Hackerangriff von «bisher beispiellosem Ausmass»
In Deutschland fielen teilweise digitale Anzeigetafeln der Deutschen Bahn sowie Fahrkartenautomaten aus. In England und Schottland wurden 45 Organisationen angegriffen, vor allem Kliniken und Gesundheitseinrichtungen. Der Autohersteller Renault stellte in Frankreich an einigen Standorten vorsorglich seine Produktion ein, um einer Verbreitung der Schadsoftware vorzubeugen. Die europäische Ermittlungsbehörde Europol spricht von einer Attacke von «bisher beispiellosem Ausmass».
275 Euro pro Rechner verlangt
Es wurden ausschliesslich Windows-Computer angegriffen. Private Rechner sollen nicht betroffen sein. Für jeden stillgelegten Computer forderten die Erpresser ein Lösegeld in Höhe von 275 Euro, zahlbar in der Internet-Währung Bitcoin. Die weitere Ausbreitung der Erpressungssoftware wurde offenbar in der Nacht zum 13. Mai von einem IT-Fachmann in Grossbritannien gestoppt. Der 22-Jährige, der anonym bleiben will, rechnet aber mit weiteren Angriffen, wie die Nachrichtenagentur «idea» berichtete. «Da ist viel Geld im Spiel», sagte er gegenüber dem Sender BBC.
Auch Missionswerke immer wieder Ziele von Angreifern
Für den Geschäftsführer des deutschen Christlichen Internetdienstes CID, Munir Hanna (Berlin), zeigt der Vorgang, dass es in der Computertechnik «keine absolute Sicherheit» gibt: «In dem Moment, wo ich mit meinem Computer oder Smartphone eine Aussenverbindung eingehe, muss ich damit rechnen, dass sich da jemand herumtreibt und meine Daten einsieht.» Windows-Rechner seien besonders häufig betroffen, weil sie am stärksten verbreitet seien. Doch auch alle anderen Betriebssysteme sind laut Hanna Angriffen ausgesetzt.
Christliche Internetdienste und Missionswerke seien immer wieder Ziele von Angriffen: «Es gibt offenbar Leute, denen es nicht passt, dass wir als Christen auf unseren Internetseiten zum Glauben an Jesus Christus aufrufen.» Die meisten dieser Angriffe kämen aus dem islamischen Raum, aber auch aus Indien, China oder Lateinamerika.
Urlaubsbilder auf facebook?
Wenn man heute alles vernetze, wie Autos, Kühlschränke oder die Waschmaschine, dann öffne man damit «immer auch eine Tür für Aussenstehende». Manche Bürger gingen viel zu offen und sorglos mit ihren Daten um. «Wenn ich auf Facebook Urlaubsbilder poste, brauche ich mich nicht zu wundern, wenn ich nach der Heimkehr feststelle, dass Einbrecher in meiner Wohnung waren», sagte Hanna gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea.
Terminkalender auf Papier
Der Referent für EDV und Datensicherheit beim deutschen evangelikalen Dachverband «netzwerk-m», Andreas Steuer (Kassel), rief im Nachrichtenmagazin idea dazu auf, «alle kostenlosen Sicherheitsaktualisierungen der Softwarehersteller zu nutzen und regelmässig Wiederherstellungspunkte vorzunehmen». Sollte ein Rechner doch einmal befallen sein, könne man ihn in einen früheren Zustand zurücksetzen, als er von der Schadsoftware noch nicht befallen war.
Ob man die von den Erpressern geforderte Summe bezahle, hänge davon ab, wie schnell man auf die gesperrten Daten zurückgreifen wolle. «Wer Zeit hat, sollte nicht auf solche Erpressungsversuche reagieren.» Es sei zudem unsicher, ob die Daten wirklich wieder aktiviert würden. Für Vielbeschäftigte gab der Datenfachmann einen Gratis-Tipp dazu: «Ich führe meinen Terminkalender ganz klassisch auf Papier».
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Datum: 17.05.2017
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea