unge Menschen in schwierigen Lebenssituationen sollen im Kloster St. Maria der Engel in Wattwil die Chance für einen Neustart erhalten. Im ehemaligen Kloster soll eine "Fazenda da Esperança" entstehen. Diese soll von einer Schwesterngemeinschaft begleitet werden. Zwei Gemeinschaften signalisieren Interesse, schreibt die Kommunikationsstelle des Bistums St. Gallen.
Die ehemaligen Kapuzinerinnen des Klosters St. Maria der Engel, der St. Galler Bischof Markus Büchel sowie eine Arbeitsgruppe des Bistums und des katholischen Konfessionsteils sehen das Projekt Fazenda als beste Möglichkeit für die Zukunft des «Chlöschterli». Im Oktober war das Kapuzinerinnenkloster wegen Nachwuchsmangel geschlossen worden.
Die «Fazenda da Esperança» ist eine Wohngemeinschaft in der rund ein Dutzend Jugendliche in schwieriger Lebenssituation leben und von Fachleuten begleitet werden. Das Konzept, das aus Südamerika stammt, baut auf den drei Pfeilern Leben in Gemeinschaft, Spiritualität und Arbeit auf. Die Jugendlichen haben meist Suchterfahrungen. Dazu gehören Drogen, Alkohol, Spielsucht und auch Essstörungen. Nur wer «clean» ist, wird aufgenommen.
Strenge Regeln
Die erste Fazenda da Esperança (Hof der Hoffnung) gründeten Christen 1983 in Brasilien. Es gelten strenge Regeln. Wer den Hof unerlaubt verlässt, mangelnde Mitarbeit und Kooperation zeigt oder Drogen konsumiert, muss mit Ausschluss rechnen. Die Abstinenz der WG-Mitglieder, «Rekuperanten» genannt, wird gemäss Konzept vor allem durch das Gemeinschaftsleben gesichert. Gebetszeiten, Gottesdienste und Gruppengespräche unterstützen das Zusammenleben.
Die «Rekuperanten» arbeiten für ihren Lebensunterhalt. In Wattwil werden sie Klosteranlage und Garten pflegen und einen Gästebereich führen. Mit verschiedenen Anbietern von Kursen und Exerzitien laufen Abklärungen für eine Zusammenarbeit, schreibt das Bistum. Zudem sollen Tiere gehalten werden. Geplant ist auch Weideland und Wald zu bewirtschaften.
Die interessierten Ordensgemeinschaften möchten das Kloster neu beleben, wenn die Bewohner der Fazenda sie im Unterhalt der Anlage unterstützen. Fazenda und Schwesterngemeinschaften ergänzten sich gut in der Arbeit und im spirituellen Leben. Das zeigten die Erfahrungen in den bereits bestehenden Fazendas, betont das Bistum.
Trägerverein vor der Gründung
Der Pflegefachmann und Ingenieur Jan Colruyt soll dem Fazenda-Leitungsteam als Geschäftsführer zur Seite stehen, teilt das Bistum weiter mit. Ein Priester aus der Diözese will als geistlicher Begleiter wirken.
Die Trägerschaft des Klosters hat der Fazenda die unentgeltliche Nutzung des Pachthofes zugesagt; dasselbe würde für die Schwestern bezüglich des Klosters gelten. Im Sommer soll ein Trägerverein «Fazenda da Esperança Schweiz» gegründet werden. Über Stiftungen und Gönner seien nötige Investitionen sowie die ersten Betriebsjahre bereits gesichert. Für die Gemeinde oder den Kanton entstehen für den Unterhalt der Klosteranlage ausser den Beiträgen der Denkmalpflege keine Kosten.
Die übliche Aufenthaltsdauer der «Rekuperanten» beträgt ein Jahr. Allfällige Sozialleistungen muss für die Frist von zwei Jahren die Ursprungsgemeinde oder der Ursprungskanton der WG-Bewohner erstatten. So sollten für Wattwil keine zusätzlichen Sozialkosten entstehen.
Kapuzinerinnen zufrieden
Bereits vor ihrem Auszug im Herbst 2010 hatten die Kapuzinerinnen von St. Maria der Engel eine Weiternutzung und Wiederbelebung des «Chlöschterli» durch eine Fazenda da Esperança gewünscht, da diese dem Sinn der Kapuzinerinnen und Kapuziner und dem Armutsideal des Heiligen Franziskus entspreche.
Fazenda da Esperança
Der Franziskanerpater Hans Stapel aus Deutschland hat vor 28 Jahren mit einer Handvoll junger Leute in Brasilien die erste Fazenda da Esperança gegründet. Daraus hat sich die «Familie der Hoffnung» entwickelt. Diese ist am 24. Mai 2010 in Rom vom Laienrat des Vatikans als «internationale private Gemeinschaft von Gläubigen» der katholischen Kirche anerkannt worden.
Hinweis:
Am Montag, 20. Juni 2011, sind alle Interessierten zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Engagierte ehrenamtliche Helfer aus der Region sowie Verantwortliche der Fazenda und Betroffene aus Deutschland werden sich den Fragen der Wattwiler Bevölkerung stellen.
Zum Thema:
Fazenda da Esperança Deutschland
Aktive Kapuzinerinnen-Kloster in der Schweiz mit Webseite:
Kloster Leiden Christi, Jakobsbad/Gonten
Kloster Namen Jesu, Solothurn
Kloster St. Klara, Stans
Kloster St.Ottilia, Grimmenstein, Walzenhausen
Datum: 04.06.2011
Quelle: Kipa