Kleines Buch – grosses Thema

Uwe Heimowski: «Ist das fair?»

Uwe Heimowski
Wenig kann Kinder so sehr aufregen wie Ungerechtigkeit. Dabei geht es auf der Welt insgesamt nicht besonders fair zu. Nachvollziehbar, ehrlich und positiv geht Uwe Heimowski in seinem Kinderbuch an das sensible Thema heran. Eine Buchrezension.

Es ist ein sperriges Thema, das Uwe Heimowski in seinem neuen Buch zur Sprache bringt: Gerechtigkeit. Und dann noch für Kinder ab acht Jahren. Bücher hat der 60-Jährige schon viele geschrieben, aber hier setzt er um, was seine eigenen Kinder schon lange eingeklagt haben: «Papa, schreib doch mal ein Kinderbuch!» Und der Erzieher, Theologe und jetzt Geschäftsführer des christlichen Hilfswerks «Tearfund Deutschland» trifft den richtigen Ton. Plaudernd und informativ spricht er zu kleinen Leuten über ein grosses Thema, ohne es dabei zu verniedlichen. Die Geschichten, die er erzählt, stammen nicht von Mahatma Gandhi oder Martin Luther King, sondern von der elfjährigen Malala aus Pakistan und anderen Kindern. Mit ihnen zusammen fragt der Autor: «Ist das fair? Ein kleines Buch über Gerechtigkeit».

Das Leben ist nicht fair

Jedes Kind weiss, dass das Leben alles andere ist, nur nicht fair. Das beginnt im Kleinen und im eigenen Alltag und reicht bis in die Weltpolitik hinein. Es ist wichtig, das erst einmal wahrzunehmen. Und zu wissen, dass es Rechte – auch Kinderrechte – gibt, für die man sich einsetzen kann. Zu Beginn wird den Leserinnen und Lesern die «Justitia» vorgestellt, die als Symbolfigur der Gerechtigkeit eine Augenbinde trägt, weil sie alle gleich behandelt. Im Buch hebt sie diese Augenbinde allerdings an, denn, so Uwe Heimowski: «Natürlich gelten vor dem Recht alle Menschen gleich – aber man muss schon genau hinsehen, wenn es ungerecht zugeht, damit man etwas dagegen tun kann. Es gibt ein altes hebräisches Wort für Gerechtigkeit: ‘Zedaka’. Es bedeutet: Gerecht ist, wenn ich als Mensch gesehen werde, ganz persönlich, in meinem Leben.»

Alles, nur nicht betulich

Die Beispiele, die das Buch lebendig machen, stammen aus der gesamten Welt. Malala aus Pakistan setzte sich dafür ein, dass sie selbst und andere Mädchen die Schule besuchen durften. Sie wurde dafür von den Taliban angeschossen, überlebte jedoch und erhielt 2014 als jüngste Preisträgerin den Friedensnobelpreis. Die sechsjährige Ruby war eine der ersten Schwarzen, die in den USA eine Schule der Weissen besuchen durfte. Gegen die Proteste vieler Eltern und unter Polizeischutz kämpfte sie dafür und liess sich nicht von ihrem Ziel abbringen. Die anderen Lebensgeschichten im Buch haben nichts mit der Schule zu tun, aber ebenfalls mit viel Mut und Ideenreichtum von Kindern, die sich für Gerechtigkeit einsetzten. «Vieles ist unfair. Aber man kann etwas dafür tun, dass es gerechter zugeht», hält Uwe Heimowski fest und unterstreicht das Ganze mit den Gedanken des US-Philosophen John Rawls, der keine abstrakte Gerechtigkeit propagierte, sondern sich für Chancengleichheit und Fairness einsetzte.

Praktisch und fromm

Neben den Geschichten, die andere erlebt haben, enthält das Buch etliche Praxistipps für die Leserinnen und Leser, obwohl ihr grösster Gewinn sicher darin liegt, die Ungerechtigkeiten der Welt überhaupt in den Blick zu nehmen und sich nicht mit ihnen abzufinden. Dieser Perspektivwechsel ändert sicher nicht die ganze Welt auf einmal, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Gerechtigkeit ist eines der Lebensthemen von Uwe Heimowski, der als Kind und Jugendlicher selbst Ausgrenzung erlebte und sich deshalb immer noch für Menschen am Rand der Gesellschaft einsetzt. Dass diese Botschaft des Buchs bei den jungen Lesern ankommt, unterstreicht ein Schüler, der in seiner Schule gemobbt wurde. Als er das Buch gelesen hatte, wandte er sich an seinen Vater: «Kann ich eigentlich auch für meine eigenen Rechte kämpfen?» Er tat es und erreichte mit seinem Einsatz eine völlige Veränderung seiner Situation. «Damit allein hätte sich das Buch für mich bereits gelohnt», freut sich der Autor.

Das Kinderbuch ist im eigentlichen Sinne kein «christliches» Buch, aber mit der Art und Weise, wie Uwe Heimowski über Gerechtigkeit als menschliches und göttliches Herzensanliegen spricht, können sicher die meisten etwas anfangen. Und sein Hoffnungsausblick am Schluss ist ein Psalm der Bibel, der betont, dass sich Gnade und Wahrheit begegnen und Gerechtigkeit und Frieden küssen werden. Er ermutigt dazu, «die Welt zu verändern und sie gerechter zu machen. Kinder und Erwachsene zusammen».

Zum Buch:
«Ist das fair? Ein kleines Buch über Gerechtigkeit» stammt aus der Feder von Uwe Heimowski und ist liebevoll illustriert von Volker Konrad. Erschienen ist es im Neufeld Verlag. Es hat 86 Seiten und kostet 15 Euro bzw. 22,40 SFR. (ISBN 978-3-86256-193-3)

Zum Thema:
Just people-Kurs: Gerechtigkeit im Alltag leben
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Projekttage am TDS Aarau: Armut und Ungerechtigkeit – in der Welt und vor der Haustür

Datum: 28.10.2024
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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