«Es braucht ein Zertifikat des Heiligen Geistes»
Markus Dubach, seit eineinhalb Jahren herrscht ein
Ausnahmezustand – wie war diese Zeit bislang für die OMF?
Markus Dubach: Wir haben viel gelernt und sind
Gott dankbar dafür. Unsere Nothilfeprogramme wurden intensiviert. Durch unsere
Partnerorganisationen in Asien helfen wir vielen Bedürftigen. Unsere
gegenseitige Wertschätzung und ein bewusstes Fokussieren auf unseren Auftrag –
Jesu Liebe in Wort und Tat weitergeben – ist gestiegen und hat sekundäre Fragen
in den Hintergrund gestellt. Wir erkennen ein wachsendes Interesse an Weltmission –
interessanterweise von Menschen aus anderen Kulturen, die hier in der Schweiz
leben. Wo sind die Schweizerinnen und Schweizer, die bereit sind, ihr Leben
radikal in Jesu Dienst zu stellen?
Welchen Einschränkungen waren Sie und Ihr Team
unterworfen?
Jedes Team in jedem Land hat die Einschränkungen
unterschiedlich erlebt. Gemeinsam ist:
- Die ersten
Monate waren geprägt von einer starken, emotionalen Reaktion sowohl unserer
Mitarbeitenden als auch der Lokalbevölkerung. Eingeschränkter Bewegungsradius,
limitierte Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen, Maskentragen wurden sofort zur
Norm. Kontroversen ums Maskentragen oder ums Impfen hat es aber unter Asiaten kaum
gegeben, Ausländer hatten da mehr Mühe.
- In einigen
asiatischen Ländern gab es eine Phase mit starker 'Ausländer-Phobie'. Soziale
Medien berichteten, dass die 'dreckigen, weissen Ausländer' Covid gebracht
hätten.
- Geschlossene
Visaabteilungen führten dazu, dass einige Mitarbeitende nicht mehr, andere erst
nach Monaten nach Asien zurückkehren konnten.
- Reisebeschränkungen und Lockdowns hat einige unserer Teams stark eingeschränkt. Dafür sind internet-basierte Möglichkeiten verbreitet genutzt und ausgebaut worden.
Viele Menschen sind suchend geworden – was haben Sie und Ihre Partner diesbezüglich erlebt?
Wir wünschten uns dies für die Schweiz und Asien.
Obwohl der Tod wieder vermehrt thematisiert wird und die Angst realer und
konkreter erfahrbar wird, wenden sich sehr wenige Gott zu. Im Gegenteil, durch
die physische Distanz ist es schwieriger geworden, mit Menschen natürlich ins
Gespräch zu kommen. Jede Sekunde sterben Menschen, die noch nie etwas von
Jesus Christus gehört haben. Diese Realität war schon vor Covid da. Leider
erleben wir wenig Betroffenheit, auch unter Christen, dass der ewige Tod ja noch
viel weitreichendere Konsequenzen hat. Was braucht es, damit die Christen
weltweit dieser geistlichen Not mit Kreativität und Engagement begegnen? Wir
wissen: Wer kein Zertifikat des Heiligen Geistes hat, wird nicht eingelassen
werden.
Zu den OMF-Ländern gehört gerade auch Japan, wo die
jüngsten Olympischen Spiele über die Bühne gingen. Wie konnte dadurch auf die
Japaner zugegangen werden?
Wir hatten für die Olympiade viele tolle Pläne, die
von über 200 Gemeinden und Missionsorganisationen getragen wurden. Sie planten
lokale Sportsfestivals, luden Teams aus aller Welt ein und druckten
Verteilmaterial. Mit dem Covid-Ausbruch verschob sich der Fokus während der
Olympiade in Japan aufs Gebet. Zudem offerierten sie Onlineangebote und konnten
sogar Alphakurse durchführen. Auch die christlichen Internetseiten
verzeichneten regen Zugriff, zum Beispiel www.fb.com/SeishonoKotoba.
Wie haben Sie auf diese drastischen Einschränkungen in
Japan reagiert?
Kein Kurzzeitteam konnte an die Olympischen Spiele
reisen. Auch für unsere Mitarbeitenden und die Gemeinden in Japan war kein
Kontakt mit Athletinnen und Besucher möglich. Deshalb wurde «Japan1Million»
gestartet – ein weltweiter Aufruf, für Japan zu beten. Wir sind so ermutigt,
dass Menschen aus 98 Ländern über 365'000 Stunden für Japan gebetet haben. Die Gebetsbewegung geht weiter und wir bleiben
dran.
Welche Projekte sind in den letzten eineinhalb Jahren
bei OMF und Ihren Partnern entstanden, die es sonst womöglich nicht geben
würde?
Uns ist sehr wichtig, unsere Mitarbeitenden und
Partner zu ermutigen und anzuspornen, in engem Kontakt zu den Christen und
Gemeinden zu stehen, mit denen sie sowieso zusammenarbeiten. «Stimuliert
Reflektion und Diskussion darüber, wie die Gemeinde in ihrem lokalen Kontext in
dieser Krisensituation Salz und Licht sein kann. Und dann geht im lokalen
Kontext das an, was Gott euch aufs Herz gelegt hat.» So hat der Feldleiter von
Thailand, Ulrich Kohler, diesen Ansatz zusammengefasst.
Konkret kann das so aussehen: Die Köchin vom «Mission Home» in Bangkok hat während zwei Monaten täglich Essen gekocht und verteilt es an 20 bis 30 Haushalte, die wegen Covid-19-Ansteckung ihr Haus nicht verlassen dürfen. Eine Mitarbeiterin hat Milchpulver besorgt und an Mütter abgegeben, die zu geschwächt waren, ihren Kindern genügend Nahrung zu geben. Mitarbeitende vom Mongolischen Missionszentrum haben in ihrer Umgebung Senioren Lebensmittel gebracht, da diese ihre Wohnungen nicht mehr verlassen durften.
Was sind die nächsten Ziele und Projekte, die OMF in Angriff nimmt?
- Weiterhin in
gutes Sprach- und Kulturstudium investieren: Wir intensiveren in die Suche nach
Menschen, die für zehn oder mehr Jahre in Ostasien arbeiten wollen.
- Beziehungsorientiert
arbeiten: Eine tiefe Beziehung zu Jesus und ein bewusstes Anleiten und
Begleiten von Menschen, die Gott mir anvertraut, ist auch in Krisensituationen
möglich und nötiger denn je.
- Partnerschaften
pflegen und ausbauen: Wir pflegen eine verbindliche Partnerschaft mit dem
Mongolischen Missionszentrum und geben ihnen Budgetsupport. Wir hoffen, dass
wir in Zukunft schweizerische Gemeinden und Einzelpersonen dafür gewinnen
können, Mitarbeitende von asiatischen Missionsbewegungen zu unterstützen und
sie im Gebet zu begleiten – trotz sprachlichen Herausforderungen, die aber heute
mit Übersetzungssoftware nicht unüberwindbar sind.
- Generationenübergreifendes Gebet fördern: So freuen wir uns auf unseren nächsten «Herzschlag für Asien» – Gebetstag am Samstag, 27. November zusammen mit WEC International in der FEG Sulgen.
Datum: 02.11.2021
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet