Vom Spielfeld zum Bildschirm
Und was macht ein Profifussballer nach seiner Aktiv-Karriere? Er geht zum Fernsehen.
Verletzungen gehören während einer Spiel-Saison fast so zu Fussballprofis, wie das Gewitter in den Sommer. Doch dass der kleine Miesmacher Corona hier ein jähes Ende einer Karriere besiegelt, damit hatte niemand gerechnet.
Der beliebte Mittelfeldspieler wurde nun mit Handkuss vom Fernsehsender «Teleclub Romandie» angeheuert – ausnahmsweise ohne Transfersumme.
Was ist denn eine Passiv-Karriere?
Gelson Fernandes kehrt als 33-Jähriger ins Wallis zurück. Im Juni gab's Probleme mit der Wandmuskulatur, und dies wurde zum endgültigen Abpfiff seines Profispiels. Ein dankbarer Typ wie er schaut jedoch positiv zurück, auch in diesem Fall: «Alles kann man im Leben eben nicht entscheiden. Ich hatte oft unglaubliches Glück.» Und Fernandes schiebt gleich nach: «Wenn ich mit meiner Geschichte negativ wäre, hätte ich was nicht verstanden.»
Noch im Sommer wird Fernandes Fussball-Experte für Teleclub Romandie: «Gelson Fernandes verkörpert Bescheidenheit, harte Arbeit und eine Vision des Spiels», heisst es in einer Medienmitteilung des Senders. «Er hat all diese Qualitäten auf dem Spielfeld genutzt und wird dies auch weiterhin in unseren Programmen tun.»
Dankbare Integrations-Figur
Sein filigraner Körper täuscht darüber hinweg, wie kämpferisch er dem Gegner in die Beine gehen kann. Das bekamen auch Grössen wie Messi zu spüren. Und zum grossen Abtritt kommen jetzt die grossen Fragen, im Stile von «Wie will man in Erinnerung behalten werden?» und «Welche Spuren habe ich hinterlassen?». Darauf sagt er klar, dass er ein Bild als guter Kerl mit gutem Herzen, abgeben wollte, einer, der sein Bestes gab. Die Fussball-Erfolge seien dann erst in zweiter Linie gekommen.
Einer, der Stationen bei ruhmreichen Namen wie Sion, Saint-Etienne, Leicester, Udinese, Frankfurt erreichte, schaffte an den meisten Orten den Durchbruch, wie er selbst resümiert. Auch als bescheidenen und dankbaren Team-Player wird man ihn in Erinnerung behalten, wenn er die Liebe und Leidenschaft zum Fussball als eine Gabe Gottes bezeichnet oder von «Glück» spricht, in die Schweizer Nationalmannschaft berufen worden zu sein. Denn sein Ziel war es «…alles zu geben, für dieses Trikot mit weissem Kreuz. Ihr habt mir dafür eure Emotionen gegeben. Dieses Geschenk und diese Ehre wurden mir von Gott gegeben.»
Seine positive Lebenseinstellung teilte der Sohn von Einwanderern aus Kapverden auf dem Spielfeld und in der Garderobe auch mit seinen Kumpels, was ihn alles sehr beliebt machte. Er war auch loyal zu seinen Coaches und Vorgesetzten, was zu einer versöhnlichen Stimmung beitrug – wie damals bei den Petkovic-Telefonaten (Livenet berichtete). Damals sagte er: «…Unsere Differenzen von gestern sind unsere Vermögenswerte von morgen…»
Auf Augenhöhe mit Weltmeistern
Und zwangsläufig wollen seine Schweizer Fans wissen, welches sein grösster Moment in der Nati war – und spekulieren auf sein Siegestor im Jahr 2010 gegen den Weltmeister Spanien. Doch der Winner-Typ entgegnet: «Dieses Tor ist nicht der beste Moment in der Nationalmannschaft.» Fernandes lenkt den Blick auf die WM 2014: «São Paulo, 60'000 Zuschauer, der Achtelfinal gegen Argentinien. Das war grossartig!» Er schwärmt und erinnert sich euphorisch an seine Leistung und die Zweikämpfe gegen den grossen Fussball-Virtuosen Lionel Messi: «Die erste Halbzeit der Verlängerung, wir sind voll da und auf Augenhöhe. Wir spielen einen grossen Fussball – gegen den besten Spieler der Welt. Damals sagte ich in der Kabine zu meinen Kollegen: «Wow, wir schaffen das, wir können sie schlagen.» Obwohl sich die Schweiz mit 0:1 verabschieden musste, war der Match auf Top-Niveau; gepfeffert mit Pfostenschuss und allem drum und dran war es ein Nervenkrimi mit höchster Spannung: «Was für ein Auftritt, was für eine Generation!», schwärmte Fernandes.
So kann man nur wünschen, dass seine positive, wertschätzende Art erhalten bleibt und auch auf die TV-Zuschauer rüberspringt.Zum Thema:
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Datum: 27.07.2020
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet