Facebook & Co.

Ein paar Sekunden nachdenken vor dem nächsten Post

Für Ältere erscheint es immer noch unglaublich, dass soziale Netzwerke wie Facebook über eine Milliarde tägliche Nutzer haben. Jüngere leben längst damit. Allen gemeinsam ist, dass sie sich in den sozialen Netzwerken in einem – gefühlt – rechtsfreien Raum bewegen. Doch das bedeutet nicht, dass dort keine geistlichen Massstäbe gelten. Deshalb kann es hilfreich sein, sich vor dem nächsten Post ein paar Gedanken zu machen.
Facebook

Der Durchschnitts-User von Facebook in Deutschland und der Schweiz hat 342 Freunde und ist 38,7 Jahre alt. Damit sind wir älter als die meisten Nutzer in der Dritten Welt und deutlich jünger als die US-User. Während viele Menschen über 50 Facebook gerade für sich entdecken, verabschiedet sich die jüngere Generation bereits wieder vom Marktführer der sozialen Netzwerke und wandert zur Konkurrenz ab (die oft genug aber auch zu Facebook gehört): Whatsapp, Snapchat, Pinterest oder Instagram. Alle geben mehr oder weniger viel von sich preis oder beteiligen sich an Diskussionen im Web. Geistliche Massstäbe legt Facebook dafür natürlich nicht an – woher auch? Deshalb ist es sehr sinnvoll, sich ein paar Sekunden lang zu überlegen, was ich im Internet von mir gebe. Die freiberufliche Autorin Cara Joyner gibt für das Online-Magazin «Relevant» folgende Empfehlungen:

1. Suche ich Anerkennung?

Wer sich ein bisschen mit Psychologie beschäftigt hat, hat schon von B.F. Skinner und seiner «operanten Konditionierung» gehört. Dabei geht es darum, dass wir besonders durch Verstärkung lernen. Auf Facebook und Co übertragen heisst das: Ich poste etwas und andere «liken» meinen Beitrag. Das gibt mir Anerkennung und Belohnung – und es macht süchtig nach mehr. Je mehr Belohnung durch positive Rückmeldungen ich bekomme, umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich (sehr bald) zurückkomme, um wieder etwas zu posten. So scheinen die sozialen Netzwerke mein Bedürfnis nach Gemeinschaft, Unterstützung und Anerkennung zu erfüllen. Wieso sollte ich mich mit realen Menschen und der schwierigen Beziehung zu ihnen auseinandersetzen, wenn ich im Netz direkt Zustimmung ernte? Ganz einfach: weil mir nur echte Reaktionen von echten Gegenübern auf Dauer die Anerkennung geben, die ich brauche. Selbst wenn einmal Kritik dabei ist.

2. Gebe ich an?

Ich kann begeistert berichten oder einfach prahlen – und eigentlich weiss ich genau, was von beidem ich gerade tue. Paulus hat unterstrichen, dass Liebe und «Aufblähen» nicht zusammenpassen (1. Korintherbrief, Kapitel 13, Vers 4). Wenn ich nun etwas im Internet poste, dann sind das nicht «nur ein Foto» oder «nur ein paar Worte», sondern es sind Gelegenheiten, entweder mich in den Mittelpunkt zu stellen oder Jesus und seine Liebe. Ein kurzes Überlegen reicht meist: Aus welcher Motivation mache ich das jetzt?

3. Bin ich unzufrieden?

Suche ich im Netz den besonderen Kick? Dann sollte ich es schnell wieder verlassen. Denn nichts, was ich lese oder anschaue, wird wirklich «besser» sein als mein Alltag. Unzufriedenheit mit mir selbst und der ganzen Welt spiegeln sich in meinen Internetaktivitäten wider. Entweder ich reagiere mit Unzufriedenheit und Undankbarkeit auf andere Menschen oder alles, was im Netz geschieht, erscheint mir so viel besser als mein eigener Alltag. Dabei wird anderswo auch nur mit Wasser gekocht… Wenn ich gerade extrem unzufrieden bin, ist es vielleicht besser, mir in den sozialen Netzwerken eine Auszeit zu gönnen. Ich laufe dann weder Hirngespinsten hinterher noch verletze ich andere.

4. Sollte ich diesen Moment schützen?

Wenn mein Kind auf meinen Schoss krabbelt und sich dorthin kuschelt, dann tut es das nicht, um ein nettes Facebook-Foto abzugeben. Es kümmert sich nicht darum, wer es sonst noch alles süss findet. Wenn ein Freund beim Essen etwas erzählt, was total genial ist, dann tut er das nicht, damit ich das Gespräch kurz unterbreche und das meinen Followern auf Twitter eben mitteilen kann. Manche Worte gehören einfach zwischen zwei Personen – da schadet es nur, wenn 342 andere aus der zweiten Reihe mithören.

Ganz klar: Nicht jeder grosse Moment muss geteilt werden. Manche Augenblicke gewinnen in ihrer Bedeutung, wenn sie privat bleiben. Wenn ich sie veröffentliche, dann raube ich ihnen etwas von der Atmosphäre, die zwischen mir und dem anderen oder zwischen mir und Gott entstanden ist.

5. Ist es freundlich?

Lassen Sie uns zurückkehren zu Paulus und seinen Ansichten über Liebe. «Die Liebe ist langmütig und freundlich», betont der Apostel. Unsere Internet-Kultur sagt uns dagegen: Kommentiere alles. Gib deine Meinung weiter, egal, was dadurch geschieht. Die sozialen Netzwerke bieten eine Art Schützengraben, wo ich aus der Deckung heraus schiessen kann – auf alle und jeden, ohne mir Gedanken zu machen. Vorsicht! Ich kann zwar die direkte Kommunikation durch eine indirekte per Internet ersetzen, kann Menschen kritisieren, die ich nie getroffen habe, doch die Gefahr dabei ist, dass ich keine Verantwortung für meine Worte übernehme. Jesus hält jedenfalls provozierend fest: «Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.» (Johannesevangelium, Kapitel 13, Vers 35). Und das scheint jede meiner Äusserungen zu betreffen – auch die bei Facebook.

Möglichkeiten

Die sozialen Netzwerke können jeden Teil meines Lebens durchdringen – und sie werden es tun, wenn ich das zulasse. Hier bin ich gefordert, selbst Grenzen zu ziehen, um andere und mich zu schützen. Es geht nicht darum, das Internet und seine Möglichkeiten zu verteufeln. Aber es geht darum, dass Christus in mir auch hier sichtbar wird. Die Fragen, die ich mir beim Posten irgendwelcher Nachrichten und Bilder stellen kann, sind nicht dafür gedacht, andere zu beurteilen. Sie können mir aber selbst helfen, meinen eigenen Motiven auf die Spur zu kommen. Und das, was ich verbreite, zu einer Quelle von Einsicht und Liebe werden zu lassen.

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Datum: 01.05.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Relevant Magazine

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