Darf man als Christ Schauspieler sein?
Vom Theater war Jessica Büchi (23) aus Rapperswil schon immer begeistert. Sie mochte um die zwölf Jahre alt gewesen sein, als sie ihren Traum konkret formulierte: «Ich will Schauspielerin werden!»
Doch um sich als Schauspielerin durchzusetzen, braucht es viel Talent, harte Arbeit und Glück. Denn die Konkurrenz schläft nicht.
Der Kampf mit der Bühne
Trotz ihrer Faszination fürs Theater blieb die introvertierte Jessica oft zurückhaltend. «Ich rannte nie auf die Bühne und hatte immer etwas Angst, vor Leuten zu stehen.»
In der Jugendtheatergruppe der Kirche Prisma machte Jessica erste Erfahrungen, später half sie in der «Kompass Kirche» beim Aufbau einer solchen Gruppe mit. «Ich stehe hier, weil es Leute gab, die mir die Chance gegeben haben und an mich geglaubt haben.»
2018 begann sie eine vierjährige Teilzeit Ausbildung bei der Musical and Theatre School (SAMTS). Dort kämpfte sie mehr und mehr mit dem Suchen nach Anerkennung, und es ging ihr immer mehr darum, dass Leute ihr auf die Schulter klopften. «Es ging in eine Richtung, die für mich ungesund war. Die Schule wurde für mich zu einem Gott.» Und da merkte sie, dass die Schauspielerei sie in der Tiefe ihres Seins nicht befriedigen kann – egal wie gross ihre Leidenschaft dafür ist. «Man kann das Herz an viele Dinge hängen, aber nur bei Gott finden wir langfristig Befriedigung.»
Die Frage nach Gott
«Schon als Kind war es mir immer wichtig, dass Gott im Zentrum meines Lebens steht.» Jessica will sich in allem an Gott ausrichten. «Ich glaube, dass der Mensch geschaffen wurde, um kreativ tätig zu sein», ist Jessica überzeugt und möchte diese Kreativität in der Schauspielerei ausleben und auf diese Weise Gott dienen. In der Folge fühlte sie sich schlecht, als sie bemerkte, dass sie vor allem vom Applaus angetrieben war. «Die Bühne macht etwas mit einem Menschen.»
Die inneren Spannungen wurden immer grösser, und so entschied Jessica, ihre Ausbildung zu unterbrechen und einen Einsatz auf einem christlichen Schiff zu machen. Dadurch erhoffte sie, einen klaren Kopf zu kriegen. Wegen Corona konnte der Einsatz nicht stattfinden, und sie machte stattdessen die christliche Leiterschule ACTS in Thun. «Bis dahin hatte ich immer geglaubt, dass ein guter Christ Pastor oder Missionar wird.» So brauchte Jessica Zeit, um sich tieferen Fragen zu stellen. Sollte sie wirklich die Laufbahn als Schauspielerin weiterführen? «In dieser Zeit ordnete ich meine Prioritäten neu und fühlte mich schliesslich ermutigt, die Ausbildung bei SAMTS fortzufahren.»
Sie kam zur Überzeugung, dass ein Christ durchaus Schauspieler sein kann. «Es geht vielmehr darum, welche Art von Schauspieler man ist.» Wo ist unser Herz? Und wofür setzen wir die Gabe des Schauspiels ein? Dort ist sie jetzt und arbeitet parallel dazu 60 Prozent im Detailhandel. Daneben bleibt noch etwas Zeit für Projekte auf der Bühne, als Regisseurin oder bei Filmprojekten.
Das Ziel: Schauspielerei zum Beruf machen
Jessica träumt davon, einmal von der Schauspielerei leben zu können, doch der Weg dahin ist hart und lang. «Als Schauspieler und besonders als Schauspielerin ist die Konkurrenz riesig. Neben Talent und harter Arbeit braucht es zu einem erfolgreichen Bestehen im Markt auch viel Vitamin B.»
Inzwischen sieht Jessicas schon etwas klarer: Projekte, welche Werte vermitteln, die mit ihrem Glauben nicht vereinbar sind, will sie ablehnen. Sie ist sich bewusst, dass dies nicht immer sehr einfach sein wird und dass sie sich damit auch Karrieremöglichkeiten verbauen kann. Zudem kann eine Absage bei lukrativen Projekten schmerzhaft sein. Eine Darstellung von Gewalt oder Sex zu reiner Unterhaltung zu drehen, kommt für sie jedoch nicht in Frage. Natürlich gibt es Filme und Theater, die gute Werte vermitteln und trotzdem Gewalt und Sex thematisieren. Grundsätzlich sucht Jessica vor einem Engagement immer Gottes Zustimmung und ist sich bewusst, auf dessen Hilfe angewiesen zu sein.
Jessica ist überzeugt, dass Gott sie gut führen wird. Ob dies nun als Schauspielerin oder auch in einem anderen Beruf sein wird. Auf jeden Fall will sie in Gottes Plänen leben. «Ich bin fest davon überzeugt, dass dies der einzige Weg ist, wahrhaftig glücklich und zufrieden zu sein.»
Die Bedeutung von Theater und Kunst – auch für die Kirche
«Ich bin davon überzeugt, dass Theater und auch andere Kunstformen Menschen auf einer tieferen Ebene erreichen und berühren können. Auch in der Bibel hat die 'Kunst' einen grossen Bestandteil.» Jessica bezeichnet Gott selbst als den grössten Künstler überhaupt.
«Ich sehe es als Aufgabe von Künstlern, Menschen einen Spiegel vor Augen zu halten. Und das Theater bietet gerade Kirchen eine grossartige Form, um das Evangelium auf eine Weise zu vermitteln, die vielschichtig ist und Narrenfreiheit geniesst.» Jessica glaubt, dass die Botschaft Gottes heute auf unterschiedliche Weise vermittelt werden sollte. Theater und Film sollten da unbedingt dazugehören.
Jessica ist sich der Versuchung bewusst, als Künstler nur noch aus der Motivation heraus zu wirken, Ansehen zu erlangen oder eine grosse Show zu produzieren. «Es ist erschreckend, wie viele junge Menschen danach streben, berühmt und bewundert zu sein.» Auch wenn Jessica Applaus und Erfolg liebt, soll dies nie ihr Antrieb sein. Vielmehr sieht sie ihr Wirken als Dienst für Gott und Menschen. «Heute weiss ich, dass es nicht in erster Linie darum geht, was wir tun, sondern mit welcher Herzenshaltung.»
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Jessica Büchi
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Datum: 18.07.2022
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet