«Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz…»
«Wie soll das denn gehen?», frage ich mich. Weil ich weiss, wie schwer es fällt, schon kleine Gewohnheiten zu ändern. Erst recht, einen Neustart zu wagen in den kleinen und grossen Bereichen meines Lebens: «Wenn wir nicht völlig umdenken, sieht die Zukunft für nachfolgende Generationen düster aus», warnen uns besorgte Menschen in Kirche und Gesellschaft. «Sie kommen um eine Transplantation nicht herum», muss die Ärztin dem Patienten mitteilen. «Unser Kind ist so widerspenstig!», äussern verzweifelte Eltern. «Wenn möglich, bitte wenden», tönt die Stimme aus meinem Navi. Ich bin wohl in falscher Richtung unterwegs.
Grundlegendes muss sich ändern
Deutliche Worte – allen gemein ist, dass sich zeitnah Grundlegendes ändern muss. Dass es sogar lebensnotwendig sein kann. Auch der Prophet Hesekiel hat im Auftrag Gottes klare Ansagen zu machen. Keine leichte Aufgabe! Erst recht nicht, wenn er sie an Gottes Volk richten soll, an Leute «mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen». (Hesekiel, Kapitel 2, Vers 4)
Hesekiel stammt aus einer Priesterfamilie und gehört zu den ersten, die von Israel nach Babylon weggeführt wurden. Führende Persönlichkeiten suchen seinen Rat. Mit immer wieder neuen Bildern verkündigt er die ihm von Gott aufgetragene Botschaft. Das Volk Israel will diese Worte nicht hören und lehnt sich gegen den Propheten auf. Da hinein macht Gott sein Angebot: «Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.»
Von sich aus wird Gottes Volk es nicht schaffen, sein Volk zu sein: Ihn als seinen Gott zu erkennen. Das meint weit mehr, als seine Existenz nicht zu leugnen. Es geht um eine tiefe Beziehung, um ein Leben, das sich ganz auf sein Gegenüber einlässt und sich nach ihm ausrichtet. Gott schenkt seinem Volk das, was es für eine lebendige Beziehung braucht:
«Ich nehme das Herz von Stein aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz von Fleisch.» (Hesekiel, Kapitel 11, Vers 19)
Das Volk kann sich nicht selber retten
Dieses Schöpfungshandeln nimmt Stefanie Bahlinger in ihrer Grafik in den Blick. Über ein dunkles, abgestorbenes Herz schiebt sich ein blutrotes, lebendiges Herz. Im Hintergrund entdecken wir eine Zielscheibe. Beide Herzen zielen darauf. Doch nur das rote trifft die goldene Mitte. Wer lässt sich schon gerne sagen, dass er am Ziel seines Lebens vorbeischiesst? Ursache war zu Zeiten Hesekiels die Hartherzigkeit des Volkes Israel. Der Prophet geht noch weiter: In Gottes Augen ist das Volk lebendig tot. Doch er steht zu seiner Verheissung: «Auf gute Weide will ich sie führen, im Bergland Israels werden ihre Weideplätze sein. … Die verloren gegangenen Tiere will ich suchen, die vertriebenen zurückbringen, die verletzten verbinden, die schwachen kräftigen, die fetten und starken behüten. Ich will ihr Hirt sein und für sie sorgen, wie es recht ist.» (Hesekiel, Kapitel 34, Verse 14 & 16) – Worte voller Hoffnung, die aber zugleich signalisieren, dass das Volk sich nicht selber retten kann.
Heisst das, dass ich mich selbst aufgeben muss, um vor Gott bestehen zu können? Das ist in der Tat eine Provokation – wenn ein Leben mit Gott eine umfassende Erneuerung meines Denkens, Fühlens, meines ganzen Lebensstils zur Folge hat. Eine Zumutung in einer Zeit, in der Selbstbestimmung und Unabhängigkeit als die erstrebenswerten Ziele gelten. Um im Bild der Künstlerin zu bleiben: Sünde ist Zielverfehlung. Sie trennt uns von Gott und von Menschen. Doch wir tun uns heute schwer, von Schuld oder gar Sünde zu reden. Umso grösser ist unsere Sehnsucht nach Veränderung und Heilsein.
Kreuz als Grundstein für Umkehr
In der goldenen Mitte der Zielscheibe sehen wir ein Kreuz. Das ist der heilsame Ort, an dem sich Himmel und Erde, Gott und Mensch begegnen. In Jesus kommt er mir ganz nah. Nichts kann ihn daran hindern, immer wieder einen Neuanfang mit mir zu wagen. Mit dem Kreuz legt Gott selber den Grundstein für meine Umkehr und Verwandlung. Mehr noch: für die Neuschöpfung.
«Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.»
Leben Menschen, die das erkennen, fortan als Heilige? Sie leben als Heilige im Sinne von: Sie gehören Gott, der sie heil macht von allem, was sie von ihm trennt. Wenn ich das erkenne, bleibt nicht alles beim Alten. Das rote Herz streckt sich dem Licht entgegen, wächst in ein neues Leben hinein und wird überstrahlt vom goldenen Streif am rechten Rand. Gold steht für das Ziel meines Glaubens: ewig in der unmittelbaren Gegenwart Gottes zu leben. Diese Hoffnung lässt es mich aushalten, dass ich meine Erkenntnis und meinen Glauben oft als vorläufig und bruchstückhaft empfinde. Der gute Hirte bringt auch mich immer wieder von falschen Wegen zurück und hin zum Ziel.
Lasse ich mir ein neues Herz und seinen lebendigen Geist schenken - mit der Verheissung und dem Risiko, dass nichts so bleiben muss, wie es ist? Das Wagnis lohnt sich. Es kann mit einem Wort beginnen, dem ich meine Ohren und mein Herz öffne. Schon ein kleiner Stein zieht im Wasser weite Kreise. Wie auch die Linien um die goldene Mitte. Wenn ich mich darin verorte, erlebe ich Veränderung in den grossen und kleinen Bereichen meines Lebens. Und darüber hinaus.
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Autor: Renate Karnstein
Quelle: Verlag am Birnbach