Forum christlicher Führungskräfte

Neue Ideen für die Wirtschaft

Weit über 500 Führungskräfte und Verantwortungsträger aus Wirtschaft und Politik standen am Freitag und Samstag, 23./24. März 2012, in Bern am ersten Forum für christliche Führungskräfte für mehr Ethik und Werte im Geschäftsalltag ein. Ihr Engagement soll weitergehen: An einer Zukunftswerkstatt wurden erfolgversprechende Projekte aufgegleist.
Baumeisterpräsident und alt Nationalrat Werner Messmer: «Nicht alles was gesetzlich erlaubt ist, ist moralisch vertretbar.»

Das FORUM 2012 übertraf die Erwartungen bei weitem: Insgesamt setzten sich am Freitag und Samstag, 23./24. März, über 500 Teilnehmende damit auseinander, wie sie christliche Werte im Führungsalltag wirkungsvoll, gewinnbringend und authentisch umsetzen können.

Konkrete Projekte initiiert

In der Zukunftswerkstatt wurden denn auch Nägel mit Köpfen gemacht. So wurden Workshops Grundlagen für konkrete weitere Schritte erarbeitet, namentlich: Ein Netzwerk von wirtschaftlich orientierten und sozial handelnden Unternehmen, der «Calvin-Preis» für hochstehendes wirtschaftliches und ethisches Handeln, ein Erfahrungsaustausch für werteorientierte Führungskräfte in einem nationalen Kleingruppen-Netzwerk, eine Initiative für Kultur als «Werte-Erziehungsinstrument», die Förderung von Frauen im Management, die Stärkung des Werte-Gedankens in der Westschweiz und die Förderung von Jungakademikern.

Samuel Koch nimmt Studium wieder auf

Emotional herausfordernd war am Forum 2012 das Interview mit dem heute komplett gelähmten Wettkandidaten Samuel Koch, der 2010 in der Unterhaltungssendung «Wetten dass?!»  Er berichtete, dass er Ende März 2012 die Herausforderung meistern wird, in eine eigene Wohnung zu ziehen, um im April sein Studium wieder aufzunehmen. Er schätze es, dass er nicht nur auf seine Behinderung reduziert wird, und schöpft Hoffnung aus dem Vertrauen des Glaubens: «Trotz allem glaube ich an einen Gott, der Wunder tut.»

Neue Führungsaspekte

Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes und damit höchster Schweizer Repräsentant der evangelischen Landeskirchen, ergründete in seinem Referat die Herausforderungen und die Verantwortung eines Chefs, einer Chefin: «Das Chef-sein führt zu einem Zwiespalt zwischen Wollen, Tun und Können, der dem Christentum nicht fremd ist. Das Handeln des Chefs, wird zur Zerreissprobe zwischen Sachzwängen und Glaubensidealen.» Der christliche Glaube biete Möglichkeiten, diesen Balanceakt zu meistern. Dabei brachte Locher neue Führungsaspekte ein und postulierte die Demut als Tugend in der Unternehmensführung: «Demut ist Mut – der Mut, Gott ganz zu vertrauen.» Leider liege dem Menschen viel eher der Hochmut im Blut. 

Deshalb machte er drei Vorschläge: «Üben wir ein, uns selber nichts vorzumachen. Nehmen wir Misserfolge als Geschenke. Entdecken Sie das Göttliche in den anderen, denn die Achtung vor dem Leben anderer Menschen wächst, wenn man das Schöne in ihnen entdeckt. Nehmen Sie sich zudem Zeit fürs Gebet, denn ein Chef der keine Zeit hat zum Gebet, hat ein Führungsproblem.»

Gegen Gier und Selbstbezogenheit

Der Schweizer Baumeisterpräsident Werner Messmer zeigte sich überzeugt, dass es nötig sei, christliche Werte in der säkularisierten Gesellschaft bewusst zu leben und sagte mit Blick auf  die Finanzkrise: «Es war die Sucht nach Erfolg, die Gier nach mehr Rendite, die blind machte.» Erfolg könne jedoch nicht das allein entscheidende Ziel im Leben sein: «Wir stehen in einer Wertekrise. Denn es gibt auch Bedürfnisse nach Gerechtigkeit, Menschlichkeit, Vertrauen oder Sicherheit. Es geht um das Bewusstsein der Verantwortung, es geht um den Sinn für das vernünftige Mass. Nicht alles was gesetzlich erlaubt ist, ist moralisch vertretbar.» Die Sucht nach Erfolg gefährde auch zunehmend das demokratische System in der Schweiz. Immer mehr Themen würden missbraucht, um die eigene Partei oder die eigene Persönlichkeit in den Fokus zu rücken. Es brauche veränderte Menschen, nicht veränderte Systeme. 

Indes: Christen seien nicht bessere Menschen, aber sie hätten bessere Voraussetzungen, weniger Fehler zu machen, weil glaubende Christen von Gott persönlich Ethik und Werte eigepflanzt bekämen. Er bezeichnete es auch als gefährlich, wenn in Glaubensfragen oft mehr der Respekt vor anderen Religionen und Sitten in den Vordergrund gestellt werde als die eigene Glaubenstradition. Der christliche Glaube sei ein einzigartiges Fundament, das man nicht aufs Spiel setzen dürfe.

Glaubwürdigkeit gefragt

Glaubwürdigkeit sei gefragt, zeigte sich Referentin Elisabeth Schirmer überzeugt. Die Präsidentin des Bankrats der Basellandschaftlichen Kantonalbank sagte: «Was nützt es, wenn Firmen Nachhaltigkeitsberichte schreiben und schliesslich doch nur dem schnellen Geld nachrennen.» Echte Nachhaltigkeit basiere auf einem Wertesystem, das der Gesellschaft diene: «Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen, nicht dem Geld.» Sie plädierte denn auch für einen angemessenen und «dienenden Führungsstil». Der nicht dienende Dienstleister bleibe  langfristig ohne Dienst. Mit Blick auf ungute Entwicklungen in der Arbeitswelt sagt sie: «Es geht um den Prozess vom Miteinander zum Füreinander – mit einem brennenden Herzen ohne auszubrennen.» 

Als Facetten der Glaubwürdigkeit nannte Schirmer die Fähigkeiten, an sich selbst zu arbeiten, sich für andere zu investieren, eine Vorbildrolle  zu übernehmen, Bescheidenheit zu pflegen und Eigenverantwortung zu übernehmen.  Man tue gut daran, sich auf die ur-schweizerischen Werte zurückzubesinnen: «Der Bund, den die Eidgenossen mit Gott geschlossen haben, ist ein gewaltiges Markenzeichen für die Schweiz.»

Schuldenkrise fordert heraus

Der Journalist und Moderator Markus Häfliger forderte prominente Podiumsgäste heraus, über die seit fünf Jahren grassierende Schuldenkrise die Klingen zu kreuzen. Unternehmer Hans Ulrich Lehmann fasste seine Meinung kurz und knapp zusammen: Man dürfe nicht mehr Geld ausgeben als einnehmen und Schulden tilgen, indem man neue Schulden macht, bringe langfristig überhaupt nichts.

Hans-Ulrich Bigler, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes, forderte mehr Eigeninitiative und Eigenverantwortung. Christliche Werte bedeuteten aber nicht, überhaupt keine Schulden zu machen. Es gelte indes, der Verantwortung nachzukommen, «dass die nächste Generation nicht unsere Schulden übernehmen muss».

Brigitte Häberli, Thurgauer Ständerätin, erzählte, was sie auch ihren Kindern immer wieder gesagt habe – man müsse sparen oder vielleicht sogar zurückbuchstabieren: «Diese finanzpolitische Einstellung wünsche ich mir für die Schweiz als Land. Sind wir doch bereit, zu warten und Rücklagen zu machen.»

Andreas Walker, Futurologe und ehemaliger Bankdirektor, rückte die Bedeutung der Generationennachfolge ins Zentrum und sprach bei der Schuldenfrage von der «Enkelverträglichkeitsprüfung». In Zukunft müsse die Aufgabenverteilung zwischen Wirtschaft, Staat, Kirche und Privaten neu diskutiert werden. 

Philipp Hadorn, Gewerkschaftssekretär und SP-Nationalrat, thematisierte die Verteilungsfrage – einige wenige hätten immer noch übermässig viele finanzielle Mittel. Wichtig sei, dass möglichst alle Menschen mit einem ausreichenden Einkommen ein sinnvolles Leben gestalten könnten.

Webseite:
Forum christlicher Führungskräfte

Dossier:
Leadership

Datum: 27.03.2012
Quelle: Livenet / Com.

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