Kapstadter Verpflichtung

Mission «für den Herrn, den wir lieben»

Im Oktober 2010 trafen sich über 4000 christliche Leiter aus allen Weltteilen in Kapstadt, um über Mission zu beraten und einander zu ermutigen. Als Frucht des Missionskongresses ist nun die die Kapstadter Verpflichtung veröffentlicht worden. Das 56-seitige Dokument besteht aus zwei Teilen: einem Glaubensbekenntnis und einem Aufruf zum Handeln. Dieser ist laut Christof Sauer durch einen globalen «Zuhörprozesse» zustande gekommen.
Christof Sauer mit Literatur auf dem Lausanner Kongresss. (Foto: zVg.)

Der Kapstadter Missionswissenschaftler Christof Sauer, der an Teilen der Erklärung mitwirkte, hebt gegenüber dem Informationsdienst «Bonner Querschnitte» die Perspektive der Liebe hervor. Das Glaubensbekenntnis ist verfasst «für den Herrn, den wir lieben». Die Lausanner Bewegung hat damit laut Sauer unterstrichen, wie «das letztendliche Ziel der Mission – nämlich die Verherrlichung Gottes – angestrebt wird: nicht mit Gewalt oder Macht, sondern mit Liebe». Dies darzulegen sei notwendig, wenn Anhänger anderer Religionen und Weltanschauungen biblische Begriffe umdeuteten. «Dabei kommen im besten Fall Halbwahrheiten heraus. Diese werden dann oft dazu benutzt, um Christen zu bedrängen, ihr Zeugnis, ihre Mission, sogar diakonische oder soziale Arbeit wie auch humanitäre und Katastrophenhilfe in den Einflussgebieten anderer Religionen aufzugeben.»

Frucht eines globalen Austausches

Der zweite Teil der Erklärung, der Aufruf zum Handeln, ist laut Christof Sauer «das Ergebnis eines der umfassendsten weltweiten ‚Zuhörprozesse‘ in der Geschichte des Christentums». Sie benennt sechs wesentliche Herausforderungen für die Kirche am Anfang des 21. Jahrhunderts: «in einer pluralistischen, globalisierten Welt Zeugnis für die Wahrheit Christi abzulegen, den Frieden Christi in einer zerteilten und zerbrochenen Welt aufzurichten, die Liebe Christi unter Menschen anderen Glaubens zu leben, den Willen Christi für die Weltevangelisation zu erkennen, die Kirche wieder zu Demut, Integrität und Einfachheit aufzurufen und im Leib Christi für die Einheit in der Mission zusammenzuarbeiten.»

Grenzen weit gezogen

Der Missionswissenschaftler würdigt den «friedfertigen Ton» der Kapstadter Verpflichtung. So würden die Irrtümer der Wohlstandstheologie eindeutig verurteilt, aber ihre Wahrheitsanteile akzeptiert. Die Erklärung unterscheidet zwischen Wahrheiten, bei denen Einigkeit notwendig ist, und zweitrangigen Themen, bei denen Christen anhand der Bibel zu unterschiedlichen Erkenntnissen kommen können, z.B. die Rolle von Frauen und Männern in der Gemeindeleitung.

Leiden nicht ausgeblendet

Für Sauer, Co-Leiter des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), ist auch hoch bedeutsam, dass die Kapstadter Verpflichtung die Bedeutung von Leiden, Verfolgung und Martyrium für die Mission würdigt. Dabei sei eine frühere Einseitigkeit der stark von Nordamerikanern beeinflussten Lausanner Bewegung für Weltevangelisation überwunden worden. «In früheren Erklärungen wurden Leiden und Verfolgung im Zusammenhang mit der Mission eher als ein pragmatisches oder strategisches Thema behandelt und fanden sich nicht in den theologischen Grundlagen wieder.»

Einladen, nicht drängen

Die Kapstadter Verpflichtung unterscheidet zwischen Evangelisation und Proselytismus (negatives Abwerben von Gläubigen aus andern Konfessionen). «Evangelisation ist ein überzeugendes, rationales Argumentieren und eine freundliche, offene Einladung. Proselytismus dagegen ist unwürdig und versucht andere zu nötigen, ‚einer von uns‘ zu werden.» Damit ist die Latte für Mission hoch gelegt: Die Weitergabe des Evangeliums soll mit «Sanftmut, Respekt und einem gutem Gewissen» geschehen. «Die Verbreitung von Lügen und Karikaturen über andere Religionen werden ganz eindeutig abgelehnt und verurteilt, ebenso das Anfachen von rassistischen Vorurteilen, Hass und Angst.» Um dies für die Praxis unmissverständlich auszudeutschen, ist aber laut Christof Sauer noch mehr nötig. Die Weltallianz erarbeite daher einen Ethik-Kodex für Mission.

Glaubensfreiheit für alle

Die Kapstadter Verpflichtung fordert den Einsatz für Religionsfreiheit für alle Menschen, unabhängig von ihrer religiösen Einstellung. Davon unterschieden wird die Beurteilung ihrer Glaubensvorstellungen. Sauer bedauert indes, dass die Religionsfreiheit nicht mit der Gottesebenbildlichkeit des Menschen begründet wird. Insgesamt würdigt der Missionswissenschaftler die Abschlusserklärung des dritten Kongresses der Lausanner Bewegung als «Landkarte» fürs nächste Jahrzehnt und gehaltvolle «Zeitansage», die weltweit in den Gemeinden diskutiert werden sollte.

Datum: 02.02.2011
Quelle: Livenet.ch

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