Messianisch-jüdischer Theologe im Allianz-Hauptvorstand
Aufgewachsen ist Wladimir Pikman in Kiew (Ukraine). Er studierte Mathematik an der Universität in Kiew und schloss mit einem Diplom ab. Obwohl er ein Jude war, glaubte er nicht an Gott. Er sah sich als Atheist und das hatte in seiner Familie Tradition. «Das war auch typisch für die damaligen Verhältnisse.» Alle Juden in seiner Verwandtschaft und alle, die er kannte, fühlten sich zwar ethnisch zum Volk Israel zugehörig, aber an Gott glaubten sie nicht.
Halbherziger Schritt
Wegen eines Freundes begann er sich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen. Er bewunderte die Ruhe und Ausstrahlung seines Freundes. So befasste er sich mit dem Alten Testament und kam zu dem Schluss, dass Jesus tatsächlich der Messias ist. Eines Tages betete er zu Jesus – der Text dazu stand auf einem christlichen Flyer – und gab ihm sein Leben. Doch es war ein eher halbherziges Gebet, wie er heute sagt.
Nach diesem Glaubensschritt war Wladimir nicht glücklich. Eines Nachts konnte er nicht schlafen. «Ich spürte die Last meiner Sünden wie einen riesigen Stein auf meinen Schultern. Ich brauchte Hilfe und wusste, dass Jesus es war, der mir helfen konnte.»
Die Nacht der Wende
Wladimir Pikman hielt sich für einen anständigen, netten Kerl; er war nicht kriminell, trank nicht und nahm auch keine Drogen. Aber jetzt war ihm klar, dass er Jesus brauchte. «Ich war auf meinen Knien und sagte Jesus alle meine Sünden, die mir einfielen.» Doch auch nach dem Gebet war die Last nicht weg. Dann las er in der Bibel und «mir wurde klar, dass mir wirklich vergeben war».
Die Nacht war für Wladimir die Wende zu einem neuen Leben. Am nächsten Tag waren seine Arbeitskollegen in der IT-Firma vor ihm und seinem neuen Glauben nicht mehr sicher, wie er heute lachend erzählt. Er wollte allen sagen: «Ihr braucht Jesus!» «Tatsächlich», sagt er ironisch, «habe ich sie beinah zu Tode evangelisiert.» Doch es habe einige gegeben, die in dieser Zeit zum Glauben fanden. Nach der Arbeit des «Tages 1» seines neuen Lebens stellte er sich an eine Hauptstrasse und begann, von Jesus zu erzählen, etliche Passanten hörten interessiert zu.
Im Eiltempo mitgearbeitet
Was dann folgte war eine geistliche «Laufbahn» in Zeitraffer: Er ging noch am Abend von Tag 1 in die messianische Gemeinde seines Freundes in Kiew. Schon einen Monat später leitete er dort einen Kurs für Menschen, die neu zum Glauben fanden. Drei Monate später hielt er die erste Predigt in der messianisch-jüdischen Gemeinde. Vier Monate danach wurde ihm klar, dass Jesus ihn als Missionar gebrauchen wollte und ein Jahr, nachdem er zum Glauben fand, gründete er seine erste messianisch-jüdische Gemeinde in Brooklyn (New York).
1995 ging er mit seiner Frau Inna nach Deutschland. Die beiden begannen mit Besuchen des Auswandererwohnheims in Ahrensfelde; hier lebten mehr als hundert Familien, die meisten von ihnen waren jüdische Auswanderer. In dem Wohnheim luden Wladimir und Inna freitags zu Schabbattreffen ein. Später gestaltete das Ehepaar Gottesdienste am Samstag. Daraus entstanddie Gemeinde «Beit Schomer Israel» («Gemeinde des Beschützers Israels») in Berlin, zuerst im Stadtteil Neukölln und dann in Steglitz.
Gemeindegründungen in Deutschland und Netzwerkarbeit
Heute leitet Pikman das Werk «Beit Sar Schalom-Evangeliumsdienst e.V.» in Berlin, gemeinsam mit seinem früheren Studienkollegen Andrei Ignatenko aus seiner Zeit in Kiew, das im April 1996 gegründet wurde. Es ist Pikmans Leidenschaft, das Evangelium seinem jüdischen Volk zu bringen und das ist auch die Kernaufgabe des Werkes. Beit Sar Schalom half mit, etwa fünfzehn neue jüdisch-messianische Gemeinden in Deutschland zu gründen, von denen heute allerdings nicht mehr alle bestehen. Nach Angaben von Pikman gibt es in Deutschland etwa zwanzig messianisch-jüdische Gemeinden.
Wladimir Pikman ist nicht nur in nationalen und europäischen Gremien von messianischen Juden engagiert, ihm ist auch das Miteinander der Christen mit messinischen Juden ein wichtiges Anliegen. Zudem ist er in vielen christlichen Netzwerken aktiv, in Berlin und darüber hinaus, auch im Trägerkreis des «Christlichen Convents Deutschlands» (CCD). Zum Jahresbeginn 2022 wurde er in den Hauptvorstand der Evangelischen Allianz in Deutschland berufen.
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Datum: 06.02.2022
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet