1979: Papst lässt (Kommunismus-)Mauern bröckeln
Doch der Besuch in Polen ist nicht nur feierlich, er ist eine wirksame, christliche Proklamation inmitten des kirchenfeindlichen Kommunistenstaates.«Verschollene Filmschätze» heisst die Serie auf dem TV-Sender Arte und Teil davon ist auch «1979. Die erste Polenreise von Johannes Paul II.».
Vor genau 40 Jahren besuchte der Papst sein Herkunfts-Land und scheute nicht davor zurück, immer wieder deftige Aussagen wie Nadelstiche zu setzen. Die kommunistische Regierung war nicht nur «not amused», sie fürchtete ihn als «gefährlichen Widersacher». Zurecht, wie sich später zeigte.
Verbündeter Verkündiger
Die «Pilger-Reise» widmete der Pontifex dem heiligen Stanislaus, der als Märtyrer starb und somit ein Mahnmal für all die getöteten Christen darstellte, die dem Kommunismus zum Opfer fielen.
In seiner Begleitung war denn auch kein Geringerer als Kardinal Wyszyński, welcher die Stärkung der Kirche gegenüber dem Kommunismus vorantrieb. Wyszyński verbüsste eine dreijährige Haft wegen Widerstand gegen die kommunistische Staatsführung.
Auf jeden Fall setzte Papst Johannes Paul II. Akzente und kritisierte auch offen die Regierung und ihren Umgang mit Christen und der Kirche.
Menschenmengen und Medien
Für die polnische Kirche grenzt der Papstbesuch nach Jahren der Zensur, Verfolgung und Verbote an ein Wunder. Aus dem Ausland sind Hunderte Berichterstatter angereist, um den Papst an jeder Station der Reise bei Predigten und Gedenkfeiern, vor Hunderttausenden Gläubigen zu filmen.
Ein riesiges Kreuz wurde für die Feier an dem Ort aufgestellt, wo die Christianisierung Polens begonnen hatte; für seine erste Rede in Warschau. Doch musste es sofort danach wieder abgebaut werden.
Im Hintergrund zeigt der Dokumentarfilm immer wieder Führungsköpfe, die aufgeregt wie auf Nadeln sind, dass ja nichts Ungeplantes passiert.
Historische Hintergründe
Papst Johannes Paul II. betonte, wie wichtig die Rolle der Kirche für die Entwicklung Polens war. Gleichzeitig wies er auf die Phase der Gewalt hin, die damals die Regierung ins Wanken brachte. Die Revolte 1970 forderte viele Tote, die sich gegen gewaltige Preiserhöhungen und andere haltlose Umstände der Bevölkerung richteten. Zum Deeskalieren mussten mehrere Regierungshäupter entlassen werden. Und jetzt, neun Jahre später, wurde dort eine katholische Messe gefeiert, die 300'000 Besucher anzieht. Und es war eine Premiere, dass das Staatsfernsehen die Rede eines christlichen Oberhauptes ausstrahlte; auch in mehrere andere Ostblockländer.
Ebenfalls wies der Pontifex auf den Warschauer Aufstand hin. 1944 hatte die polnische Regierung zugelassen, dass die Nazis ein Massaker an polnischen Widerständlern verübten.
Tosenden Applaus vom Publikum gab es für diese Kritik, während auf der anderen Seite von höchster Ebene angeordnet wurde, dass der Ton ausgeschaltet werden müsse; doch der Befehl wurde nicht ausgeführt.
Starke Zeichen
Auch im ehemaligen KZ Auschwitz wurde eine Messe abgehalten. Dort bewegte sich das römisch-katholische Oberhaupt in Gemeinschaft weiterer Bischöfe und Priester, bei denen die roten Liturgiegewänder symbolisch für das vergossene Blut der Märtyrer standen.
Während seines Besuchs richtete sich Papst Johannes Paul II. immer wieder ans Volk und konnte Vertrauen in die Zukunft erzeugen. Genauso rief er dazu auf, sich nicht entmutigen zu lassen und die Wurzeln zur Heimat nicht zu durchtrennen.
Sein Abflug war folglich eine grosse Erleichterung für die Kommunisten, jedoch ein Siegeszug für die Kirche. Denn zehn Jahre später, im Juni 1989, sollte sich Polen als erstes Land vom Kommunismus befreien. Die erste Mauer war gefallen! Ein Zufall? Jedenfalls, ein Mauer-Fall!
Fazit
Das postmoderne HD-Auge muss sich an die alten Aufnahmen gewöhnen. Sie holen den Zuschauer jedoch sofort in die damalige Zeit.
Es gibt auch witzige Episoden, zum Beispiel, wie Funktionäre hilflos herumirren und ein geschenktes Bild mit Johannes und Paulus rumtragen und diskutieren, wohin sie es stellen sollen.
Alles in allem informativ und aufdeckend sehenswert.
Hier können Sie sich die Doku anschauen:
1979: Die erste Polenreise von Johannes Paul II.
«Verschollene Filmschätze»
Die Serie auf dem TV-Sender Arte heisst «Verschollene Filmschätze» und zeigt rückblickend ein breites Spektrum von geschichtlichen Ereignissen wie die Rede «I have a dream», Nelson Mandelas Beliebtheit und andere. In cineastischen 27-Minuten-Happen wird ein historisches Ereignis aufgegriffen und mit Kommentar und Hintergrund-Infos durchleuchtet und wiederbelebt. Teilweise noch bis Frühling 2020 abrufbar.
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Datum: 14.12.2019
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet