Missionarin aus Leidenschaft

Weder Rollstuhl noch Sprachprobleme können sie abhalten

Anna Clara Schindler
Ana Clara Schindler wurde mit spinaler Muskelatrophie geboren. Trotzdem war sie bereits auf fünf Missionsreisen. Ihre grosse Leidenschaft ist, anderen Menschen Jesu Liebe weiterzugeben. Davon können sie auch ihre Sprachprobleme nicht abhalten.

Im Alter von sechs Monaten wurde bei der Brasilianerin Ana Clara Schindler spinale Muskelatrophie (SMA) diagnostiziert, eine seltene degenerative Krankheit, die die Bewegungen des Körpers beeinträchtigt. Sie verbrachte viel Zeit im Internet und lernte dort mit 14 Jahren eine Christin kennen. «Alles, was ich von Gott kannte, war Religion und die Verzweiflung der Menschen, die wollten, dass ich geheilt würde», doch das habe ihr selbst nicht viel bedeutet, berichtet sie im Interview mit dem brasilianischen Internetportal Guiame. Sie selbst sah die Behinderung vielmehr als Eigenschaft, mit der sie geboren wurde, etwas «Natürliches». Und dadurch wurde ihr Selbstwertgefühl trotz häufigem Mobbings nie beeinträchtigt.

Ihre neue Freundin stellte ihr einen Gott vor, dem es nicht um ihre körperliche Verfassung ging, sondern der eine persönliche Beziehung zu ihr suchte. «Ausserdem beantwortete sie mir immer alles mit Versen aus der Bibel und brachte das Wort Gottes in einer aktuellen Form...» Bald entschied sie sich für ein Leben mit Gott.

Eine neue Berufung

Ihr Interesse an der Mission wurde durch den Missionar Luca Martini geweckt, als sie ein Video sah, in dem er für einen Mann betete, der motorische Probleme hatte, und der Mann geheilt wurde. Das motivierte Ana Clara, sich für eine Missionsschule anzumelden. «Das ist es, was ich für den Rest meines Lebens tun möchte. Dort hörte ich, was Mission ist, und in meinem Kopf machte alles einen Sinn. Es fühlte sich an, als wären mir die Augen für meine Berufung geöffnet worden», sagte sie.

Dort lernte Ana Clara auch die Jüngerschaftsschule von Jugend mit einer Mission (JmeM) kennen. Sie hatte aber Zweifel, ob sie in der Lage sein würde, «etwas so Grosses zu tun» und so lange weg von zu Hause zu bleiben, ohne die Unterstützung, auf die sie angewiesen war. «Meine erste Missionsreise fand auf dem Höhepunkt der Pandemie statt. Viele Leute konnten nicht glauben, dass ich dorthin reiste, während die Welt wegen Covid-19 ihre Türen schloss. Ich wusste nicht, wie mein Körper reagieren würde, wenn ich mich mit Covid infizieren würde. Aber ich hatte ganz klar von Gott gehört, dass dies der richtige Zeitpunkt war, um zu gehen.» Und dann infizierte sie sich tatsächlich mit Covid, doch «ich hatte fast keine Symptome». Viele hatten Angst um sie – doch ihre einzige Angst war, dass sie nicht weiter von Jesus erzählen könnte.

In den vergangenen drei Jahren hat Ana Clara fünf Missionsreisen unternommen und ist auf dem Weg zu ihrer sechsten, die nach Japan gehen wird. «Ich richte mich nach Gottes Stimme. Wann immer er mir eine Richtung vorgibt, gehe ich», sagt die Missionarin.

Wenn andere aus Angst nicht mit ihr sprechen

Schwierig ist für sie nicht nur das Bewegen – sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen – sondern auch das Sprechen. «Meine Aussprache ist nicht perfekt, und viele Menschen haben Schwierigkeiten, mich zu verstehen. Auf meiner ersten Missionsreise brauchte ich einen Übersetzer, denn ich konnte nicht erwarten, dass mich jeder versteht», erklärt sie. Sie erlebt auch, dass ihre Behinderung anderen Menschen Angst macht und sie deshalb nicht mit ihr reden wollen. Doch sie liess sich davon nicht entmutigen. «Leute kamen zu mir und sagten, dass sie Angst hätten, mich zu beleidigen, weil sie nicht verstanden, was ich sagte, und dass sie deshalb nicht mit mir sprechen wollten. Das war hart zu hören, aber gleichzeitig auch ein Paradigma, das es zu durchbrechen galt.»

«Gott verschwendet nichts»

In vielen Ländern sind auch die Kirchen noch nicht für Menschen im Rollstuhl zugänglich, ein weiteres Problem. Und doch erlebt sie die Unterstützung der Christen vor Ort, die Hilfe der zwei Krankenschwestern, die sie immer begleiten – und nicht zuletzt Gottes Versorgen. «Es gab Fälle, in denen ich (Anm. d. Red.: wegen des erschwerten Zugangs) nicht nach oben gehen konnte, um zu dienen, aber in diesem Fall habe ich zum Beispiel Fürbitte für die Menschen gehalten, die gegangen waren. Gott verschwendet nie etwas, und er schätzt es, wenn wir bereit sind zu dienen!»

Inklusion praktizieren

Aktuell lebt Ana Clara mit ihren Eltern in der Stadt São Paulo. Sie hat einen Universitätsabschluss in Design und visueller Kommunikation, arbeitet in einer audiovisuellen Produktionsfirma und besucht eine evangelische Kirche. Inklusion ist für sie natürlich auch ein wichtiges Thema, da sie in der Schule und an der Uni viel Mobbing ertragen musste. «Die Leute glauben nicht wirklich, dass jemand mit einer Behinderung die Fähigkeit und das Recht auf ein erfülltes Leben hat, selbst mit ihren Einschränkungen. Ja, wir können arbeiten, eine Lebensperspektive haben und eine Familie gründen.»

Doch in ihrer Arbeit als Missionarin fand sie ein Umfeld mit «mehr Bereitschaft für das Andere». «Ich habe neue Möglichkeiten und neue Räume für die Entwicklung gefunden. Wenn wir die Individualität jedes Einzelnen respektieren, ist es viel einfacher, Inklusion zu praktizieren, und das habe ich auf dem Missionsfeld gefunden. Ich wurde in meiner Individualität respektiert und hatte Menschen, die mich in meiner Berufung bestärkten.»

Kraft schöpft sie nicht zuletzt auch durch ihre Beziehung zu Gott. «Ein Schlüssel, der meine Beziehung zu Gott verändert hat, war, als ich verstand, dass ich mein Bestes, aber auch mein Schlechtestes geben kann, weil er mich vollkommen kennt. Es gibt keinen Ort, an dem ich mich verstecken kann, ausser bei ihm, das ist schön. Meine Beziehung zu Gott ist frei in ihm, durch ihn und für ihn.»

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Datum: 02.07.2023
Autor: Aline Goncalves / Rebekka Schmidt
Quelle: Guiame / Übersetzt und gekürzt von Livenet

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