Reise durchs Trauerland

Livenet-Talk: Wenn ein Elternteil stirbt

Als ihr Ehemann starb, hinterblieb Susanne Ospelkaus mit ihren zwei kleinen Söhnen. Heute kann sie von ihren Erfahrungen berichten.
Susanne Ospelkaus (Bild: susanne-ospelkaus.com)
Susanna Aerne

Wie sagt eine trauernde Ehefrau ihren Kindern, dass ihr Vater gestorben ist? Susanne Ospelkaus aus der Region München stand selbst in dieser Situation und erzählt im Livenet-Talk über ihre Erfahrungen, übers Trauern oder das Begleiten von Kindern. Im Gespräch war sie mit Livenet-Chefredaktor Florian Wüthrich und Beraterin Susanna Aerne.

Die tragische Geschichte

Es war ein tragisches Jahr. Susanne Ospelkaus war 29 Jahre alt, als bei ihr Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert wurde. Ihre beiden Söhne waren damals ein und drei Jahre alt. Nachdem sie lange nicht wusste, was mit ihr nicht stimmte, war die Diagnose auch eine Erleichterung. Dem Gedanken an ihren möglichen Tod gaben sie wenig Raum. «Die Medizin hat Möglichkeiten und wir vertrauten auch Gott.»

Die Betreuung der Kinder wurde organisiert und die beiden Jungs nahmen die Situation gut auf und die Therapien verliefen erfolgreich. «Als ich mich für die Reha bereit machte, entdeckte mein Mann Symptome, wenige Tage später wurde Leukämie diagnostiziert.» Diese Krankheit zeigte sich äusserst aggressiv und nach nur fünf Monaten starb er.

Wie sage ich es meinen Kindern?

Als Susannes Krebs diagnostiziert wurde, überlegten sie, wie sie dies den Kindern mitteilen würden. Sie wollten sie nicht zu sehr beunruhigen und mussten die Situation erst einmal für sich selbst klären. Nach ein paar Tagen sprachen sie dann mit den Jungen über die Situation. Susanne Aerne stimmt zu, dass es wichtig ist, zuerst selbst zur Ruhe zu kommen. Die Kinder merken aber, dass etwas nicht stimmt und brauchen Informationen. Sie empfiehlt, «den Kindern so viel sagen, wie nötig, dies aber möglichst bald tun».

Über den Tod des Vaters musste Susanne ihre Söhne dann auch informieren. Mehrmals musste sie ihnen erklären, dass er gestorben war und nicht mehr nach Hause kommen würde. Die Kinder, die bereits wochenlang von ihrem Vater getrennt waren, erwarteten weiterhin seine Rückkehr.

Die Zeit der Ungewissheit

Während der Krankheit von Susannes Ehemann waren sie lange Zeit optimistisch. «Wir sagten: Was wir einmal geschafft haben, schaffen wir wieder.» Sie wollten nicht aufgeben, aber auch die kostbare Zeit nicht vertrödeln. «Wir versuchten, gemeinsame Momente zu geniessen und wenn ich die Fotos aus jener Zeit anschaue, kann ich sagen: Es waren schöne Tage.»

Susanna Aerne empfiehlt, in solchen Zeiten viele Fotos zu machen und gemeinsame Erinnerungen zu schaffen. «Ich empfehle auch, den Kindern die Möglichkeit zum Helfen zu geben.» Wenn Kinder das Gefühl haben, nichts tun zu können, leiden sie ständig daran, ihre Verantwortung nicht wahrnehmen zu können. Es sei auch wichtig, die Kinder realistisch auf mögliche Ausgänge der Krankheit vorzubereiten.

Die Wichtigkeit von Bezugspersonen

«Wenn eine Familie durch den schwierigen Prozess einer Krankheit geht, sind alle Betroffenen herausgefordert», sagt Susanna Aerne. Es ist eine Ausnahmesituation, bei welcher aussenstehende Personen Entlastung und Stabilität in die Familie bringen können. «Der Fokus ist jeweils auf die kranke Person gerichtet, doch wir müssen auch auf das Befinden von Partner und Kinder achten.»

«Beim Tod eines Ehepartners sollte für sich, wie auch für die Kinder eine Bezugsperson gesucht werden», ist Susanna Aerne überzeugt. An dieser Stelle ist ihr Erfahrungsschatz spürbar. Viele zusätzliche Tipps gibt es im Livenet-Talk. Unter anderem geht es dabei um Verlustängste der Kinder und das Problem von zu vielen «Trauerarbeitern».

«Mein Glaube wurde erschüttert»

«Mein Glaubensbild wurde ordentlich erschüttert», beantwortet Susanne Ospelkaus die Frage, wie sich ihr Glaube entwickelt habe. Aussagen wie «alles wird gut, wenn wir nur glauben» konnte sie nichts mehr abgewinnen. «Ich meinte ja immer, dies gemacht zu haben und dann zerbricht das Leben trotzdem.» Es war ein Klagen und Ringen mit Gott. «Es brauchte ein Eingestehen, dass Gott nicht einfach verfügbar ist und auch manchmal schweigt.» Dies galt es aus- und trotzdem an einer ewigen Hoffnung festzuhalten.

Ein biografischer Roman

Unter dem Titel «Meine Reise durch das Trauerland» hat Susanne Ospelkaus ein Buch über ihre Erfahrungen geschrieben. Der biografische Roman erschien Anfang 2021 im Brunnen Verlag. «Damit wollte ich dem Leser das Trauerland näherbringen.» Sie selbst hatte Momente, in denen sie gelacht hat und kurz darauf wieder weinte – durch ein Lied an ihren verstorbenen Ehemann erinnert. «Für Menschen, welche diese Art von Trauer nicht kennen, ist das irritierend. Ihnen möchte ich mit dem Buch das Wesen der Trauer erklären und sagen: Die Trauer meint es gut.»

Sehen Sie sich hier den ganzen Livenet-Talk an:

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Datum: 18.06.2021
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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