China: Mehr Christen als Mitglieder der Kommunistischen Partei
Herr Zhang wird als typisches Beispiel für diese wachsende christliche Kirche vorgestellt. Als Programmierer gehört er zu den bessergestellten Chinesen. Doch als er in eine Krise gerät, lässt er sich von einem Arbeitskollegen in eine Hauskirche einladen. Hier erfährt er nicht nur die rettende Botschaft von Jesus, der auch für ihn am Kreuz gestorben ist, er erlebt auch Menschen, die Gefühle zeigen – was in China noch weniger üblich ist als in Westeuropa.
Ungebremstes Gemeindewachstum
Die Wirtschaft in China wächst weiterhin deutlich, parallel dazu nahm laut Hendrik Ankenbrand auch die Zahl der Christen in den letzten Jahren im Reich der Mitte um 10 Prozent jährlich zu. Damit übertrifft die Zahl der Christen im Land, die bereits jetzt auf 100 bis 130 Millionen geschätzt wird, weit die der 85 Millionen Mitglieder in der Kommunistischen Partei Chinas. «Während in säkularisierten westlichen Gesellschaften die Menschen aus der Kirche austreten, treten sie in China ein, je moderner das Land wird», wundert sich FAS-Autor Ankenbrand. Er rechnet damit, dass in China bis zum Jahr 2030 eine Viertelmilliarde Christen leben werden – die «grösste Christengemeinde» der Welt.
Kreativer Glaube
Immer noch scheint Überwachung und Repression an der Tagesordnung zu sein. Doch im Licht der oben genannten Zahlen sehen sie aus wie hilflose Bemühungen eines schwächer werdenden Regimes. Und die Christen in den chinesischen Hauskirchen reagieren ungemein kreativ darauf: Viele treffen sich zu ihrem Bibelstudium zum Beispiel in McDonald's Restaurants. Wenn die Polizei versucht, solch eine Zusammenkunft zu verhindern, weichen sie einfach in das nächste der insgesamt 8'000 Fastfood-Restaurants aus.
Persönlicher Glaube
Die Gottesdienste der registrierten Kirchen werden oft durch anwesende Aufpasser oder Kameras überwacht. Dem gehen immer mehr Christen aus dem Weg, indem sie sich in Untergrundkirchen organisieren. Auch auf Nichtchristen wirken diese anziehend. So unterstreicht der Programmierer Herr Zhang, dass seine Generation von Kindesbeinen an auf Konkurrenzkampf gedrillt und diesen müde sei. Die christlichen Gemeinden würden dagegen Lebensfragen positiv behandeln, Solidarität leben und Emotionen zeigen. Dies sei ein echter Kontrapunkt zur ansonsten von Korruption und Kälte geprägten Gesellschaft. Auch christliche Unternehmer förderten die christliche Kultur in ihrer Firma: Sie veranstalteten keine Saufgelage mehr und Mätressen würden nicht länger geduldet.
Wachsender Glaube
Augenscheinlich gilt, dass Modernisierung und Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte direkt mit dem Wachsen der christlichen Kirche zusammenhängt. Besonders deutlich wird dies in Metropolen wie Wenzhou. Die Stadt gilt als kreativ, diszipliniert – und religiös. Die Regierung empfand diese Mischung offensichtlich als bedrohlich, wollte ein Zeichen setzen und liess vergangenes Jahr ein grosses, neu gebautes Kirchengebäude abreissen. Die Christen am Ort setzen ihren Weg allerdings unbeirrt fort. Und es scheint, als ob China mehr und mehr auf genau diese Christen angewiesen ist: Christen, die sich unabhängig von Fünfjahresplänen um Kranke und Arme kümmern, die ihren Glauben leben und dem Land wirtschaftliches Wachstum bescheren. Folgerichtig antwortet ein chinesischer Christ laut Nachrichtenmagazin Pro auf die Frage, ob er bald mit stärkerer Verfolgung rechne: «Glaub' ich nicht. Wir sind schon zu viele.»
Datum: 05.01.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet.ch / Pro Medienmagazin