Evangelische Christen unter luxusliebenden Diktatoren
Zu stehlen gibt es in dem früher armen Land der Bananen und Urwaldhölzer mehr als genug, seit in den 1980er Jahren sein Erdölreichtum entdeckt wurde. Evangelische Freikirchen sind aber bemüht, die soziale Ungerechtigkeit zu mildern.
Der Luxus der Herrscher
Äquatorialguinea setzt sich aus dem früher spanischen Rio Muni und Madrids einstiger Inselkolonie Fernando Po zusammen. Der Vizepräsident des Kleinstaaates, Teodorin Obiang, liebt Luxusautos, Millionen-Jachten und Prunkpaläste in aller Welt. Auch in der Schweiz. Sein Volk hingegen muss mit knapp umgerechnet drei Franken am Tag auskommen. Früher war das noch viel schlimmer: Der erste Diktator nach der Unabhängigkeit von 1968, Macías Nguema, wollte seinen fast 90 Prozent «Kolonialchristen» auch ihren Glauben nehmen: Er erklärte sich zum Messias und liess sein Bild auf den Altar aller Kirchen stellen. Er gab die Devise aus: «Gott hat Äquatorialguinea dank 'Papa' Macías erschaffen.»
Diese Anmassung wurde später zur Blasphemie «Es gibt keinen anderen Gott ausser Macías Nguema» gesteigert. 1975 wurden alle Kirchen geschlossen. Ein Drittel aller Gläubigen – damals vorwiegend Katholiken – floh durch den Urwald oder übers Meer nach Gabon und Kamerun. Der Neffe des Christenverfolgers, Teodoro Obiang Nguema, ergriff am 3. August 1979 die Macht und übt sie bis heute mit seinem Sohn Teodorin aus. Beide sind nur noch an ihrer Bereicherung und nicht mehr an Religion interessiert.
Einzug der Freikirchen
Der früher dominierenden katholischen Kirche gelang es aber nicht mehr, im Volk Fuss zu fassen. Sie blieb bis heute auf spanische Priester und Nonnen angewiesen. Hingegen erfolgte unter den «Kleptokraten» Teodoro und Teodorin Obiang – die es schätzen, wenn ihnen andere die Aufgaben des Staates zum Gotteslohn abnehmen – der grosse Einzug evangelischer Freikirchen, vor allem von Pfingstgemeinden, nach Äquatorialguinea. Sie machten bald ein Zehntel aller Christen aus und wurden führend im Sanitäts- und Bildungswesen. Wenn heute rund 95 Prozent der Männer und 93 Prozent Frauen von Rio Muni, Fernando Po, Annobon und anderen Inseln lesen und schreiben können, ist das weitgehend den «Pfingstlern» zu verdanken.
Spanien vertrieb die Protestanten
Schon im 19. Jahrhundert wurde Jesus im heutigen Äquatorialguinea von evangelischen Missionaren verkündet. Die ersten waren bereits 1841 Baptisten von den Westindischen Inseln. Der bekannteste von ihnen, Alfred Saker, lebte unter den Indigenen nach ihren Bräuchen, richtete aber alles auf Jesus aus und gab ihnen so neue, christlichen Inhalte. Als ihn die Spanier 1553 als «Protestanten» vertrieben, ging er mit seinen Getauften nach Kamerun und gründete dort die christliche «Jerusalemgemeinde» von Victoria. Diese wurde später zum Kamerun-Stützpunkt der Basler Mission.
Um 1850 kamen auch US-Presbyterianer und aus England «Primitive» Methodisten aufs äquatorianische Festland. Die von ihnen propagierte methodistische Laienpredigt, an der sich auch Frauen beteiligen durften, fand bei den Einheimischen freudige Aufnahme. Doch auch Presbyterianer und Methodisten wurden bald nach den Bestimmungen des spanischen Protestantengesetzes vertrieben, die Presbyterianer erst 1906, andere Freikirchen gar erst 1959 erneut zugelassen.
Reformierten übernehmen staatliche Aufgaben
Volle religiöse Freiheit erlangte die Reformierte Kirche von Äquatorialguinea, zu der sich Presbyterianer und Methodisten zusammengeschlossen hatten, erst 1979. Sie ist heute führend beim Bau von Kirchen, aber auch von Schulen, Apotheken und Kindergärten. Ihre Frauengruppen sind ausgesprochen dynamisch und stark. Sie bauen Bananen für Hungernde an, betreuen Kranke und Alte. Die 1982 gegründete «Equatorial Baptist Church» widmet sich gezielt dem Kampf gegen die weit verbreitete Kinderarbeit. Auch unter korrupten Diktatoren lässt sich das Reich Gottes ausbreiten!
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Datum: 15.08.2021
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet