Bibellese-Kampagne will Appetit auf die Bibel machen
Was steht hinter der Bibellese-Kampagne «essentiell – meine Bibel»?
Peter Brütsch: Wir wollen Menschen helfen, in ein selbstständiges Christsein hineinzuwachsen. Dahinter steht der grosse Gedanke der Jüngerschaft. Nachdem unsere letzte Kampagne vom Beten handelte, dreht sich die aktuelle um die Bibel. Das sind zwei wesentliche Elemente in der Beziehung mit Gott. Dazu kommt, dass wir regelmässig Reaktionen von Menschen erhalten, die fragen: «Wie schafft ihr es, für eure Predigten die Bibel so relevant ins Leben zu übertragen?» Das heisst, sie finden den Zugang zum Text nicht und brauchen Anleitung.
Zeigt sich diese «biblische Ratlosigkeit» heute verstärkt?
Peter Brütsch: Das war schon immer eine Herausforderung. Sie könnte aber zugenommen haben, weil das Grundwissen über biblische Aussagen in der heutigen Generation weniger vorhanden ist. Sie wurde zu wenig angeleitet im Umgang mit der Bibel.
Sie wollen mit Ihrem Material einen positiven Ansatz bringen. Wie sieht das aus?
Peter Brütsch: Wir sagen: Bibellesen bereichert dein Leben. Gott interessiert sich für dich. Er will mit dir in einer Beziehung leben. Du kannst dich einklinken und von seiner Weisheit profitieren.
Warum ist die Bibel lebensrelevant oder essentiell?
Peter Brütsch: Es kommt vor, dass ich die Bibel mehrmals täglich zur Hand nehme. Ich habe im Laufe der Zeit eine Liste einzelner Textstellen zusammengestellt. Mit diesen Bibeltexten lebe ich. Gerade in schwierigen Lebensphasen werden sie ungemein wertvoll. In ethischen Fragen schenkt mir die Bibel Orientierung, sie prägt meine Werte.
Daniel Abbühl: Die Worte der Bibel sind vergleichbar mit der Nahrung. Die brauchen wir für das gute Funktionieren des Körpers und um uns etwas Gutes zu tun. Die Bibel ist für mich Nahrung für Seele und Geist. Auch gibt sie mir eine Richtung im Leben vor.
Die Bibel ist offenbar unersetzlich wertvoll, aber kaum einer liest sie. Wie wollen Sie die Bibel beliebt machen?
Peter Brütsch: Nicht über die moralisch-appellierende Schiene im Sinne von «Du musst Bibellesen, dann ist Gott mit dir zufrieden; wenn nicht, brauchst du dich nicht zu wundern, wenn der Tag schlecht wird». Bibellesen, Gottes Wort lesen, ist etwas Positives. Wir vergleichen das Bibellesen mit dem Essen. Dies ausgehend von einer Aussage von Jesus. Er sagte, der Mensch lebe nicht nur vom Brot, sondern von jedem Wort, das von Gott gesprochen wird. Unsere Kampagne will Menschen Appetit auf die Bibel machen. Dazu vermittelt sie wichtige Grundlagen.
Michael Berra: Genau. Wer die Bibel nicht liest, soll sich nicht schuldig fühlen, sondern hungrig. Ohne Bibel fehlt etwas Existentielles. Wir schüren keine Schuldgefühle, sondern wecken gesunden Hunger. Ganz im Sinne von: «Wir sind zu Gast bei Gott. Es ist alles bereit. Setz dich, entdecke, iss, begegne».
Daniel Abbühl: Es geht auch nicht darum, Wissen zu vermitteln, im Sinne von «Wie gross war Goliath?» Ziel von «essentiell» ist es, den Weg aufzuzeigen, wie man das Wesen Gottes entdecken kann. Wenn ich an den Kinderbereich denke, dann ist es das Ziel, den Kindern ein gutes Fundament mitzugeben. Auch konkrete Hilfen, damit sie wissen, wie man an die Bibel herangeht und persönliche Entdeckungen machen kann.
Ist das zur Verfügung stehende Material in Alterssegmente unterteilt?
Peter Brütsch: Ja, einerseits für Jugendliche und Erwachsene. Sie arbeiten mit dem gleichen oder ähnlichem Material. Es ist aufgegliedert für Anwendungen im Gottesdienst, für den eigentlichen Kurs und für Kleingruppen. Für die Kinder gibt es ein eigenes Kursheft und separates Material, zum Beispiel ein attraktives Bibel-Stickerbuch.
Bei «essentiell» geht es um das Vermitteln von Basiswissen zum Bibelverständnis. Wie übertrage ich einen antiken Text in meine Welt? Was kann heute damit gemeint sein?
Peter Brütsch: Das Konzept enthält sechs Schritte: Erstens: Halte an, suche einen ungestörten Platz. Zweitens: Setz dich, sprich mit Gott. Drittens: Entdecke, stelle Fragen, suche Antworten. Viertens: Iss, verstehe die Bibel, was sagt sie für dich? Fünftens: Begegne Gott, bewege deine Gedanken im Gebet und sechstens: Gehe weiter, setze das Verstandene in deinem Leben um.
Michael Berra: Ziel dieses Ansatzes ist die persönliche Begegnung mit Gott – nicht theologisches Wissen, nicht Apologetik, sondern die praktische Lebensführung als Kind Gottes unter den Augen des himmlischen Vaters.
Daniel Abbühl: Bei Vorschulkindern stellten wir eine Schatztruhe auf. Jeden Sonntag öffneten wir ein Schloss mehr. Die Spannung war gross, als wir am dritten Sonntag die Truhe öffneten und eine Bibel drin lag. Bei den Kids arbeiteten wir in Kleingruppen mit Bibellesen, still werden und die gemachten Entdeckungen teilen. Da ich bei meinen eigenen Kindern sehe, wie beliebt das Sammeln und Tauschen von Stickern ist, gestalteten wir ein Bibel-Stickerbuch. Darin sind die wichtigsten biblischen Geschichten. Die Kids fanden es genial, die spannenden Geschichten zu hören, die passenden Figuren zu suchen und am richtigen Ort einzukleben. Wer in den Kidstreff kam, erhielt jeweils 6 von insgesamt 66 Stickern.
Erinnern Sie sich an positive Reaktionen von Kursbesuchern?
Peter Brütsch: Da gab es einige! Solche, die sagten, sie hätten gelernt anzuhalten, um sich Zeit zu nehmen für die Bibellese. Andere sagten: «Ich habe neu entdeckt, dass Gott durch die Bibel zu mir spricht.» Von Ehepaaren weiss ich, dass sie es als Gewinn erlebten, aufgrund des Kurses gemeinsam in der Bibel zu lesen.
Daniel Abbühl: Ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn Eltern zu mir kamen und erzählten, sie hätten ihren Kindern eine Bibel kaufen müssen! Ein besonderes Erlebnis war, als ein Junge aus schwierigen Verhältnissen in den Kidstreff kam und – anstatt wie üblich wüste Wörter und Szenen zu beschreiben – mir seinen Lernvers aus dem Buch Jona vorsagte: «In meiner Not schrie ich zu dir Herr und du hast mir geantwortet.» Ich spürte innerlich, wenn er diese Wahrheit in sich aufgenommen hat, dann hat er etwas für sein Leben gewonnen.
Wie reagierten die Jungen?
Michael Berra: Gut. Die Hilfe zum Bibellesen war willkommen. Viele klinkten sich in den Kurs ein.
Daniel Abbühl: Die Teenager merkten, dass sie sich gegenseitig helfen können. Sie organisierten spontan Grillpartys, um anschliessend miteinander in der Bibel zu lesen.
Peter Brütsch: Wir müssen einander helfen, um die Hindernisse gegenüber dem Bibellesen abzubauen. Bei vielen ist der Alltag so hektisch, dass sie Mühe haben, stille Zeiten fürs Nachdenken, Lesen und Beten einzubauen. Oder die Frage der Bibelwahl. Neben der Luther-Übersetzung gibt es längst andere Bibeln in leichter verständlichem Deutsch. Auch hier geben wir Rat.
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Datum: 07.03.2016
Autor: Rolf Höneisen
Quelle: idea Spektrum Schweiz