Pastorenwechsel in der Willow Creek Church
Dave Dummitt hatte die Gesamtleitung der Willow Creek Church im Jahr 2020 übernommen, mitten in der Corona-Krise. Jetzt, fünf Jahre später, kündigte er seinen Rücktritt an. «Sie können sich entspannen», sagte er den etwa 800 Anwesenden im Gottesdienst: «Es gibt keinen Skandal, kein moralisches Versagen, keinen Dreck, den man ausgraben könnte. Ich stehe hier sehr dankbar für die letzten fünf Jahre und froh, Teil eines sehr gesunden, reibungslosen und dynamischen Übergangs zu sein.» Er habe die Ältesten der Gemeinde bereits im vergangenen September gebeten, einen neuen Senior Pastor zu suchen: «Ich bin 25 Jahre lang leitender Pastor gewesen und bin ein wenig müde. Es ist für mich an der Zeit, etwas Neues zu tun» Er hoffe, in Zukunft Pastoren coachen zu können, einige seiner anderen Träume zu verwirklichen – und sich im Willkommensteam der Kirche zu engagieren.
«Freundlich, bescheiden, weise und treu»
Harold Engelmann, Vorsitzender des Kirchenvorstands, würdigte Dummetts Zeit als Pastor: «Dave kam zu einem Zeitpunkt in der Geschichte unserer Kirche, als wir – und ich denke, Sie erinnern sich daran – einen freundlichen, bescheidenen, weisen und treuen Pastor brauchten, der uns half, zu heilen und voranzukommen.» Der Besuch der Megakirche – er lag unter Hybels` Spitzenzeiten bei 25`000 Besuchern – war stark rückläufig und ging auf gut die Hälfte zurück. Covid traf sie zusätzlich empfindlich.
«Dave kam in eine Gemeinde, die sich fragte, was passieren würde und wie die Zukunft aussehen würde», sagte Engelmann. «Wir fragten uns: Wie können wir zusammenhalten? Die Moral der Mitarbeiter und der Gemeinde war auf einem Tiefpunkt und die Zukunft war ungewiss.» Grund dafür war der Skandal um den langjährigen Pastor Bill Hybels. Dummitt habe die Gemeinde «durch eine Zeit des Wandels mit Weisheit, Demut und einem Herz für Einheit» geführt. «Er hat eine wesentliche Rolle dabei gespielt, Stabilität zu schaffen und ein starkes Fundament für die Zukunft zu sichern.»
Der Prozess der Gesundung in den letzten fünf Jahren ging nicht ohne Schmerzen über die Bühne: 2022 musste die Gemeinde 30 Prozent ihrer Mitarbeiter entlassen. Im vergangenen Jahr schloss sie ihren Campus in der Innenstadt von Chicago, hat aber immer noch sieben Standorte in den Vororten.
«Die Kirche hat sich erholt»
Dummitts Abschied erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem sich Willow Creek weitgehend von den Hybels-Turbulenzen und den Schliessungen während der COVID-19-Pandemie erholt hat. Die Kirche schloss das Jahr 2024 mit schwarzen Zahlen ab und verzeichnete den ersten Haushaltsüberschuss seit 2019. Die Besucherzahlen vor Ort stiegen 2024 um 16 Prozent auf 9'875 pro Wochenende; weitere 3'700 Menschen verfolgten die Gottesdienste live online.
Bei einem Treffen mit wichtigen Gemeindemitgliedern und Spendern in South Barrington am Samstag sagte Dummitt, dass er und die Kirche das meiste von dem erreicht hätten, was sie sich bei seiner Ankunft vorgenommen hatten. Jetzt sei ein guter Zeitpunkt, die Leitung in neue Hände zu übergeben.
Schon bald habe sich gezeigt, dass Shawn Williams, der bisherige Campus-Pastor der Hauptgemeinde in South Barrington, der «richtige Kandidat» für seine Nachfolge sei. Die Gemeinde kenne und vertraue Williams bereits, was den pastoralen Übergang erleichtern werde. Dummitt selbst wird bis zum 31. Juli im Amt bleiben, um den Übergang zu unterstützen.
Hybels-Frust: Visionsverlust?
Gründerpastor Bill Hybels hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen sexuellen Fehlverhaltens stets bestritten und ist in den letzten Jahren weitgehend aus dem öffentlichen Leben verschwunden. Gerüchten zufolge lebe er noch in seinem Haus in South Barrington und sei als Unternehmensberater tätig. Eine neue Gemeinde hat er nicht gegründet.
Das weltweite Willow-Creek-Netzwerk – dem Tausende von Pastoren wegweisende Impulse verdanken – arbeitet weiter, auch als gemeinsames DACH-Netzwerk für die deutschsprachigen Länder. Zu der Frage, die viele bewegt «Was passiert mit guten Impulsen, wenn grosse Vorbilder versagen» hat der damalige D-Leiter Ulrich Eggers 2022 einen sehr ehrlichen Kommentar veröffentlicht. Sein Fazit: Jeder müsse mit dem Hybels-Frust auf seine Art fertig werden. Es sei wichtig, die guten Impulse von der Person zu trennen – es zumindest zu versuchen. Helden-Frust dürfe nicht zum Visions-Verlust werden: «Die klare Orientierung am Auftrag Jesu und die gute missionarische Vision darf nicht in den Strudel des Hybels-Frustes geraten.» Denn: «Es geht dabei doch gar nicht um Willow, und es geht auch nicht um Hybels. Es geht um das, was von Jesus her immer noch als inhaltlich glaubwürdig, biblisch gut begründet und geistlich inspirierend dasteht: Der Fokus auf Jüngerschaft, Charakter, gute Leitung und missionarischen Gemeindebau.»
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Datum: 26.03.2025
Autor:
Reinhold Scharnowski
Quelle:
Livenet / Baptist Press / Willowcreek.org