Sozialer Einsatz – warum eigentlich?
Die Heilsarmee wird oft mit Weihnachten und ihrem Einsatz für Randständige in Verbindung gebracht. Was steckt hinter ihrem Engagement und wie sieht ihre Rolle in der Gesellschaft aus? Im Livenet-Talk spricht Moderator Florian Wüthrich mit Daniel Imboden, CEO der Stiftung Heilsarmee Schweiz, und Marcel Mettler, Geschäftsführer des Netzwerks CISA (Christliche Institutionen in der Sozialen Arbeit).
Menschen, die stören
Das Motto der Heilsarmee ist «Glauben und Handeln». «Wir halten Ausschau nach Menschen am Rand der Gesellschaft», erklärt Daniel Imboden. «Das sind oft Menschen, die stören – aber eine gute Gemeinschaft muss solche Menschen aushalten.» Auch Marcel Mettler zieht es immer wieder zu Menschen, die irgendwie in Not sind: «Es begeistert mich, wenn Evangelium, Diakonie und die Kraft Gottes zusammenkommen.» In der Schnittstelle dieser drei Elemente des christlichen Auftrags fühlt er sich am wohlsten.
Dinge, die der Staat nicht tut
«In der Schweiz machen wir an vielen Orten hervorragende Arbeit, die sonst der Staat tun müsste», ist Daniel Imboden überzeugt. «Wir nehmen Menschen auf, beherbergen sie.» Ein Werk wie die Heilsarmee dürfe aber nicht einfach der Institutionalisierung verfallen: «Wir müssen immer wieder neu prüfen und definieren, was heute wirklich nötig ist. Einmal sind es Flüchtende; heute ist der Wohnraum ein Riesenproblem.» Flexibilität ist gefragt – für einen «Dampfer» (Wüthrich) von Sozialwerk eine rechte Herausforderung.
Ist die Uniform der Heils-«Armee» nicht aus der Zeit gefallen? Warum hält sie daran fest? Imboden: «Wir sind daran halt erkennbar, und das schafft Vertrauen. Eine Uniform überdeckt soziale Unterschiede, und sich als Armee zu verstehen, hatte im 19. Jahrhundert eine motivierende Kraft.»
Zusammen sind wir stark
Den Herausforderungen der Gesellschaft begegnen, das kann kein Werk und keine Kirche allein. Marcel Mettler: «Wenn Gemeinden und Bewegungen hier zusammenkommen, haben wir eine andere Durchschlagskraft.» Ein Konzept, das mit der Quellenhof-Stiftung und der GVC in Winterthur zum Beispiel viel beachtete Wirkung zeigt. «Wir müssen darauf hinarbeiten, dass wir als Christen gemeinsam Antworten auf die Probleme der Zukunft geben. Zum Beispiel wird der Staat zu wenig Ressourcen und zu wenig Finanzen haben – hier können wir Antworten geben.»
Mettler wehrt sich gegen falsche Motivation, etwa «Heil» oder «sozialer Einsatz»: Der Gottesdienst am Sonntag gebe ihm Kraft für den Dienst unter der Woche. Imboden hakt nach: «Was ist Heil? Erst wenn sich jemand bekehrt? Oder fängt Heil nicht schon da an, wo jemand zu Essen bekommt?»
Warum tun wir das alles?
Die Heilsarmee tut viel Gutes, das ist in der Gesellschaft unbestritten. «Wenn wir gefragt werden, warum wir das alles tun, erkläre ich gern unsere Werte: Nächstenliebe, Hoffnung, Versöhnung», so Imboden. Mettler verweist auf die zentrale Ankündigung der Erlösung von Jesaja 61, unter die sich Jesus selbst stellte: «Ich will heilen, die zerbrochenen Herzens sind» – revolutionär für eine Gesellschaft, die beispielsweise immer mehr psychisch kranke Menschen hervorbringt. «Wenn ich von einem `Gott, der an dich glaubt` rede, dann öffnet das Herzenstüren. Es braucht Mut, aber wir reden und handeln im Namen Gottes, der meine Situation sieht und dem ich nicht egal bin.»
Hier der Talk mit Daniel Imboden und Marcel Mettler zum Anschauen:
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Datum: 06.12.2024
Autor:
Reinhold Scharnowski
Quelle:
Livenet