Der Fall Päivi Räsänen

Wenn Gott eine Strafverfolgung für sich nutzt

Päivi Räsänen
Der Fall der finnischen Parlamentarierin, die sich wegen «Hassrede» vor Gerichten verteidigen muss, hat grosses Aufsehen erregt. Jetzt schreibt sie, welche Folgen das Ganze für sie – und viele andere – hat. Sie habe viel mehr gewonnen als verloren.

Als ich jung war, las ich die faszinierenden Beschreibungen und Warnungen von Jesus über die schwierigen Zeiten, die kommen werden. Er versprach, uns die Worte in den Mund zu legen, die wir sagen sollten, wenn sie uns vor Gerichte und Könige bringen würden, und wir würden seine Zeugen sein. Ich habe meine Kindheit in Ostfinnland verbracht, direkt an der sowjetischen Grenze. Ich wusste, dass hinter der gut verschlossenen Grenze die Bibel ein verbotenes Buch war, und dass man sogar in Schwierigkeiten geraten konnte, wenn man sie besass. Christen, die hinter dem Eisernen Vorhang lebten, haben später erzählt, wie wichtig es war, dass finnische Christen Bibeln über die Grenze schmuggelten und die sowjetischen Christen in dieser Zeit der Verfolgung auf vielfältige Weise unterstützten. Ich konnte mir nie vorstellen, dass so etwas zu meinen Lebzeiten in meinem Heimatland passieren könnte.

In einem kleinen Verhörraum

Im Herbst 2019 sass ich in einem kleinen Verhörraum auf der Polizeiwache. Am Tisch sass ein Polizist mit Pferdeschwanz und zwischen uns eine Bibel. Er fragte mich nach der Bedeutung der Verse in Römer 1, die ich in einem Tweet zitiert hatte. Was habe ich mit Sünde gemeint? Was ist die allgemeine Botschaft des Römerbriefs oder seines ersten Kapitels? Wäre ich bereit, meine Schriften innerhalb von zwei Wochen zu löschen?

Ich habe mit Nein geantwortet und gesagt, dass ich zu diesen Lehren der Bibel stehe, was auch immer die Konsequenzen sein mögen. Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, was der Apostel Paulus gesagt hat. Die Situation kam mir unwirklich vor, als wäre ich in einem Film. Wie konnte das in Finnland, einem Musterland der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, passieren? Sollte ich wirklich vor einem Richter stehen und meinen biblischen Glauben verteidigen? Es war nur wenige Jahre her, dass ich als Innenministerin für dieselbe Polizei zuständig war. Vor dem Bezirksgericht wurde das religiöse Verhör fortgesetzt.

Absurd – hier in Finnland

Die Staatsanwältin argumentierte, die biblischen Ansichten über die Sünde seien Hassrede und eine kriminelle Beleidigung einer Minderheit. Während meiner Arbeit als Ministerin traf ich einmal einen chinesischen Minister für religiöse Angelegenheiten, der Finnland besuchte. Er versicherte mir, dass die Menschen in China frei in ihrem Glauben seien, aber die tatsächliche Ausübung ihres Glaubens müsse eingeschränkt werden, um niemanden zu beleidigen. Es war absurd, dasselbe Argument vom finnischen Staatsanwalt im Gerichtssaal zu hören.

Mein Rechtsstreit dauert bereits über fünf Jahre und hat einen Grossteil meiner Zeit in Anspruch genommen. Ich habe in diesen Jahren einige schmerzhafte Momente erlebt. Das Verfahren umfasste lange polizeiliche Verhöre und Verhandlungen vor dem Bezirksgericht und dem Berufungsgericht. Jetzt warte ich auf die Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof. Ich habe zwei Freisprüche erhalten und hoffe und bete für einen dritten (und letzten).

Ein Privileg, Glaubensfreiheit zu verteidigen

Die grösste Überraschung während dieses Gerichtsverfahrens war jedoch, wie viel Freude und Möglichkeiten sich dadurch eröffnet haben. Ich habe viel mehr gewonnen als verloren. Von Anfang an hatte ich das tiefe Gefühl, dass der gesamte Prozess in Gottes Hand lag und einen Sinn hatte. Ich habe diesen Kampf als meine Berufung betrachtet. Es war ein Privileg und eine Ehre, die Glaubensfreiheit zu verteidigen, ein Grundrecht in einem demokratischen Staat.

Ich bin gesegnet durch die unerschütterliche Unterstützung meiner Liebsten. Mein lieber Mann Niilo ist Pastor und Doktor der Theologie; wir haben fünf Kinder mit ihren Familien und 12 reizende Enkelkinder. Sie alle haben mir zur Seite gestanden, mich ermutigt, stark zu bleiben, und für mich gebetet. Es ist bemerkenswert, wie Gott dieses Gerichtsverfahren genutzt hat. Während dieser Tortur habe ich ganz konkret die Macht des Gebets für Finnland und mich gespürt. Dieser Fall hat mir wunderbare Möglichkeiten eröffnet, den Menschen zu sagen, dass die Lösung für das Problem der Sünde in der Bibel liegt.

Ohne diese Prozesse hätte ich nicht die aussergewöhnliche Chance gehabt, vor Polizeibeamten, in Gerichtssälen und durch Live-Übertragungen und Pressekonferenzen direkt vor finnischen Familien von Jesus zu zeugen. Ermutigt haben mich die Tausenden von Nachrichten, die ich aus der ganzen Welt erhalten habe und in denen mir Menschen mitgeteilt haben, wie Gott sie durch diesen Fall ermutigt hat, zu beten und seinem Wort zu vertrauen.

Menschen werden gerettet!

Einige von ihnen sagen, dass sie zu Christus gefunden haben, auch Menschen mit einem LGBT-Hintergrund. Ein 22-jähriger Mann erzählte mir, dass er so gut wie nichts über das Christentum wusste, bis er ein Radiointerview hörte, in dem ich sagte: «Wenn du Jesus kennenlernen willst, kannst du beten; er wird in dein Leben kommen.» Er betete nach der Sendung, und Jesus kam in sein Leben. Er ist jetzt seit zwei Jahren Christ.

Eine junge Frau schrieb mir, sie sei zu dem Schluss gekommen, dass es Jesus wirklich geben müsse, als sie die Nachrichtensendung über das Gerichtsverfahren sah. Die internationale Aufmerksamkeit für diesen Fall war erstaunlich. Ich habe Interviews gegeben, bin ins Ausland gereist, um über den Prozess zu sprechen, und habe viele liebe Menschen getroffen. Ich kann mit Worten nicht beschreiben, wie dankbar ich all den Brüdern und Schwestern in Christus bin, die mich in diesen Jahren ermutigt und unterstützt haben. Besonders dankbar bin ich den grossartigen Anwälten und Experten von ADF International für ihre Unterstützung und ihren unschätzbaren juristischen Rat während dieses Prozesses.

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Datum: 02.11.2024
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet/ Cne.news

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