Konkurrenz für die Bibel
Mit hohem Anspruch hat vor drei Jahren Suhrkamp den Verlag der Weltreligionen lanciert. Ein Viertel der bisher erschienenen 70 Bände bringt Klassisches aus süd- und ostasiatischen Religionen zu Gehör; andere umkreisen das Zu- und Gegeneinander der drei Ein-Gott-Religionen. Für Normalverbraucher stehen jedoch nicht Rig-Veda und Kabbala, sondern alltagsbezogene spirituelle Themen im Vordergrund. „Trau deiner Kraft. Mutig durch Krisen gehen“ heisst ein Band von Anselm Grün. Von seinem Starautor hat der Vier-Türme-Verlag der Münsterschwarzacher Benediktiner über 65 Titel im Angebot; dazu kommen bereits 29 Hörbücher.
Geschärftes Profil
Der Nachfrage nach Literatur zur Lebensbewältigung entsprechen auch evangelische Verlage. Sie können sich unter den 7‘539 Ausstellern durchaus sehen lassen. Die im Jahr 2000 gegründete Verlagsgruppe der Stiftung Christliche Medien (SCM) umfasst den Bundes-Verlag mit seinen Zeitschriften, R. Brockhaus, den ERF-Verlag und Hänssler. Im September wurde der traditionsreiche Johannis-Verlag (Lahr) übernommen, ein Zeichen für die anhaltende Flurbereinigung. Im jüngsten Ranking der grössten Verlage im deutschen Sprachraum steht SCM auf Platz 77. Unter dem SCM-Dach werden die Profile der einzelnen Verlage laut der Pressebeauftragten Annegret Rüdiger geschärft und Doppelungen abgebaut.
…und die Bibel?
Rüdiger bestätigt, dass neuere Versionen wie die „Neues Leben Bibel“ stark nachgefragt werden; die Bibel mit Erklärungen sei für Leserinnen und Leser mit weniger Hintergrundwissen gedacht. „Der Leser, der etwas Alltagsnahes will, wird eher zur ‚Begegnung fürs Leben‘ greifen – oder er sagt, er will es ganz genau wissen, und wählt die Elberfelder mit Erläuterungen aus.“ Die gut eingeführte Elberfelder Studienbibel hat neu Bildtafeln mit 230 Bildern von den wichtigsten archäologischen Funden, kommentiert vom Israel-Spezialisten Alexander Schick.
Die Volxbibel für junge, kirchenferne Leute, die bei ihrem ersten Erscheinen Ende 2005 polarisierte, bietet nun in drei Bänden alle Bücher der Bibel. Das Neue Testament liegt als Version 3.0 vor, da der Text im Internet laufend überarbeitet wird; User schlagen Wendungen vor, wie sie Jugendliche heute brauchen. Die Empörung über die saloppen Wendungen der Volxbibel sei inzwischen verebbt, sagt Annegret Rüdiger; „viele lesen sie, wenn sie die Bibel mal ganz anders hören wollen.“
Näher an die (junge) Basis
Der Klassiker der deutschen Bibeln, die Luther-Bibel, ist bei der Deutschen Bibelgesellschaft in Dutzenden Ausgaben zu haben, bebildert und kommentiert, als Jahresbibel und auf Scheiben für den PC. Die Quadro-Bibel bietet in der Version 5.0 fünf Übersetzungen, zwei Lexika und den biblischen Wortschatz (99 Euro, 164 Franken). Auch die Bibelgesellschaft versucht dem Traditionsabbruch zu begegnen: Für Einsteiger und die kirchliche Jugendarbeit erstellt sie als neue Übersetzung die BasisBibel. Das Neue Testament liegt vor. Die BasisBibel ist als Software, Taschenbuch, online und als MP3-Hörversion zu haben. Auch Begriffe wie Ölbaum werden neben dem Text erklärt. Der Brunnen-Verlag kleidet seine revidierte „Hoffnung für alle“ in Covers, die Männer ansprechen sollen.
Bibel pur aus der Schweiz
Die Neue Genfer Übersetzung, die auf Texttreue und Verständlichkeit setzt, ist nicht nur als handlicher Band im unverwechselbaren Moleskine-Design, sondern auf CD-ROM mit Suchprogramm zu haben; auf das AT müssen die Leser noch warten. Der Theologische Verlag Zürich stellt in Frankfurt die Ausgaben seiner Zürcher Bibel, namentlich die 2009 erschienene zweispaltige Ausgabe, die den Bibeltext pur bietet (ohne Einführungen und Glossar). Fast ein Drittel der bisher verkauften 90‘000 Exemplare fanden in Deutschland Absatz.
Buddhismus und Islam
Unweit der Stände mit Evangelium, christlicher Spiritualität und Theologie finden sich in der Halle 3.1 jene mit Esoterik und Buddhismus. Die Deutsche Buddhistische Union e.V. führt in einem Taschenkatalog gegen 30 Verlage und Editionen auf. In der Halle 6.0 reihen sich die Stände islamischer Anbieter aneinander: arabische Staaten und die Türkei, ihre Kulturinstitute und Verlage. Prominent sind Prachtsausgaben des Koran ausgestellt, des Buchs, das Muslime rund um den Erdball auswendig lernen und rezitieren. Die Stände sind ein Fenster in eine abgeschirmte Welt; ins Arabische werden nur wenige Titel der globalen Buchproduktion übersetzt.
Website der Buchmesse
Datum: 13.10.2010
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch