Unkonventionelle Kirchgemeinde – das Beispiel Rohrbach
Herbert Pachmann, Redaktor bei der Reformierten Presse, hat die beiden Pfarrer Samuel Reichenbach und Alex Kurz in Rohrbach besucht und berichtet sichtlich begeistert, was er dort angetroffen hat. Insbesondere zwei Pfarrer, die sich persönlich, theologisch und spirituell gut verstehen und ein Zweierteam bilden, das offenkundig auf die weiteren Mitarbeitenden ansteckend wirkt. Diese sind nebst den Pfarrern eine Mitarbeiterin für den Bereich Kinder und Familien sowie ein Mitarbeiter für die Arbeit mit Teenagern und Jugendlichen. Dazu kommen zahlreiche Freiwillige.
Betonung auf Teamarbeit
Wöchentlich treffen sich die Mitarbeitenden zur Teamsitzung mit Lobpreis, Gebet und geistlichem Impuls. Einmal pro Monat sind auch die Kirchgemeinderäte dabei, und man isst miteinander. Nach Lobpreis und Gebet werden aktuelle Fragen besprochen. Die beiden Pfarrer betonen, dass sie kein systematisches Konzept für die Gemeindeentwicklung hätten, sondern flexibel und pragmatisch handelten. Oft schaue man zuerst, was geschieht und passe dann die Programme an. Das ergäbe dann oft «Geschichten, die Gott schreibt.» Und Samuel Reichenbach ergänzt: «Oft sind uns wichtige Entscheidungen zugefallen ... wir haben gelernt, aufmerksam für den jeweiligen Kairos zu sein.»
Postmoderne Ausrichtung
Auffällig ist für den Beobachter die postmoderne Ausrichtung der Kirchgemeinde. Sie kennt keine Arbeitsgruppen oder Chöre, die eine Verpflichtung zur langjährigen Mitarbeit erfordern. Ein Singkreis wird zweimal im Jahr zusammengestellt und dann wieder aufgelöst. Hauskreise, die in Rohrbach «Navigationsgruppen» heissen, lösen sich nach einem Jahr auf. Ebenso sind die Bibellesekreise zeitlich begrenzt. Pachmann stellt dazu fest: «Die Gottesdienste sind davon geprägt, dass da Menschen sind, die jeweils ein Jahr lang miteinander die Bibel gelesen, über den Glauben geredet oder gesungen haben.»
Ein Gottesdienst für alle
Gegen den Strom schwimmt die Kirchgemeinde Rohrbach aber, indem sie darauf verzichtet, milieugerechte Gottesdienste zu gestalten. Alex Kurz betont, man wolle «keine massgeschneiderten Wohlfühlangebote» machen. Besser sei es, wenn ganz unterschiedliche Leute miteinander feierten, auch wenn es nicht für alle stimmt. «Es darf dir höchstens zu 80% gefallen», sagt Alex Kurz.
Typisch für florierende Kirchgemeinden ist indessen die Betonung auf Wort und Verkündigung. Rohrbach kennt jährliche Predigtreihen. Die Predigten können schriftlich mitgenommen oder auf CD bestellt werden. Auf der Homepage gibt es zudem «Predigten für Ungeübte», die dazu animieren wollen, auch mal wieder einen Gottesdienst zu besuchen. Dazu kennt die Gemeinde einen Buch- und CD-Shop mit zahlreichen Eigenproduktionen. Und was den Besucher Pachmann besonders beeindruckt hat: Die Gastfreundschaft in Rohrbach. Er erlebte sie, indem er persönlich von den Pfarrern am Bahnhof abgeholt und wieder zurückbegleitet wurde.
Datum: 01.09.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / RP