Petition "Gerechtigkeit im Klimawandel"

«Der Klimawandel wird zu mehr hungernden Menschen führen»

Mit der Petition "Gerechtigkeit im Klimawandel" verlangen kirchliche Hilfswerke vom Bundesrat, dass sich die Schweiz verstärkt für den Klimaschutz einsetzt und dabei das Recht auf Entwicklung der armen Länder berücksichtigt. Fastenopfer-Direktor Antonion Hautle ruft im Interview mit der Presseagentur Kipa zu verantwortlichem Handeln auf. Im Klimabereich dürfe es nicht wie in der Finanzwelt zu einer Katastrophe kommen.
Antonio Hautle
Hungersnot

Kipa: Der neue US-Präsident Barak Obama schreibt auf sein Banner "Change". Erwarten Sie sich auch einen "Wechsel" im weltweiten Kampf gegen die Klimaerwärmung?
Antonio Hautle:
Wir gehen davon aus, dass Obama gegenüber Klimafragen offener sein wird als sein Vorgänger Georges W. Bush. Wir müssen aber auch realistisch sein. Obama ist innenpolitisch so eingebunden, dass sein Handeln eingeschränkt sein wird. Wir sind jedoch optimistisch, dass es zu Verbesserungen kommen wird. Sehr hohe Erwartungen haben wir aber nicht. Es braucht weiterhin den internationalen Druck, um die USA zu höheren Reduktionszielen gemäss dem Kyoto-Protokoll zu bewegen, also auch der Reduktion der CO2-Gase.

In der Schweiz verlangen Hilfswerke und entwicklungspolitische Organisationen, dass die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts gehoben wird. Das Parlament diskutiert lediglich ein Ziel von 0,5 Prozent. Das ist aber ein schlechter Anfang, um die angestrebten Ziele zur Verbesserung der Situation auf unserem Planeten zu erreichen…
Ja und nein. Es hängt nicht nur am Geld. Die Schweiz hat diese 0,7 Prozent versprochen, politisch aber noch nicht umgesetzt. Wir sind insofern optimistisch, als die Entwicklungszusammenarbeit nicht gekürzt wurde und jetzt 0,5 Prozent im Parlament ernsthaft diskutiert wird. Das war vor einem Jahr noch überhaupt nicht sicher.

Wichtig ist, dass die Entwicklungszusammenarbeit nicht zugunsten der Klimaverbesserung gekürzt wird. Es dürfen keine Entwicklungshilfegelder abgezweigt werden, um die Klimasituation zu verbessern. Es braucht zusätzliche Anstrengungen wirtschaftlicher, politischer und auch finanzieller Art, um die Klimafrage in den Griff zu bekommen. Bei dieser geht es nicht primär um die Entwicklung des Südens, sondern um das globale klimatische Gleichgewicht, das alle betrifft.

Woher das Geld nehmen für die Verbesserung des Weltklimas angesichts der weltweiten Finanzkrise?
Wenn die Schweiz 86 Milliarden Franken für die Rettung einer Bank aufbringen kann, dann geht die Frage an die Politiker: Wie steht es mit der Stabilität des Weltsystems? Ob wir wollen oder nicht: Wenn der Klimawandel sich beschleunigt – und er wird sich rasant beschleunigen, wenn wir nichts tun –, wird er extreme Kosten verursachen. Massnahmen wie der Bau von Dämmen und Flussverbauungen auch in den Industrieländern werden Milliarden verschlingen. In der Dritten Welt wird es zu derart katastrophalen Situationen kommen, dass die Migration noch beschleunigt wird.

Wir haben alle ein Interesse daran, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Wichtig ist, dass wir nicht nur die Finanzkrise im Auge haben, sondern auch den globalen Blick für die anliegenden Fragen bewahren. Alles hängt zusammen. Die durch unverantwortliches Handeln verschiedener Bank-Manager und Politiker verursachte US-Immobilienkrise hat zur Finanzkrise geführt. Das Gleiche darf nicht im Bereich des Klimaschutzes geschehen. Der Zustand des Klimas wirkt sich auf die soziale und wirtschaftliche Weltpolitik aus.

Die Weltkarte, welche die Hilfswerke zur Kampagne "Gerechtigkeit im Klimawandel" benützen, stellt die Kontinente verzerrt dar. Warum?
Wir wollen mit diesem Bild Aufmerksamkeit erregen. Die Kontinente sind unwirklich dargestellt. Es sagt aber ganz klar aus: Die Gase, welche das Klima verändern, werden an jenen Orten produziert, die gross dargestellt sind, also in Australien, Nordamerika, Europa und zum Teil in Asien. Die übrigen Kontinente haben sehr viel tiefere Emissionen. Die Verantwortung für die Klimaveränderung liegt also hauptsächlich im Norden. Die Kosten tragen aber vor allem die Länder des Südens, die zum Teil ungeschützt von Umweltkatastrophen getroffen werden. Darum sind diese Kontinente eng geschnürt.

Ist es nicht etwas viel Arbeit, wenn sich das Fastenopfer neben all seinem sozialen und kirchlichen Engagement nun auch noch im politischen Kampf gegen den Klimawandel einsetzt?
Wir Kirchen setzen uns für diese Petition und für die Frage des Klimawandels ein – nicht weil wir als Umweltorganisationen agieren wollen, sondern um auf den Zusammenhang mit dem Recht auf Nahrung hinzuweisen. Dieses Recht ist ein wichtiger Bestandteil unserer Fastenkampagne. Der Klimawandel wird zu mehr hungernden Menschen führen. Als kirchliche Werke setzen wir uns im Sinn der katholischen und christlichen Soziallehre für die Menschenwürde und das globale Gemeinwohl ein, weil der Mensch nach dem Abbild Gottes geschaffen ist. Das ist der Hintergrund und die Motivation für die Arbeit, die wir im Zusammenhang mit dem Weltklima tun.

Artikel zum Thema: Hilfswerke starten Petition "Gerechtigkeit im Klimawandel"

Datum: 07.11.2008
Autor: Georges Scherrer
Quelle: Kipa

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