Sklavenbefreiung heute!
Simon Brechbühl ist Geschäftsführer von Christian Solidarity International (CSI). «Es ist eine Berufung und ein Privileg, für CSI tätig sein zu dürfen.» Der glücklich verheiratete Vater von drei Mädchen erachtet es als wertvoll, neben seiner Tätigkeit bei CSI ein Familienmensch zu sein – das gebe ihm das nötige Gleichgewicht,
Was bedeutet Sklaverei?
«Die Sklavenbefreiung im Südsudan ist das grösste Projekt von CSI», berichtet Simon. «Es läuft seit ungefähr 30 Jahren und CSI befreit jährlich 1'500 Menschen aus der Sklaverei. Jährlich gibt es fünf Sklavenbefreiungsaktionen.» Es lag auf der Hand, dass Simon einmal vor Ort dabei sein würde. Im März 2024 war es soweit und er reiste ihn den Norden des Südsudans, wo CSI die Befreiungsaktionen durchführt.
«Während des Bürgerkrieges nutzte es der muslimisch geprägte Sudan als Waffe, Menschen aus dem Süden zu versklaven. (...) Arabische Ritter waren in dieser Region unterwegs, brannten Dörfer nieder und brachten Menschen entweder um oder verschleppten sie als Sklaven in den Norden.» Viele dieser Menschen werden bis heute ausgebeutet, sexuell missbraucht, erleiden Gewalt und bekommen gerade genug zu essen, um nicht zu verhungern.
Wie funktioniert die Befreiung?
Wie können diese Sklaven befreit werden, so dass es wirklich langfristig etwas bringt? «Über lokale Netzwerke machen wir im Sudan die versklavten Menschen ausfindig.» Kontaktleute von CSI gehen an zentrale Orte, beispielsweise an den Dorfbrunnen und identifizieren Personen, die offensichtlich aus dem Südsudan kommen. Sie sprechen diese an und es zeigt sich immer wieder, dass sie unter sklavenähnlichen Bedingungen leben. Wenn die Person in den Südsudan zurückkehren will, wird dem Sklavenbesitzer im Gegenzug zur Freilassung eine Viehimpfung angeboten. «Eine solche Impfung ist sehr attraktiv, weil es sie vor Ort nicht gibt. So bekommen wir für ungefähr 50 Franken, was die Impfung für mehrere Tiere kostet, eine Person frei.»
Begegnungen mit befreiten Sklaven
Bei seinem Besuch reiste Simon im Südsudan mehrere Stunden zu dem Treffpunkt, wo er 150 gerade befreite Personen antraf. Sie hatten einen 10- bis 14-tägigen Fussmarsch hinter sich, um die Grenze zum Südsudan zu passieren. Nun wurden sie mit allem versorgt – auch medizinisch –, damit sie ein Leben in Freiheit und Würde starten können.
«Ich hatte das Privileg, verschiedene befreite Menschen zu interviewen», erzählt Simon. «Jemand, der mir in besonderer Erinnerung geblieben ist, ist ein 43jähriger Mann. Er wurde mit 13 Jahren entführt, als er im Südsudan am Schafe hüten war.» 30 Jahre lebte er in der Sklaverei und wurde täglich verprügelt. «In diesem Moment habe ich ihn gefragt, was er wohl für Zukunftspläne hat?» Der Mann sagte: «Mein grösster Wunsch ist gerade in Erfüllung gegangen: Ein Leben in Freiheit zu leben und nicht mehr unterdrückt zu werden.» Er wünschte sich nun einen Job, welcher ihm zu genügend Essen verhalf; am liebsten mit Schafe und Rinder hüten. Simon war beeindruckt, mit wie wenig sich dieser Mann ein glückliches Leben vorstellte.
Freiheit ist nicht selbstverständlich
Nach seinem Besuch im Südsudan war Simon klar, dass es nicht selbstverständlich ist, das Leben und den Glauben so frei leben zu können, wie wir es erleben. Einige Befreite erzählten Simon, wie sie zum Islam zwangskonvertiert wurden. Frauen werden auch zwangsverheiratet. «Viele sind nach ihrer Rückkehr extrem dankbar, ihren Glauben wieder frei leben zu können.» Als diese Leute gemeinsam christliche Lieder anstimmten und Gott für ihre neue Freiheit lobten, war dies sehr berührend. «Dreiviertel der Weltbevölkerung können nicht frei entscheiden, wie sie leben oder glauben wollen.» Eine Feststellung, welche uns vor Augen halten soll, dass unser Zustand eine Ausnahme ist. «Es ist ein grosses Privileg, welches wir uns bewusst sein sollten!»
Nicht nur ein Tropfen auf einen heissen Stein
2005 wurde ein Waffenstillstand ausgerufen, welcher bis heute anhält. «Seither gibt es keine neuen Versklavungen mehr. Das heisst: Mit jedem Menschen, den wir zurückführen können, gibt es einen Sklaven weniger. Gleichzeitig gibt es aber auch Menschen, die in die Sklaverei hineingeboren werden.» Öfters würden auch Frauen mit ihren Kindern befreit.
Auf mehreren Ebenen ist der Sudan eine Krisenregion. Aktuell herrscht erneut ein Bürgerkrieg und riesige Flüchtlingsströme. «Inzwischen handelt es sich um die grösste humanitäre Katastrophe der Welt.» Viele fliehen in Nachbarländer, manche sogar in den Südsudan, welcher als eines der instabilsten Länder der Welt gilt.
Durch die Befreiungen und die Integration in der lokalen Bevölkerung kann im Leben von Menschen ein grosser Unterschied gemacht werden. Über die lokalen Netzwerke können aber auch flüchtende Menschen versorgt werden. CSI sieht seinen Beitrag nicht als Tropfen auf den heissen Stein, sondern sieht die einzelnen Menschen, die überleben und eine neue Zukunftsperspektive erhalten.
Mahnwache: Ein Zeichen in der Schweiz
Am Ende des Talks wird noch auf die Mahnwache am 11. Dezember hingewiesen. Aktuell seien in der Schweiz 66 Orte für eine Mahnwache vorgesehen. Mit brennenden Kerzen, Gebet und Umhänge-Plakaten zum Thema sollen viele Menschen auf die Missstände aufmerksam gemacht werden. Mehr Informationen dazu sowie die Standorte in der Schweiz finden sich hier.
Sehen Sie sich hier den Talk mit Simon Brechbühl an:
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Datum: 29.11.2024
Autor:
Markus Richner-Mai
Quelle:
Livenet