«Der Schatz im Cellophan»

... und wenn die Bibel schweigt?

Gerade häufige Bibelleser und Theologen erleben, dass die Bibel nicht mehr zu ihnen redet. Wie er mit diesem Problem umgeht, schilderte Pfarrer Peter Henning, ehemaliger Rektor eines theologischen Seminars.
Peter Henning

Viele kennen das. Sie lesen – vielleicht sogar täglich – die Bibel. Aber sie sagt ihnen nichts mehr. Alles kommt für sie abgedroschen vor, wie leeres Stroh. Und in ihnen kommt der Eindruck hoch: Jetzt schweigt auch Gott!

Schweigt Gott?

Wenn wir die Bibel konsultieren, werden wir daran erinnert, dass Gott tatsächlich schweigen kann. Mehrere Stellen in den Psalmen, zum Beispiel Psalm 88, beklagen das. Psalmenschreiber wurden von der Sorge getrieben, dass Gott schweigt, zum Beispiel in Psalm 109, Vers 1. Und es kann sein, dass das Problem dafür beim Leser selbst liegt, wenn er sich durch seine Lebensweise oder schuldhaftes Handeln von Gott distanziert hat, wie der Prophet Amos im 8. Kapitel seines Buches, in den Versen 11-12, beschreibt.

Weil ich sie zum Schweigen gebracht habe

Auf diese Belege wies Peter Henning, Dozent für Kirchengeschichte und ehemaliger Rektor des Theologisch-Diakonischen Seminar Aarau (TDS) hin. An einer Tagung zum Thema «Der Schatz im Cellophan» erklärte er, dass sich die Bibel in schwierigen Lebenslagen als «äusserst sperrig» erweisen könne. Es könne geschehen, dass die Probleme eine Zeit lang die positiven Kräfte wie Liebe, Glaube und Hoffnung verschütten. Viele hätten aber auch schon erfahren, dass «die Bibel schweigt, wenn ich sie zwar lese, sie aber bewusst nicht sagen lasse, was sie sagen will.» Anders ausgedrückt: «Sie bleibt stumm, wie ich sie zum Schweigen gebracht habe.»

Was tun?

Menschen, denen die Bibel wichtig bleibt, werden sich damit nicht zufrieden geben. Was können sie also tun? Peter Hennig rät mit Bezug auf Menschen der Bibel: «Wenn Gott schweigt, dann bleibt nichts anderes übrig, als ihm selbst das zu klagen.» So wie es zum Beispiel der Prophet Jesaja im Kapitel 57, Vers 15, getan habe. Dabei dürfe es aber nicht bleiben. Henning rät, das Bibellesen trotz dem scheinbaren Schweigen Gottes regelmässsig weiter zu pflegen. «Die Bibel wird dann plötzlich wieder Gottes lebendiges Wort für mich.» Ähnlich wie es Mose erlebte, der einen brennenden Dornbusch gesehen habe, aus dem Gott plötzlich zu ihm sprach. Henning ermutigt zudem, offen dafür zu bleiben, «dass Gott nicht schweigt, auch wenn die Bibel schweigt». Er könne zum Beispiel durch andere Menschen, die mir nahe sind, zu mir reden. Der Referent wies aber auch daraufhin, dass vielleicht die eigene Lebensführung zu überprüfen sei, denn: «Wer böse Wege geht, verliert auf die Dauer das innere Hörvermögen für Gottes Stimme.»

Zum Schluss gab Henning seinen Zuhörern noch die folgende Ermutigung mit: «Wenn die Bibel schweigt, schweigt Gott noch lange nicht. Mitten in den Dornen, Disteln und Stacheln, die uns taub und stumm machen, kann Gott den «Dornbusch in der Wüste» wieder zum Brennen bringen!»

Mehr zum Thema:
Breite Trägerschaft organisiert Bibeltagung - «Der Schatz im Cellophan»
  

Datum: 22.11.2011
Autor: Fritz Imhof

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