«Wir sind wieder da»

Die evangelischen Christen in Syrien machen sich auf

Mit der Parole «Wir sind wieder da» hoffen Syriens evangelische Christen auf ein baldiges Ende des acht Jahre wütenden Bürgerkriegs. Sie wollen helfen – und sie brauchen Hilfe.
Evangelischer Kindergottesdienst in der syrischen Küstenstadt Latakia

Ihr Optimismus gründet in der schon bewiesenen Hilfe von Glaubensgeschwistern aus aller Welt beim Wiederaufbau in ihren Gemeinden und bei deren Reorganisation. Eine weitere Quelle für Kraft und Zuversicht stellt die im Nahen Osten einmalige Bedeutung der evangelischen Christen in Syrien dar.

Nur in Syrien bilden die Evangelischen nicht wie im sonstigen Orient das Schlusslicht einer vielgefächerten Kirchenpalette. Sie liegen im heutigen syrischen Staat noch vor den römischen und chaldäischen Katholiken.

Ausgeharrt mitten im Terror

In Damaskus gibt es eine auch im Bürgerkrieg weiter aktive Gemeinde der «Evangelischen Nationalsynode». Weitere evangelische Zentren waren die nun fast völlig zerstörten Städte Homs und Aleppo. An Ort und Stelle haben inmitten von Kriegsgräueln und Unterdrückung die Presbyterianer von Hama und Umgebung – auch in der heute letzten Krisenregion von Idlib – ausgeharrt. In der immer vom Assad-Regime kontrollierten Küstenebene zwischen Lattakia und Tartus blieben die Gemeinden intakt. Ebenso jene östlich vom Euphrat im Selbstverwaltungsgebiet der syrischen Kurden. Sie leiden aber Not, denn sie haben Flüchtlinge aus Aleppo und Homs zu beherbergen und zu ernähren.

Bedeutung im Bildungswesen

Die Gesamtzahl der nach den Jahren von Bürgerkrieg noch in Syrien lebenden «Protestanten» wird von der 2018 in Paris veröffentlichten Dokumentation «Chrétiens d'Orient» mit 20-30’000 angegeben. Das sind nicht allzu viele, doch ihre Bedeutung in der syrischen Zeitgeschichte und für das Bildungswesen des Landes ist umso grösser.

Der Gründungsvater des modernen Syriens, Faris al-Churi (1877-1962), war nicht etwa Muslim oder arabisch-orthodoxer Christ, sondern Presbyterianer. 1923 eröffnete er in Damaskus die erste Universität des Landes und nahm 1925 an der Spitze der «Volkspartei» den Kampf gegen die französische Kolonialmacht auf. Churi war dann erster Ministerpräsident des freien Syrien im Unabhängigkeitsjahr 1944/45. Er vollzog den Beitritt von Damaskus zu den Vereinigten Nationen, war dann auch in den 1950er Jahren mehrmals Regierungschef oder Parlamentspräsident. Sein Ansehen in allen politischen und religiösen Lagern – die radikalen Islamisten ausgenommen – trägt bis heute zur allgemeinen Wertschätzung der kleinen evangelischen Bevölkerung in Syrien bei.

Das kirchliche Schulwesen war eine von Churis besonderen Aktivitäten. Heute ist dessen Reaktivierung ein Hauptanliegen der syrischen Evangelischen. Dazu kommen der Wiederaufbau von Kirchen und Gemeindezentren sowie die materielle Versorgung und Arbeitsbeschaffung für ihre Mitglieder und die gesamte andersgläubige Nachbarschaft.

Syriens Christen brauchen Hilfe zum Wiederaufbau

«Zerstörte Häuser kann man wieder aufbauen, zerstörte Seelen brauchen viel mehr Zeit und Zuwendung zum Heilen», sagt Pfarrer Mofid Karadschili von der «Evangelischen Nationalsynode in Syrien und Libanon» (NESSL). Ihr gehörten bis in den Bürgerkrieg hinein 40 Gemeinden an, jene in Homs hat Pastor Mofid bis zu ihrem Untergang betreut.

Jetzt ist er beim pastoralen Wiederaufbau in Aleppo im Einsatz: «Wir brauchen vor allem Schulen. Die Jugend ist unsere Zukunft.» Beispielhaft haben junge Schweizerinnen und Schweizer ihre Konfirmandengaben für 2019 über die Protestantische Solidarität für evangelische Schulen in Syrien gespendet.

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Datum: 27.03.2019
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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