«Der alles so herrlich regieret»?

Unberechenbar - und zuverlässig

Ist Gott unberrechenbar?
Haben Sie in der Weihnachtszeit auch mit der Spannung zwischen «Stille Nacht» und «Welt geht verloren» gekämpft? Eine Welt im Chaos. Wenn es einen Gott gibt, ist er unerklärlich und scheinbar unberechenbar. Wie soll man sich auf ihn verlassen können?

«Fortuna caeca est», sagten die Römer, wenn sie den Lauf der Welt beschreiben wollten: «Das Schicksal ist blind.» Für viele Menschen heute trifft das auch auf Gott zu. Wenn es überhaupt einen Gott gibt, dann ist er blind – ziemlich un-berechenbar. Einmal macht er dies, ein andermal das. Und meistens macht er scheinbar nichts. Folge: Auf einen Gott, der so ein Chaos in der Welt zulässt, können viele verzichten.

Der ganz Andere

Wagen wir doch einmal einen anderen Gedankengang: Wenn Gott unseren Vorstellungen entsprechen würde, wäre er dann nicht letztlich nur ein Produkt unserer Wünsche und Sehnsüchte (wie das ja von Religionskritikern seit jeher behauptet wird)? Aber schon Weihnachten weist in eine ganz andere Richtung. Auf sowas wären wir nie gekommen: ein Baby, das der Retter werden soll.

Ein uralter, wuchtiger Text aus dem Jesajabuch zeigt uns eine Wirklichkeit, die grösser und kraftvoller als unsere kleinen Vorstellungen ist. Hören wir auf Kapitel 55: «Gott sagt: 'Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege. Denn wie der Himmel die Erde überragt, so sind auch meine Wege viel höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. Denkt an den Regen und den Schnee! Sie fallen vom Himmel und bleiben nicht ohne Wirkung: Sie tränken die Erde und machen sie fruchtbar; alles spriesst und wächst (…) Genauso ist mein Wort: Es bleibt nicht ohne Wirkung, sondern erreicht, was ich will, und führt das aus, was ich ihm aufgetragen habe.'»

Un-berechenbar …

«Meine Wege sind höher als eure Wege, meine Gedanken höher als eure Gedanken»: Gott ist für unsere Logik und unsere Vorstellungen nicht zu erfassen. Man kann in der Bibel viel von ihm erkennen – vor allem, dass Liebe sein tiefstes Wesen ist –, aber er entzieht sich unseren Versuchen, ihn einzuordnen. Gott ist, denkt und handelt total anders als wir. Auf theologisch ist das der «Deus absconditus», der verborgene Gott.

... und zuverlässig

Ganz ehrlich: Das könnte einem Angst machen. Und genau darum ist die folgende Aussage der Verse 10 bis 11 so grossartig und überraschend: «Aber mein Wort wird nicht leer zurückkommen, sondern das ausrichten, wozu ich es gesandt habe.» Wenn Gott Worte spricht, dann gibt es immer eine Wirkung. Gottes Worte und Pläne erreichen vom Himmel her die Erde und werden ausrichten, wozu er sie gesandt hat. Das, was er auf der Welt erreichen will – und das ist letztlich die Erlösung der Welt – wird er ausrichten. Im Grossen der Weltgeschichte – und im Kleinen Ihres Lebens, wenn Sie ihm trotz allem vertrauen.

Quer- und Längsbalken

Das Christentum hat ein wunderbares Symbol: das Kreuz. Es hat einen Querbalken und einen Längsbalken. Der Querbalken steht dafür, dass zwischen uns und dem Himmel eine Trennung ist und wir Gott nicht verstehen können. Der Längsbalken hingegen verbindet uns mit dem Himmel – Gott hat uns mit sich versöhnt. Wer Gott verstehen und vertrauen will, muss den Weg übers Kreuz gehen: Es ist Gottes Logik, die Welt zu erlösen.

Sicher, Gottes Wege sind höher als unsere Wege und nicht immer zu verstehen. Aber wer sich an das Kind in der Krippe hält, das zum Mann am Kreuz wurde, weiss trotz allem Schweren: Der liebende Gott ist unbeirrbar am Werk.

Unsere Generation ist ja nicht die erste, die Schrecken des Krieges erlebt. Trotz allem haben Menschen zu allen Zeiten auf Gott vertraut. «Lobet den Herren, der alles so herrlich regieret» wurde in den Schrecken des 30-jährigen Krieges geschrieben. Vielleicht hilft uns das, eine gesunde Perspektive zu behalten.

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Datum: 04.01.2024
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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