Berufung setzt Hingabe frei
Was ist ein Dienst für Gott? Diese einfache Frage wird äusserst unterschiedlich beantwortet. Viele Christen mögen schockiert sein, wie viele dabei an ein Amt als Pastor oder Missionar denken. Die Meinung, Gott zu dienen beschränke sich auf das traditionelle Gemeindeleben, ist im Jahr 2021 noch immer verbreitet.
Zwei Pflegefachfrauen dienen Gott
Eine junge Pflegefachfrau entscheidet sich, Gott zwei Jahre in einem Missionskrankenhaus zu dienen. Ihre Freundin arbeitet weiterhin zu Hause in einem Krankenhaus. Beide beten täglich für die Patienten, sprechen bei Gelegenheit über ihren Glauben und wollen Jesus durch ihr Tun grossmachen. Eigentlich tun beide dasselbe. Sie pflegen Menschen und bringen ihnen die Liebe Gottes nahe. In ihrer Gemeinde gilt die eine aber als Missionarin, welche «ganz» im Dienst für Gott steht, während die andere einer «weltlichen Arbeit» nachgeht. Die zweite hat aber «das Vorrecht», in ihrer Freiheit etwas für Gott (d.h. in der örtlichen Gemeinde) zu tun.
Was ist das Problem?
Zugegeben, viele teilen die Sicht in obigem Beispiel nicht. Leider entspricht es aber dem Denken vieler Christen. Zutiefst im Herzen sehnt sich jeder Christ danach, Jesus zu dienen. Viele finden aber neben all ihren Verpflichtungen kaum Zeit dafür. Traurigerweise kommen sie gar nicht erst auf die Idee, Jesus genau in diesen Verpflichtungen zu dienen. Wo wir auch sind, können wir Gottes Liebe zu den Menschen tragen. Es gibt keinen «nur weltlichen» Job. Es gibt nur den Ort, wo Gott uns hingestellt hat.
Die Gemeinde muss funktionieren
«Wenn du deine Berufung noch nicht gefunden hast, sieh dich doch einfach in den verschiedenen Arbeitsbereichen unserer Gemeinde um!» So tönt es von vielen Pastoren. Tatsächlich sind gemeindliche Aktivitäten eine hervorragende Möglichkeit, um Gott zu dienen. Aber ganz ehrlich: Was das persönliche Engagement betrifft, befinden sich diese Aktivitäten meist auf dem Niveau eines Hobbies. In familiären und beruflichen Angelegenheiten ist dann normalerweise ein sehr viel grösserer Einsatz erforderlich.
Interessanterweise wachsen viele Christen gerade in Familie und Beruf am meisten in ihrem Glauben. Oft erleben sie dort auch die eindrücklichsten Gebetserhörungen. Wieso sollte ein Einsatz in Beruf und Familie kein Dienst für Gott sein? Und ist jede Tätigkeit innerhalb gemeindlichen Aktivitäten automatisch ein besserer Dienst für Jesus als das treue Dienen an einem «weltlichen Arbeitsplatz»?
Was ist eigentlich Gemeinde?
Für viele bedeutet «in die Gemeinde gehen», einen Gottesdienst oder ein Gebetstreffen zu besuchen. Als Gemeinde wird das Gebäude oder die dort durchgeführten Veranstaltungen verstanden. Jemand könnte Gemeinde auch anhand ihrer Vision oder Ausrichtung definieren. Aber Gemeinde ist mehr! Jedes Mitglied ist ein Teil von ihr. Und dies jederzeit, egal ob es im Gottesdienst sitzt oder im Geschäft schuftet. Genauso ist diese Person ein Nachfolger von Jesus. Wie es keine Pause von der Nachfolge gibt, existiert auch kein «ausserhalb der Gemeinde».
Zentral organisierte Gemeindeaktivitäten sind gut und wichtig. Sie fördern und stärken das Gemeindeleben. Aber Gemeinde ist sehr viel mehr als das! Sie ist der Leib von Jesus Christus, der jederzeit und in jedem Lebensbereich agiert.
Die Gemeinde von Jesus in Bewegung
Die Gemeinde braucht das Leben von Jesus, welches in ihr pulsiert. Jesus ist ihr Herr und Versorger. Durch den Heiligen Geist verbindet und befähigt er die einzelnen Gläubigen, einander zu dienen und Jesus in diese Welt hinauszutragen. Das ist Gemeinde in Aktion: ein gemeinsamer Einsatz in und für diese Welt. Mit diesem Verständnis sind der Pastor und der Lobpreisleiter nicht diejenigen, die Gott in besonderem Masse dienen, sondern ganz einfach Ermutiger für die Gemeinde.
Viel mehr als ein Hobby
Viele Pastoren können von einem Berufungserlebnis berichten. In der Folge hat sich die göttliche Berufung ganz tief in ihr Leben hineingeschrieben und sie stellen ihr ganzes Leben in den Dienst für ihren Herrn. Genauso verhalten sich alle Frauen und Männer, die Gottes Ruf für irgendeinen Dienst angenommen haben. Unter grösster Hingabe jagen sie diesem Ruf nach. Sie riskieren ihre Arbeitsstellen oder nehmen geschäftliche Risiken auf sich. Berufene investieren sich in einzelne Menschen oder beeinflussen grosse Mengen. Sie kämpfen für Gottes Gerechtigkeit, bringen Liebe und Heilung zu Zerbrochenen und Gescheiterten. Berufene geben ihr Leben für Gottes Sache hin und lassen sich dabei von nichts und niemandem beirren.
Ja, Dienste innerhalb des organisierten Gemeindelebens sind wichtig. Aber bitte: Begrenzen wir einen Dienst für Gott nicht auf solche Tätigkeiten, sondern strecken uns aus nach einem Gott, der Menschen in den Dienst ruft, den er längst schon für sie vorgesehen hat. So verschieden dieser Ruf auch sein mag, mit Sicherheit wird es um mehr gehen als ein Hobby!
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Datum: 08.11.2021
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet