeit und bei der Feier-Zeit werden Jüngere und Ältere gleichzeitig angesprochen.
Kreativ: Beteiligung wird bei Kirche Kunterbunt grossgeschrieben. Die Grundhaltung ist nicht ein «Wir für euch», sondern ein «Wir mit euch».
Fröhlich feiernd: Gemeinsam feiern wir die Gegenwart Gottes. Wir erleben Gemeinschaft, geniessen miteinander das Essen und entdecken, wie kreativ wir sind.
Christuszentriert: Kirche Kunterbunt ist ganz weit offen – und hat doch eine klare Mitte. Der Glaube an Christus kommt nicht belehrend daher, sondern stiftet Gemeinschaft und kann ohne Zwang ausprobiert und erlebt werden.
Am 29. Mai 2024 findet online ein Einführungsseminar für die Schweiz statt. Weitere Informationen finden sich hier oder auf der Website.
Zum Thema:
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Datum: 25.04.2024
Autor:
Daniela Mailänder
Quelle:
Magazin Family 3/24, SCM Bundes-Verlag