Papperlapapp und andere lyrische Erstlinge
«Ich habe vorher überhaupt nicht gedichtet», gibt Oli Merz unumwunden zu. Mit einem Lyrik-Erstling unter dem vielversprechenden Titel «papperlapapp» tritt er nun an die Öffentlichkeit. Wie kommt ein Theologe zur Poesie?
«Bisher war eher das Wissenschaftlich-Akademisch-Thematische mein Ding», erklärt der in Thun wohnhafte Merz. Dann aber fingen ihn die Corona-Diskussionen und ihr z.T. gehässiger Stil an, aufzuregen. «Da mach ich nicht mit», beschloss er – aber etwas beitragen zum Gespräch wollte er trotzdem.
«Lyrischer Anfall»
«Ich sass beim Kaffee auf der Terrasse, und plötzlich fiel mir ein Gedicht ein. Das war einfach da, und ich schrieb es auf. Das hat seitdem nicht mehr aufgehört», erzählt Oli. Eine Quelle, die seither sprudelt: Über 80 Gedichte hat er schon geschrieben. Ziemlich bald hätten Leute gefragt, ob man «das nicht als Büchlein haben könne» – sie würden die kurzen Gedichte gern vorlesen im Gottesdienst, im Altersheim, in der Familie oder sonstwo.
Im Gespräch mit Jonas Baumann von «Mosaicstones» wurde das dann Realität – «in 70 Tagen vom ersten Gedicht bis zum Druck». Das sei selbst für ihn, der schnelle Prozesse liebt, eine Herausforderung gewesen, bekennt Oli Merz.
Ich und die Welt
Oli gibt in seinen Gedichten viel von sich preis. Er leidet an MS und ist auch sonst nicht immer einfache Wege gegangen; jetzt «verdichten» sich in ihm Dinge, «die ich schon seit vielen Jahren sagen wollte; jetzt kommen sie raus, und darum fliesst es wohl so schnell». Arm und reich, jung und alt, Generationenprobleme beschäftigen ihn – «Probleme, die jetzt durch Corona noch mehr verschärft werden». Aber auch sein «Lebensthema» Behinderung, Ausgegrenztsein und Inklusion kommt immer wieder vor. «Das Dichten hilft mir, zu verarbeiten. Ich bin mit Gott im Gespräch, und plötzlich reimt sich's.» Das Ungereimte bekommt eine Form – «wohl eine Art Psychohygiene», meint Oli. Er malt auch und macht Musik – das Musische ist für ihn generell ein Zugang, der ihm hilft, auch mit den schwierigen Themen umzugehen. Die Gedichte im Buch «papperlapapp» sind denn auch mit eigenen Bildern illustriert: «So wurde es ein sehr persönliches Projekt.»
Zu fromm oder zu liberal?
Biographisch hat der Pfarrer Oli Merz so ziemlich alle Stationen und Positionen hinter sich – «von der Landeskirche her bin ich bis zu den meisten Freikirchen ökumenisch unterwegs». Viele könnten ihn nicht richtig einordnen: «Die einen schimpfen mich evangelikal, die anderen sagen, ich sei liberal», fängt eins seiner neueren Gedichte an, das in einem eventuellen zweiten Band zu finden sein wird. «Ist nicht hüben dasselbe wie drüben?», grübelt er und setzt dann seine Position: «Gott zugewandt und gleichzeitig in die Welt gesandt.»
«Das kurbelt eigenes Denken an», findet Talkmaster Florian Wüthrich. Und Oli Merz wünscht sich, dass «papperlapapp» gerade an Weihnachten vielleicht Menschen, die zum Glauben wenig Beziehung haben, auf humorvolle und ungezwungene Art eine Brücke bauen könnte, «zum Weiter-ins-Nachdenken-kommen».
Schauen Sie sich hier das Interview mit Oliver Merz an:
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Oliver Merz
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Datum: 21.12.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet