«Still crazy – immer noch verrückt»
Diese ganze Sache mit dem Christsein beschäftigt mich nun schon seit vielen Jahren. Wenn ich auf diese Jahre zurückblicke, sehe ich viele Dinge, die mich faszinieren. Eines davon ist der Gedanke, eine Beziehung zu Gott zu haben.
Damals, als ich mich auf diese merkwürdige Reise des Glaubens machte, herrschte eine klare und durchaus nicht unausgesprochene Erwartung, vom ersten Tag an eine enge und beglückende, vertraute Nähe zu Gott zu erleben, die für den Rest meines Lebens anhalten würde. Ich wollte, dass es so war, und ich verkündete lautstark, dass es so sei, aber in Wirklichkeit war es nicht so. Natürlich kann ich nur für mich sprechen, aber ich weiss heute, dass ich ein unvollendetes Werk war und bin und dass ich am Anfang wahrscheinlich nicht die leiseste Ahnung davon haben konnte, worauf ich mich da eingelassen hatte.
Auf das Mögen kommt es an
Über die Jahre hat mich die tiefe Hoffnung getragen, dasselbe bedingungslose «Ja», das einst einem Verbrecher an einem Kreuz zugesprochen wurde, sei auch mir zugesprochen worden von diesem Jesus, der, soweit ich es als verwirrter Sechzehnjähriger damals ermessen konnte, vielleicht wirklich die Macht hatte, unmögliche Träume wahr werden zu lassen.
Diese Hoffnung ist die Hand, an der mich Gott mein Leben lang unbeirrbar festgehalten hat. Aber vor sechsunddreissig Jahren wurde ein anderer Gang eingelegt. Es begann damit, dass ich inmitten eines abgrundtiefen Versagens zu meiner Verblüffung herausfand, dass Gott nett ist und dass er mich mag. Auf das Mögen kommt es an. Haben Sie etwa Lust auf eine Beziehung, die nur daraus besteht, dass jemand Sie liebt, obwohl er überhaupt nichts Liebenswertes an Ihnen erkennen kann? Das wäre doch keine echte Beziehung, oder?
In so einer Beziehung würde man sich nicht anlächeln und Witze machen und ein paar Tränen miteinander weinen. Es wäre eine Beziehung ohne Tiefgang. Es würde keinen Spass machen. Und auch wenn ich eine bestimmte Form von «Spass» nicht leiden kann, weil ihr oft der Humor fehlt – nun, ganz ohne Spass geht es doch nicht, oder?
Ab und zu widersprechen Leute meiner Aussage, Gott sei «nett». Das Wort sei zu blass, finden sie. Zu dünn. Gott sei doch viel, viel mehr als das. Sollten wir nicht aus Respekt und Dankbarkeit für das, was er getan hat, in einem ehrfürchtigeren Ton von ihm sprechen? Nun, manchmal ist das angebracht, aber je mehr ich entdecke, wie charmant Gott ist und wie einfallsreich er sich um mich kümmert, desto mehr ist es mir ein Bedürfnis, den Leuten aus tiefstem Herzen zu sagen: «Weisst du, du wirst ihn wirklich mögen, so nett ist er.»
In den letzten zehn Jahren war der Schöpfer des Universums sehr freundlich zu mir. In meinem Leben und meinem Verständnis von mir selbst hat es Veränderungen gegeben, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Ausserdem habe ich eine neue, ziemlich aufregende Ahnung davon gewonnen, wie der Heilige Geist in dieser Welt Dinge tut, wenn wir nur aufhören, Sachen anzubieten, die wir nicht haben, und uns stattdessen darauf einlassen, Teil von Plänen zu werden, die wir nicht in Gang gesetzt haben, auch wenn wir uns dabei ein wenig (oder auch sehr) herabgesetzt fühlen. Glauben Sie mir, diese Herabsetzung wird von Zeit zu Zeit nicht ausbleiben.
Vor einer Weile waren Bridget und ich als Referenten auf einer Wochenendtagung. Am Freitagabend stellten wir uns vor und gaben eine kleine Einführung. Aber als wir schliesslich zu Bett gingen, war ich nicht sehr optimistisch im Blick auf das restliche Wochenende. Das ist nichts Ungewöhnliches, wie ich gleich hinzufügen muss. In früheren Jahren, als ich noch mehr von mir selbst eingenommen war als jetzt, war ich viel zuversichtlicher. Die Leute lachen immer gerne, und das war mein Ding. Menschen zum Lachen bringen kann jeder, wenn es sein Ding ist.
Gott nicht ins Gehege kommen
In letzter Zeit haben Bridget und ich uns auf einen Modus für solche Wochenenden geeinigt, der eher auf Lehre und Inspiration abzielt als auf Unterhaltung. Auch wenn wir immer noch unser Bestes tun, um die Leute, zu denen wir sprechen, zum Lachen zu bringen. Wir achten jetzt sehr darauf, Gott nicht ins Gehege zu kommen, damit den Leuten wirklich geholfen werden kann. Die Schwierigkeit für uns besteht allerdings darin, dass dann eben Gott am Steuer ist, und wir, auch bei sorgfältigster Planung, nie genau wissen, was er tun wird.
An jenem Freitagabend bat ich Gott, mir einen Traum zu schenken, um mir bei der übrigen Tagung zu helfen. Ob er mein Gebet beantwortet hat? Wer kann das so genau sagen? Ich weiss nur, dass in meinen Träumen in jener Nacht drei verschiedene Leute deutlich dasselbe Wort aussprachen: «Enttäuschung».
Sicher weiss ich nur, dass, nachdem ich das am Samstagmorgen erwähnt hatte, eine Reihe von Leuten zu uns kamen und uns baten, im Zusammenhang mit eben diesem Problem mit ihnen zu beten.
Die Wahrheit ist, dass es eine Menge davon gibt. Enttäuschung, meine ich. Ich weiss, ich bin nicht der Einzige, der sich schon einmal gefragt hat, warum die überschwänglichen Verheissungen der Bekehrung sich nie so ganz erfüllt haben. Für manche läuft es wunderbar. So, wie wenn man einen neuen Mantel anzieht. Man schlüpft hinein und kann loslegen. Die Glücklichen.
Was ich damit sagen will: Gib nicht auf. Ich geniesse es sehr, dass jetzt etwas anfängt, das sich tatsächlich wie eine echte Beziehung zu Gott anfühlt. Es ist eine Zuneigung. Mehr als eine Zuneigung. Es brauchte so lange, um sich zu entwickeln. Manchmal ist es zerbrechlich, und ich habe Angst. Hin und wieder ist es stark, besonders, wenn ich es nicht zu sehr analysiere.
Merken Sie sich das: Es gibt nur ein Zeugnis, das es wert ist, der Welt präsentiert zu werden. Nämlich ganz einfach die Wahrheit. Wo immer wir stehen, was immer mit uns passiert oder nicht passiert, wie viel oder wie wenig auch unsere Erfahrung mit der anderer Leute übereinstimmt. Und egal an welchem Punkt des Spektrums zwischen Elend und Freude wir uns befinden – wir müssen es aussprechen und darauf warten, dass die Liebe uns aufweckt, uns nährt und uns lehrt, was eine Beziehung zu Gott tatsächlich bedeuten könnte.
Adrian Plass zählt mit über zwei Millionen Büchern zu den erfolgreichsten christlichen Autoren der Gegenwart. Sein neues Buch «Still crazy – immer noch verrückt» ist im Brunnen Verlag erhältlich.
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Zum Buch:
«Still crazy – immer noch verrückt»
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Datum: 25.11.2024
Autor:
Adrian Plass
Quelle:
Magazin Aufatmen 4/2024, SCM Bundes-Verlag