«Ich entscheide mich gegen das Jammern»
Adrian Reusser (Jahrgang 1982) ist Landwirt in Buchen. Den Betrieb hat er von seinem Vater übernommen. Das Familiengut zu verwalten, macht ihm viel Freude. Für ihn gab es nie eine Alternative zu diesem Beruf. Doch erst vor einigen Jahren begann er, seinen christlichen Glauben auch als Landwirt aktiv zu leben. Darüber berichtet er im Gespräch mit Livenet.
Immer wieder hört man, wie Landwirte unter der heutigen Wirtschaftslage leiden. Wie erleben Sie dies als Landwirt, der sogar die Bezeichnung «Bergbauer» in Anspruch nehmen könnte?
Adrian Reusser: Als Bauern sind wir schon sehr herausgefordert. Besonders auch in unserem Gebiet zwischen Emmental und Berner Oberland. In den letzten Jahren lernte ich aber immer mehr, Gott dankbar zu sein und meine Tätigkeit positiv zu sehen. Auch wenn viele Landwirte jammern, will ich doch dankbar sein. Ich habe alles, was ich zum Leben brauche. Ich habe aufgehört, meinen Erwerb von den Umständen abhängig zu sehen. Einmal hörte ich jemanden sagen: «Gottes Segen ist wichtiger als ein guter Milchpreis.» Das hatte seine Wirkung auf mich. Immer wieder erlebe ich, wie Gott auf Gebete antwortet und zum Beispiel trotz viel zu starken Niederschlagsmengen doch eine gute Ernte schenkt.
Sie sprechen das Gebet an. Welche Bedeutung geben Sie als Landwirt dem Beten?
Das persönliche Gebet hat bei mir einen wachsenden Stellenwert. Als Landwirt ist es für mich naheliegend, dass der Beruf zu den persönlichen Anliegen gehört. Ich habe mir auch angewöhnt, immer wieder meine Tiere, mein Land, die Saat, meinen ganzen Betrieb zu segnen. Seit ca. fünf Jahren treffe ich mich monatlich mit drei anderen Bauern zum Beten. Dabei verbringen wir viel Zeit, einander von Gottes Versorgung zu erzählen und ihm dafür zu danken. Es ist eindrücklich zu sehen, wie viele Anliegen Gott aus diesem gemeinschaftlichen Gebet bereits erhört hat. Wir beten für Probleme in unseren Betrieben, aber auch für andere Landwirte, unsere Nachbarn und unsere Region.
Wir erleben Gebetserhörung verschiedener Art. Einmal wurde ein Acker auf sehr eindrückliche Art von den dortigen Hirschen bewahrt. Ein Tag nach der Ernte hat eine Herde das ganze Landstück total zertreten. Ich erlebte auch, wie Gott krankes Vieh heilt.
Erleben Sie in Ihren persönlichen Gebetszeiten Gottes Führung?
Ja, das kommt schon hin und wieder vor. Vor einiger Zeit stand ich vor einer Herausforderung. Mein Vater wurde älter und er war nicht mehr in der Lage, Holzerarbeiten zu verrichten. Ich brauchte also jemanden für diese Arbeit. Als ich für diese Sache betete, legte Gott mir plötzlich einen Landwirt aus dem Nachbardorf aufs Herz. Obwohl ich ihn persönlich nur flüchtig kannte, rief ich ihn an. Seine Reaktion war äusserst positiv. Er hatte sich gerade mit gutem Werkzeug eingedeckt. Es fehlte ihm aber jemand, der mit ihm in den Wald gehen konnte. Bereits seit mehreren Wintern arbeiten wir jetzt gemeinsam und erleben das Miteinander als sehr gut. Mehrmals wurde ich inzwischen schon von anderen Landwirten auf diese gute Zusammenarbeit angesprochen und stellte fest, wie sich viele von ihnen ebenfalls eine solche Partnerschaft wünschen.
Glauben Sie, als christlicher Landwirt einen Unterschied zu machen?
Im Alltag ist es oft schwierig festzustellen, wie ich mich als Christ von anderen Landwirten unterscheide. Manchmal werden diese Unterschiede aber doch sichtbar. Kürzlich erst war ein Förster bei mir, welcher mich für die Holzqualität eines Waldteiles bemitleidete. Der Holzpreis wurde dem Aufwand niemals gerecht. Nachdem wir eine Weile miteinander geredet hatte, brachte er seine Verwunderung über meine positive Haltung zum Ausdruck. Für ihn war es aussergewöhnlich, dass ein Landwirt eine derart positive und dankbare Grundhaltung haben kann, wenn doch der Ertrag für die geleistete Arbeit so tief ist. Da merkte ich, wie sich mein Herz doch verändert hat. Ich versuche, nicht mehr die Probleme, sondern einen Gott zu sehen, der mich trotz diesen Herausforderungen immer segnet und versorgt.
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Datum: 14.05.2022
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet