Leonardo da Vincis «Erlöser der Welt» verschwunden
Das Bild «Salvator Mundi» von Leonardo da Vinci sollte eigentlich im Museum Louvre Abu Dhabi in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate ausgestellt werden. Im September 2018 hätte es feierlich enthüllt werden sollen, doch die Veranstaltung wurde ohne Angabe von Gründen abgesagt. Die Kulturverwaltung von Abu Dhabi teilte nun mit, der Verbleib des Bildes sei nicht bekannt.
Partnerschaft mit Frankreich für Museum in Abu Dhabi
Im Emirat Abu Dhabi leben 2,3 Millionen Menschen, das Pro-Kopf-Einkommen liegt bei umgerechnet über 80'000 Euro und ist damit das dritthöchste der Welt. Das Louvre in Abu Dhabi wurde 2017 unter Beisein von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eingeweiht. Die französische Seite hilft dem Museum im Wüstenstaat beim Aufbau einer eigenen Kunstsammlung, im Gegenzug zahlen die Vereinigten Arabischen Emirate an Frankreich 965 Millionen Euro, die für französische Museen vorgesehen sind.
Wie die New York Times berichtet, sollten sich im Louvre Abu Dhabi zu den Gemälden von Rembrandt, Vermeer, Monet, van Gogh und Mondrian das Bild «Salvator Mundi» (Lateinisch für «Erlöser der Welt») von Leonardo da Vinci gesellen. Es zeigt Christus in frontaler Ansicht, der die rechte Hand mit segnender Geste erhoben hat und in seiner Linken eine Kristallkugel hält.
Lange wurde um die Urheberschaft gerätselt
Das Bild wurde um 1500 gemalt. Über die Urheberschaft Leonardos wurde viel diskutiert. Das Gemälde stand neben zwei ähnlichen Werken auf der Inventarliste von König Charles I. von England nach dessen Hinrichtung im Jahr 1649. Im 19. Jahrhundert tauchte es in der Sammlung eines britischen Industriellen auf. Im Jahr 1958 wurde es für einen Wert verkauft, der nach heutigen Massstäben 1'203 Euro entspräche.
Der Verdacht, dass das Bild aus der Hand Leonardos stammen könnte, kam erst auf, als das stark übermalte Bild nach einer Auktion 2005 zu der Kunstexpertin Dianne Modestini, Professorin am Institut für Künste an der New York University, gebracht wurde. Nach Modestinis Restaurierung kam heraus, dass es sich nicht um eine Kopie handele, wie zuvor angenommen, sondern um das lange verschollene Original. 2011 wurde das Bild zum ersten Mal in einer Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt.
Neuer Besitzer mit zwielichtigem Ruf
Im Jahr 2013 kaufte der russische Milliardär Dmitry E. Rybolovlev das Bild für umgerechnet 113 Millionen Euro. Das war ein Drittel des Preises, den das Bild bei der letzten Auktion 2017 in New York bei Christie's erzielte: Dort zahlte ein enger Vertrauter von Prinz Mohammed bin Salman aus dem saudischen Königshaus 450 Millionen Dollar (401 Millionen Euro) für das Bild. Noch nie zuvor wurde ein Gemälde für einen so hohen Preis versteigert. Das nächstteuerste Gemälde der Welt ist «Les femmes d'Alger» von Pablo Picasso, das 2017 für 159 Millionen Euro den Besitzer wechselte.
Der Kronprinz ist Verteidigungsminister und stellvertretender Premierminister Saudi-Arabiens. Mohammed bin Salman wird von vielen Medien mit der Tötung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi in Verbindung gebracht, der am 2. Oktober 2018 bei einem Besuch des saudischen Konsulats in Istanbul verschwand. Mehrere Männer des saudischen Spezialkommandos, das für das Verschwinden und mutmasslich für die Ermordung Khashoggis verantwortlich gemacht wird, sollen aus dem unmittelbaren Umfeld Mohammeds stammen.
«Es ist tragisch»
Die Kulturverwaltung von Abu Dhabi gab einen Monat nach der Auktion bekannt, dass das Bild für das Louvre in Abu Dhabi gedacht gewesen, nun aber verschwunden sei. Auch das Louvre in Paris teilte mit, nichts über den Verbleib des Bildes zu wissen. Man hoffe aber, das Gemälde «Salvator Mundi» tauche rechtzeitig für eine Sonderausstellung zum 500. Todestag Leonardo da Vincis auf. Leonardo da Vinci wurde 1452 bei Vinci geboren und starb 1519 in Frankreich.
Kunstexperten sind entsetzt über die Nachricht, dass das Bild verschwunden sein soll. Dianne Modestini sagte der New York Times: «Es ist tragisch. Dass dieses Bild, dieses seltene Meisterstück, den Kunstliebhabern und vielen anderen, die durch das Bild angerührt wurden, entzogen wurde, ist zutiefst unfair.» Martin Kemp, ein Historiker aus Oxford, der das Bild studiert hat, sagte, bei dem Bild handele es sich um so etwas wie die «religiöse Version der Mona Lisa» und «Leonardos stärkste Aussage über die Undefinierbarkeit des Göttlichen».
Laut der New York Times vermuten manche Kunstexperten, dass der 33-jährige Kronprinz Mohammed das Bild für sich selbst behalten wollte. Die Botschaft Saudi-Arabiens in Washington wollte den Fall nicht kommentieren.
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Datum: 02.04.2019
Autor: Jörn Schumacher
Quelle: PRO Medienmagazin | www.pro-medienmagazin.de