Es geht um Beziehung, nicht um Bekehrung
Alec Hibbs arbeitet als Englisch-Tutor an der Oregon State University und hat dadurch viele Kontakte mit andersdenkenden Menschen, zum Beispiel aus dem Nahen Osten. Seine Erfahrungen aus den letzten Jahren beim Aufbau echter, anhaltender Freundschaften fasst er folgendermassen zusammen:
Stell deine Vorurteile auf «Pause»
Klischees verhindern jede sinnvolle Kommunikation. Anfangs war ich ängstlich und nervös im Umgang mit Studenten aus dem Nahen Osten, die ich als Tutor betreute. Ich dachte, dass sie meinen Glauben ablehnen würden wie manche Muslime im Fernsehen. Erst als mich einer von ihnen einlud und wir über Gott und die Welt sprachen, merkte ich, wie falsch das war. Menschen leben ihren Glauben individuell sehr unterschiedlich. Auch Christen. Bevor ich nun vermute, was sie glauben, frage ich sie einfach, oder noch besser: Ich warte, bis sie es mir erzählen wollen. Wir können von anderen nicht erwarten, dass sie uns zuhören, wenn wir es nicht auch bei ihnen tun.
Es sind Menschen, keine Projekte
Viele Predigten unterstreichen, dass wir das Beste aus jeder Begegnung machen und deshalb über Jesus reden sollen. Davon bin ich immer noch überzeugt, doch ich denke, dass dieses eigentliche Anliegen dabei oft auf der Strecke bleibt. Anstatt andere Menschen so wie Jesus zu lieben, analysieren wir das Risiko, mit ihnen zu reden. Wir machen Nachbarn, Kollegen und Klassenkameraden zu Zielen unserer Botschaft – zu Objekten. Aber wenn wir ihnen nicht wirklich als Freunde begegnen, machen wir Gottes Liebe dadurch billig und flach.
Lege keinen Plan fest
Niemand mag das Gefühl, manipuliert zu werden, wenn zum Beispiel ein Gespräch über persönliche Fragen zielsicher zu einem «Abschluss» hingesteuert wird. Wenn wir die Möglichkeit haben, über Gott zu reden, dann sollten wir nicht nach Schema F vorgehen, sondern unseren Verstand gebrauchen und beten. Wenn wir das Evangelium erklären und unsere eigene Geschichte mit Gott erzählen können; fantastisch. Wenn nicht, können wir dem anderen einfach unsere Liebe zeigen und Gott vertrauen, dass er uns die richtigen Worte für ihn gibt. Unsere Freundschaft sollte nie von der Bekehrungsbereitschaft unseres Gegenübers abhängen.
Sei interessiert
Einer meiner Freunde ist Hindu. Er hat mich unter anderem zum Teetrinken gebracht. Wir haben eine Weile zusammengewohnt und ich habe gelernt: Je mehr ich mich für ihn und seine Gedanken interessiere, desto mehr lässt er sich auf mich und mein Leben ein – inklusive meinen Glauben. Eines Tages hat er mich gebeten, ihm das Christsein zu erklären. Das folgende Gespräch über geistliches Leben war wunderbar – und es endete mit unserem gemeinsamen Besuch eines Anbetungsgottesdienstes. Wenn uns andere wichtig sind und wir es ihnen zeigen, dann wollen sie auch wissen, was uns beschäftigt.
Sei offen
Sechs Monate mit internationalen Studenten haben mir etwas beigebracht, was ich mein ganzes Leben vorher nicht verstanden hatte: dass Menschen sich da wohlfühlen, wo andere sich ein Stückweit öffnen. Viele schätzen ihre eigenen Erfahrungen geringer ein als theologische Wahrheiten oder biblische Aussagen. Es stimmt: Gottes Wort verändert Menschen. Aber Tatsache ist, dass es tiefer geht, wenn wir erzählen, wie es uns selbst verändert hat. Selbst wenn das Gespräch gar nicht um fromme Inhalte geht, kann es weiterbringen zu erzählen, was wir in unserer Freizeit anstellen, wie wir zu Lebensfragen stehen – all das zeigt uns als Menschen. Als Menschen, die andere an ihrem Leben teilhaben lassen.
Wenn wir mit Menschen ins Gespräch kommen, sollten wir sie – unabhängig von deren Religion – zuerst lieben. Unser Vertrauen auf Gott hilft uns dabei, kein Programm mit ihnen «durchzuziehen», denn wenn er uns mit ihnen in Kontakt gebracht hat, dann wird Gott uns dabei auch gebrauchen.
Datum: 23.08.2014
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / relevantmagazine.com