Wie können wir mit dem Islam leben?
Das deutsche Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie (iDAF) hat aus Publikationen des amerikanischen PEW Research Centers fünf Hauptaussagen ausgewählt und kommentiert. Wir haben sie im Interesse einer raschen Übersicht auf die Hauptaussagen reduziert und verweisen Interessierte auf den ausführlichen Text auf der Webseite des iDAF.
1. Der Islam ist die am schnellsten wachsende Religion
Zwar ist die Christenheit insgesamt zahlreicher. Aber das demographische Wachstum des Islam, dessen Anhänger untereinander natürlich sehr zerstritten sind, vor allem zwischen Sunniten und Schiiten, ist als einzige grosse Religion noch stärker als das Wachstum der Weltbevölkerung. Gegen Ende des Jahrhunderts wird es auch mehr Muslime als Christen geben.
2. Die Staaten im islamischen Dreieck machen demographisch nur ein Fünftel der globalen islamischen Welt aus
Es handelt sich dabei um die Länder zwischen Casablanca, Aden und Baku, in dem die Lehre entstand, sich zuerst ausbreitete und aus der die meisten radikalen Strömungen kommen. Ansonsten wird der Islam eher eingedämmt. Die meisten Muslime leben in der asiatisch-pazifischen Region (62 Prozent), das grösste muslimische Land ist Indonesien, gefolgt von Indien, Pakistan und Bangladesch, dann erst kommen der Iran und die Türkei.
3. Entscheidend für den weltweiten Einfluss des Islam ist die Durchschlagskraft der Lehre auf den Alltag und die Einheit der Muslime.
Zwar glauben alle Muslime an einen Gott und den Propheten Mohammed und die meisten praktizieren auch bestimmte Rituale (zum Beispiel den Fastenmonat Ramadan und die Pilgerfahrt nach Mekka). Aber bei der Frage, ob die Scharia als bestimmendes oberstes Gesetzessystem eingeführt werden soll, variiert die Anhängerschaft beträchtlich, je nach Land.
4. Das Verhältnis der muslimischen Welt zur religiösen Gewalt, etwa durch Selbstmordattentate, ist ebenfalls unter diesen Gesichtspunkten zu sehen.
Umfragen in mehreren muslimisch geprägten Ländern zeigen, dass der sogenannte Islamische Staat negativ beurteilt wird, etwa zu hundert Prozent im Libanon und zu 94 Prozent in Jordanien. In anderen Ländern zeigt eine signifikante Anzahl der Muslime allerdings Verständnis für den IS und seine Aktionen, in Nigeria etwa sind es 20 Prozent. Selbstmordattentate gegen Zivilisten im Namen des Islam werden aber generell verurteilt und praktisch nie gerechtfertigt. In einigen wenigen islamischen Ländern und Gebieten halten jedoch bedeutsame Minderheiten solche Gewaltaktionen für gerechtfertigt. Bei den Palästinensern sind es 40 Prozent, in Afghanistan 39 Prozent und selbst in Ägypten sind es 29 Prozent. Festzuhalten aber ist: Die grosse Mehrheit der Muslime verurteilt willkürliche Gewalt gegen unschuldige Zivilisten.
5. Ein Problem liegt in der gegenseitigen verzerrten Wahrnehmung
Dieser Trend wird seit drei Jahren deutlich stärker. Bedeutsam für das künftige Zusammenleben mit islamischen Minderheiten ist die Wahrnehmung, die Muslime von westlichen Bürgern haben und umgekehrt. Noch vor der Terrorwelle in Europa und der Entstehung des Islamischen Staats sahen in Frankreich 62 Prozent der Bevölkerung und in Deutschland 61 Prozent das Verhältnis zu der islamischen Minderheit als problematisch bis negativ. Dasselbe gilt umgekehrt in islamischen Ländern wie Ägypten, Jordanien, die Türkei vom Bild der Nicht-Muslime. In allen sieben mehrheitlich muslimischen Ländern, in denen die Umfrage (siehe Grafik rechts) durchgeführt wurde, sind durchschnittlich sieben von zehn Muslimen der Meinung, die Menschen im Westen seien selbstbezogen-egoistisch, 66 Prozent halten sie sogar für gewalttätig, 64 Prozent für habgierig und erfolgssüchtig, 61 Prozent für unmoralisch. Nur 44 Prozent glauben, westliche Bürger seien «respektvoll gegenüber Frauen», noch weniger (33 Prozent) halten die Menschen im Westen für ehrlich und tolerant. Man könnte glauben, das sei ein Vexierbild der Meinung im Westen über Muslime. Aber das Bild der Europäer und Amerikaner über Muslime ist gemischter. Jeder zweite in Europa, den USA und Russland hält Muslime für gewalttätig, 58 Prozent bezeichnen sie als fanatisch. Allerdings halten sehr viel weniger die Muslime für egoistisch oder unmoralisch. 22 Prozent glauben, dass muslimische Männer gegenüber Frauen respektvoll seien, aber 51 Prozent halten Muslime für ehrlich und 41 Prozent für grosszügig.
Kommentar: Ignoranz und Gegensätze
Hier zeigen sich nicht nur kulturelle Unterschiede, sondern auch ein gerüttelt Mass an Ignoranz. Mit verantwortlich dafür ist die Wirkung von gelenkten Massenmedien in islamischen Ländern und von veröffentlichten Wunschbildern aus den westlichen Redaktionen. Bei so viel Fremdheit und Gegensätzlichkeit ist es nicht verwunderlich, dass es – unabhängig von radikalisierten Islamisten und terroristischen Gruppierungen – zu Zusammenstössen der Zivilisationen kommt. Religion spielt dabei eine entscheidende Rolle. Europa wird zwar säkularer, aber der globale Trend geht in die andere Richtung. Religion wird für immer mehr Menschen wichtiger. 2050 werden zwei Drittel der Weltbevölkerung muslimisch oder christlich sein.
Zum Thema: Datum: 13.08.2016
Autor: Fritz Imhof / Jürgen Liminski
Quelle: Livenet / iDAF