Kompromisslos Jesus folgen – was heisst das?
Mir fehlen die richtigen Worte, um zu beschreiben, was Jesus unter anderem gemacht hat: Er hat Menschen gerufen, ihm zu folgen und dafür alles andere zu verlassen. Klar, Jesus war ein jüdischer Rabbi, ein Lehrer, ein Meister. Und als solcher hatte er seine Schüler, seine «Jünger». Damit war er nicht der einzige, das taten auch andere. So weit, so gut. Allerdings deuten genau diese Begriffe (Lehrer/Schüler; Meister/Jünger) nur schwach an, was es wirklich bedeutete, Jesus zu folgen: Petrus und andere Fischer verliessen ihre Familien und ihren Betrieb; der Zöllner Levi verliess seine Arbeit und damit seinen guten Verdienst; Simon, der Zelot, verliess seinen Befreiungskampf gegen die Römer, für den er vorher geeifert hatte. Sie alle setzten gleichsam alles auf eine Karte: Jesus.
Es geht um alles
Wir brauchen uns das nicht so vorzustellen, als sei dies bei der ersten Begegnung mit Jesus geschehen. Es gibt Hinweise, dass sie Jesus schon vorher kennengelernt oder von ihm gehört hatten. Aber dann ging es um alles, da lassen die Berichte der Evangelien keine Zweifel offen. Die Jünger verliessen alles, was sie hatten. Sie liessen sich gewinnen für Jesus und das Reich Gottes – schlicht und einfach. Ohne Kompromisse.
Damit begann für sie eine Zeit des Lernens, des Zuhörens, der Infragestellung, der neuen Erkenntnis, der Wandlung, der Neuorientierung. Das Leben und die Botschaft von Jesus waren geprägt vom Reich Gottes, der dynamisch anbrechenden Herrschaft von Gott, den Jesus seinen Vater nannte. Zwar konnten die Jünger anknüpfen an der jüdischen Tradition von Gott, dem Schöpfer und Erlöser. Und doch definierte Jesus ganz vieles neu und anders, als sie es gewohnt waren.
Nicht zuletzt ging es dabei auch um die Frage nach der Person von Jesus. War er einfach ein spezieller Lehrer, sogar ein Prophet, oder noch mehr? Petrus erkannte und bekannte als erster: Jesus ist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes. Die Jünger folgten somit nicht einer guten Idee, einer grossen Vision, einem weisen Lehrer, sondern jemandem, der sich als der versprochene Messias und König verstand. Als göttlicher Gesandter, durch den Gottes gute und barmherzige Herrschaft zum Durchbruch kam.
Tun, was Jesus tat
Damit nicht genug: Die Jünger wurden von Jesus darauf vorbereitet, seinen Dienst weiterzuführen. Es ist schon erstaunlich, was Jesus von Anfang an in seinen Jüngern sah, welche Perspektive er für sie hatte und wohin er sie dann auch führte. Am Anfang machte und lehrte Jesus alles, während die Jünger zusahen und -hörten. Mit der Zeit wurden sie immer stärker miteinbezogen, begannen selbst zu heilen und zu lehren, immer in Begleitung von Jesus. So wurden diese gewöhnlichen Menschen gefördert und befähigt, das zu tun und zu lehren, was Jesus getan und gelehrt hatte.
Nach seinem Tod gab Jesus schliesslich als Auferstandener seinen Jüngern den Auftrag, Menschen aus allen Völkern in seine Nachfolge zu rufen – durch Hingehen, Taufen und Lehren. Das haben die Jünger dann tatsächlich getan: In der Kraft des Heiligen Geistes machten sie sich auf den Weg und riefen Menschen zum Glauben an Jesus, den Messias, König und Herrn – und damit in seine Nachfolge. Sie tauften sie und lehrten sie alles zu halten, was Jesus ihnen gesagt hatte.
Und wir heute?
Es ist kein Zufall, dass die Geschichten von Jesus aufgeschrieben wurden und uns bis heute faszinieren. Auch wir sollen Lernende, Schüler, Jünger von Jesus werden und sein. Auch wir sollen alles verlassen und dem Messias folgen. Auch wir sollen ihn beobachten und von ihm lernen. Auch wir sollen ihn repräsentieren und uns davon leiten lassen, was er getan hat und wie er es getan hat. Auch wir sollen uns von ihm senden lassen.
Das bedeutet, dass auch wir andere Menschen einladen. Wir versuchen, sie für Jesus und sein Reich zu gewinnen. Dann festigen wir sie in ihrer neuen Identität als Kinder des himmlischen Vaters. Wir trainieren sie darin, Jesus und dem Reich Gottes entsprechend zu leben. Und wir senden sie wieder aus, um weitere Menschen in die Nachfolge von Jesus und in sein Reich zu rufen.
Dabei halten wir fest: Es gibt nur einen wirklichen Lehrer, Meister, Messias, König: Jesus, der gestorben und auferstanden ist. Menschen werden nicht unsere Jünger, sondern seine. Das schützt uns vor Manipulation und falschen Machtansprüchen. Dennoch wollen wir Vorbilder sein, damit Menschen von uns lernen können, Jesus zu folgen.
Wem folgst du?
Ich weiss, es ist herausfordernd, in unserer individualistischen Zeit «ich folge Jesus» zu sagen. Noch herausfordernder ist es zu behaupten, dass dieser Jesus zu jedem Menschen sagt: «Folge mir nach!» Doch alle Menschen müssen sich der Frage stellen, wem oder was sie folgen. Auch wer keine Antwort weiss oder sich nicht festlegen will, folgt doch jemandem oder etwas. Der Mensch kann sich nicht an sich selbst orientieren, wie wichtig er sich auch nimmt.
Ich habe den Ruf von Jesus «Folge mir nach!» gehört, und ich habe mich entschieden, ihm zu folgen. Deshalb lade ich auch andere Menschen dazu ein. Wenn sie das möchten, unterstütze ich sie gerne darin. Das verstehe ich darunter, ein Jünger von Jesus zu sein: ihm selbst zu folgen und anderen zu helfen, ihm zu folgen. Lasst uns das gemeinsam tun: Wir folgen Jesus und helfen anderen, ihm zu folgen.
Thomas Eggenberg ist Präsident des Gemeindeverbands BewegungPlus Schweiz; t.eggenberg@bewegungplus.ch
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Datum: 02.01.2021
Autor: Thomas Eggenberg
Quelle: BewegungPlus online