«Jetzt stoppe ich Kinderehen in meiner Heimat»
blickt Anuradha zurück auf ihre schwierige Teenagerzeit. Mit 13 wurde sie verheiratet, mit 14 Mutter. Dennoch kann sie ihren Traum umsetzen und Lehrerin werden – und sie hilft anderen jungen Menschen in der gleichen Lage.Damals, an jenem Tag als die Dämmerung anbrach, «weckte mich meine Mutter eilig. Als ich versuchte, meine Augen zu öffnen, erinnerte mich meine innere Stimme daran, dass es ein Schultag war und ich mich also besser beeilen sollte.»
Sie half ihrer Mutter beim Haushalt, Geschirr spülen, Wäsche waschen und Büffel melken. «Gerade als ich meine Schuluniform anziehen wollte, sagte mir meine Mutter, dass ich ein Kleid tragen soll, das sie mir gekauft hatte. Ich antwortete, dass diese Art von Kleidung nicht für die Schule geeignet sei.»
Anuradha wusste nicht, dass dieses Kleid sorgfältig für eine andere Veranstaltung ausgewählt worden war … ihre eigene Hochzeit.
Schulabbruch wegen zweitem Baby
«Ich war erst 13 Jahre alt, als ich eine Kinderbraut wurde. Nach einem Jahr gebar ich mein erstes Kind. Ich war selbst ein Kind und wollte studieren und Lehrerin werden.» Ihr Mann Krishna unterstützte sie dabei. «Er erlaubte mir zu lernen.» Doch als sie ihre letzte Prüfung schreiben wollte, machte ihre Familie Druck, da sie mit ihrem zweiten Baby im achten Monat schwanger war. «Ich habe die Ehe und ihre Facetten erst später im Leben wirklich verstanden. Ich habe die Schule abgebrochen.»
In dieser Zeit lernte sie das christliche Kinderhilfswerk «World Vision» kennen. «In meinem Dorf wurde ein Sensibilisierungsprogramm zur Gesundheit von Müttern, Neugeborenen und Kindern durchführt. Ich nahm teil und erfuhr, wie wichtig es ist, Neugeborene mit nahrhaftem und gesundem Essen zu versorgen. Mein zweites Kind, das in diesem Jahr geboren wurde, war schwach und unterernährt.» Das Programm kam also gerade recht.
Bildung ist ein Grundrecht
«Bald erfuhr ich, dass Bildung eines der Grundrechte der Kinder ist.» Zusammen mit ihrem Mann suchte sie nach einer Möglichkeit, die Prüfung der zehnten Klasse zu wiederholen. «Ich tat es und meine Hoffnungen wurden wieder geweckt. Nichts hat mich seitdem davon abgehalten, meine Träume zu verwirklichen.»
Seither engagiert sie sich zudem als Freiwillige für World Vision, sie schult Kinder in Bildung und Kinderrechten. «Ich ging von Tür zu Tür in meinem Dorf, um die Eltern zu sensibilisieren und sicherzustellen, dass alle Kinder in die Schule aufgenommen werden. Im Handumdrehen wusste jeder, wer ich war. Früher war ich als 'Krishnas Frau' bekannt, aber jetzt nennen mich alle hier Anuradha.»
Auszeichnung erhalten
«Im Jahr 2017 wurde ich von einem Verantwortlichen ausgezeichnet und erhielt einen Tapferkeitspreis für die erfolgreiche Beendigung von fünf Kinderehen. Ich habe auch über 20 Familien in meinem Dorf dagegen beraten.»
Als Mutter von drei Kindern studiert sie, um Lehrerin zu werden. Sie hält fest: «Im Alter von 13 Jahren weiss ein junges Mädchen nicht einmal, wie man Dinge für sich selbst erledigt. In einem so jungen Alter können Jungen und Mädchen ihre neue Familie nicht finanziell unterstützen, noch haben sie eine angemessene Ausbildung, um einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden. Sie haben nicht die Reife, diese Verantwortung in diesem Alter zu übernehmen.»
Das bisher erreichte sei ermutigend, «aber es muss mehr getan werden, um die Kinderehe zu beenden, die die Träume der Mädchen zerstört und sie daran hindert, zu gedeihen und zu werden, wer sie im Leben sein wollen. Die Kinderheirat hat meine Träume fast zerstört. Ich will nicht, dass andere Mädchen das ertragen.»
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Datum: 11.12.2019
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Christian Today / Livenet