Prominente in den Medien

Schadenfreude oder Vergebungskultur?

«Häme regiert die Welt und auch Journalisten werden von ihr angetrieben. Deshalb behandeln sie Prominente oft unfair.» Dies unterstrich der katholische Theologe und Journalist Alexander Görlach vor Kurzem bei der Tagung des Netzwerks «Publicon» in Kassel, zu der sich christliche Medienschaffende trafen. Ein Kommentar von Hauke Burgarth.
Alexander Görlach findet: Journalisten sind Mittäter
Redaktor Hauke Burgarth

Der «European»-Chefredakteur Alexander Görlach nennt dabei laut dem christlichen Medienmagazin «Pro» Beispiele von Prominenten, über deren Scheitern in den Medien ausgiebig berichtet wurde – wenn man es nicht sogar zelebriert hat. Dazu gehören Bundespräsident a.D. Christian Wulff, Ex-Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst oder der ehemalige Bayern-München-Präsidenten Uli Hoene.

Neid auf «die da oben»?

Als einen wichtigen Grund für die überbordende Berichterstattung über solche Fälle von scheiternden Promis nennt Görlach den Neid auf «die da oben». Prominente stünden durch aussergewöhnliche Lebenswege über der Mittelschicht, zu der die allermeisten Journalisten zählten. So bestimme diese oft Sozialneid und es bereite ihnen «grosse Befriedigung, diesen Menschen beim Scheitern zuzugucken».

Die Frage der Mitschuld

Görlach fragt hier nach der Mitschuld von Gesellschaft und Medien. Er unterstreicht, dass wir es sind, die Politiker gewählt haben und Musiker reich machen. Prominent sind sie durch uns. Und das Zusehen, wie sich diese Menschen im Rampenlicht machen, bezeichnet er als «unsere Form von Brot und Spiele». Am Beispiel des als prunksüchtig verschrienen Bischofs Tebartz-van Elst macht er seine Meinung deutlich: «Wir sind Mittäter.» Dabei bezieht er sich sowohl auf die berichtenden Journalisten als auch auf die Leser und Zuschauer ihrer Berichte. Sein Fazit ist, Häme und Sozialneid keinen Raum zu geben. «Was uns allesamt gut tut, ist, nicht zu moralisieren», hält er fest.

Kritik muss möglich bleiben

Den verantwortungsbewussten und selbstkritischen Umgang mit Kritik mahnt Görlach sicher zu recht an. Allerdings ist dieser Grat schmal. Denn es ist nur eine Seite der Medaille, jemanden medial vorzuverurteilen oder mein Gefühl zum Massstab zu machen, dass er oder sie «sowieso zu viel verdient». Die andere Seite ist ein falsches Verständnis von Mitschuld. Manchmal sind wir in der Tat mit dafür verantwortlich, dass Menschen zu Prominenten werden. Das darf sie nicht zu Sündenböcken für moralisierende Zeitgenossen machen. Aber es macht uns auch nicht automatisch zu Mitschuldigen ihrer ungerechten, falschen oder gar kriminellen Handlungen. Manchmal ist es eben nicht Sozialneid, sondern Verantwortungsbewusstsein, wenn man einen 50'000-Euro-teuren Adventskranzaufzug in einem 31 Millionen Euro teuren bischöflichen Wohn- und Bürohaus kritisiert.

Das Ziel darf nicht Demontage sein

Wichtiger als die Frage nach der Kritik empfinde ich allerdings das Ziel, mit dem sie geschieht. In der Bibel wird Schuld immer wieder – und meist sehr direkt – beim Namen genannt. Doch dahinter steckt nie die Idee, einen Schuldigen zu «zerstören», ihn zu demontieren, mich auf seine Kosten besser darzustellen. Vielmehr geht es Gott darum, demjenigen, der schuldig geworden ist, einen Neuanfang zu ermöglichen.

«Das Internet vergisst nichts.» Diese Wahrheit wird zur ultimativen Waffe, nicht nur gegen Prominente, wenn wir ihr nicht mit einer neuen Vergebungskultur eine konstruktive Fortsetzung geben.

Datum: 25.02.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / PRO

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