Die Anziehungskraft der Schweiz und ihr Preis
Von allen Seiten zieht die Schweiz Arbeitsuchende an. Seit Bürgern des EU-EFTA-Raums die Freizügigkeit gewährt wurde, sind hochqualifizierte Fachkräfte für Industrie, Gesundheitswesen und andere Bereiche ins Land geströmt. Sie übernehmen gute Jobs, für die der einheimische Nachwuchs aufgrund der tiefen Geburtenrate zunehmend fehlt. An der Goldküste und am Lac Léman sind die Landpreise explodiert. Nach Zumikon bei Zürich ziehen Leute, die laut einem Baugenossenschafter „3000 bis 5000 Franken pro Quadratmeter aus der Portokasse zahlen können“.
Zielkonflikt
Dass die Zuwanderer zum generellen Wachstum der Wirtschaft beitragen, freut Manager, Anleger und viele Politiker – doch wollen wir noch mehr Verkehr, weniger Kulturland und irgendwann eine Neun-Millionen-Schweiz? Auf den Hügeln bimmeln wegen der Frankenstärke Alarmglocken: Findet der Markenartikel Käse im Ausland keine Käufer mehr, könnte der Unmut der Milchbauern in Resignation und Wut umschlagen.
Nicht integrationswillige Fremde
Wie in Deutschland würde auch in der Schweiz die Bevölkerung schrumpfen, wäre nicht die von hohen Löhnen und der hiesigen Lebensqualität angefachte Zuwanderung. Der Ausländeranteil liegt bei 22 Prozent, was kein anderer Flächenstaat des Kontinents aufweist – mit steigender Tendenz. Dies auch weil Ausländer aus fremden Kulturen, die für niedrige Löhne arbeiten, zu tausenden Familienangehörige ins Land holen. Manche halten an nichtwestlichen Rechtsauffassungen fest und hindern ihre Frauen, sich zu integrieren. Alte Häuser in Ortskernen werden von Grossfamilien aus dem Balkan gekauft.
Nicht nur in grossen Städten haben Schulklassen einen mühsam hohen Anteil fremder Kinder, bei deren Eltern wenig vorausgesetzt werden kann. Viele beziehen Sozialhilfe. Mit ihrer Zuwanderungsinitiative gibt die SVP für den Wahlkampf einen Grundton vor. Sie liefert eine holzschnittartige Problemanzeige ohne Lösung – denn den bilateralen Weg mit der EU zu verlassen, ist trotz all ihren Problemen und ihrem Gebaren dem Kleinstaat gegenüber nicht ratsam.
Grössere soziale Kluft
Für den Erfolg, um den Nachbarn die Eidgenossen beneiden, zahlen auf der Hochpreisinsel viele Einheimische teuer. Die Schere öffnet sich weiter: Kader lassen sich ihre Lohntüten füllen, doch das Parlament kommt dem Abzocken nicht bei, während zehntausende Familien schmal durch müssen. Lebenskosten und individuelle Ansprüche führen dazu, dass Kinder jungen Schweizern als Risiko erscheinen – für den reichen Staat ein beschämender Missstand, der ihn, nüchtern besehen, ins Mark trifft. Eheleute stossen sich daran, dass der Staat sie höher besteuert als andere Paare. Er straft sich damit selbst, denn jene, die spät oder gar nicht heiraten und den Nachwuchs weit hinausschieben, haben häufig, wenn überhaupt, nur einen Sprössling.
Nicht nur allein, auch einsam
Wie der starke Franken weist auch die kostbare individuelle Freiheit Schattenseiten auf. Die Vereinsamung im dichtbesiedelten Mittelland macht Sorge. Der Zukunftsforscher Andreas Walker hat darauf hingewiesen, dass Individualisierung und Langlebigkeit zu immer mehr Single-Haushalten führen: „Der Megatrend der ‚Alleinsamkeit‘ wird uns in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen.“ In Walkers Online-Umfrage bezeichneten sich 75% der Familien mit Kind und nur 57% der Singles als glückliche und zufriedene Menschen.
Familien stützen
Familien haben deutlich mehr Hoffnung als Singles. Sie zu stützen ist eine primäre gesellschaftliche Aufgabe. Der freiheitliche Staat ist bei anhaltender Säkularisierung (man findet es okay, dass Kirchen weniger Einfluss und Mittel haben und schrumpfen) und grassierendem Individualismus mit der Aufgabe überfordert, den sozialen Zusammenhalt zu bewahren und zu pflegen (vgl. E.W. Böckenförde). Die undifferenzierte Bereitschaft multikulturelle Vielfalt zuzulassen, hat Verwirrung und Polarisierung entstehen lassen.
Den Kern wahrnehmen
Nötig ist eine Besinnung auf den christlichen Kern der traditionellen Werte der Schweiz – nicht in Nostalgie, sondern um im 21. Jahrhundert Gemeinwohl zu gestalten. Die Wirtschaft braucht nicht nur Freiheit, sondern auch Vertrauen. Dieses ergibt sich aus Übereinstimmung in Werten. Über Jahrhunderte standen sie in einem christlichen Rahmen (auch wenn man sich gegen sie verging, war dies anerkannt). Heute wird angehenden Lehrern signalisiert, dass sie ihren christlichen Glauben für sich behalten sollen.
Damals wie heute ist der Gott der Bibel verlässlich, grosszügig, lässt sich auf Menschen ein, gibt klare Vorgaben (Zehn Gebote!), stützt Gemeinschaft, vergibt Schuld und ermöglicht Neuanfänge. Engagierte Christen, einzeln und in Gemeinden und Kirchen, haben auf diesem Hintergrund Wesentliches zu einer florierenden Schweiz und zur Lösung ihrer aktuellen Probleme beizutragen. Als Beterinnen und Beter, als Schulpfleger und Lehrerinnen, in Verwaltung und Forschung, Politik, Wirtschaft und Kultur. In den Dörfern und auch den grossen Städten.
Datum: 30.07.2011
Quelle: Livenet.ch