Hunderte Tote bei islamistischer Gewalt in Syrien
Nach Angaben der «Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte» (SNHR) wurden in den vergangenen Tagen bei Kämpfen in Latakia und Tartus mehr als 225 Menschen getötet. Die Organisation dokumentierte mindestens 125 zivile Opfer und sprach von «weit verbreiteten Massenhinrichtungen» junger und erwachsener Männer – ohne klar zwischen Zivilisten und anderen Gruppen zu unterscheiden. Über das Wochenende stiegen die Zahlen deutlich an. Die Zahlen wurden in verschiedenen Medienberichten nach oben korrigiert.
Die syrische Regierung bestritt die gemeldeten Opferzahlen und erklärte, ein «Notfallkomitee» prüfe Berichte über Menschenrechtsverletzungen. Laut SNHR kündigte die Regierung an, alle Soldaten und Offiziere, die gegen Einsatzbefehle verstossen hätten, vor ein Militärgericht zu stellen.
Ein Sicherheitsbeamter sagte der staatlichen Nachrichtenagentur SANA, es habe «vereinzelte Übergriffe» von Soldaten gegeben, die auf «grosse, unorganisierte Menschenmengen» reagiert hätten, die sich in Richtung Küste bewegten.
Gewalt in Assad-Hochburgen
Bereits IGFM hatte unlängst dazu aufgerufen, genau hinzusehen. Die Gewalt erschüttert Gebiete, die einst als Hochburgen der alawitischen Unterstützung für Assad galten. Der langjährige Machthaber war im vergangenen Jahr von islamistischen Gruppen gestürzt worden. Einige seiner Anhänger sind jedoch weiterhin bewaffnet.
Die syrischen Alawiten, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen, hatten in der früheren Regierung grossen Einfluss. Viele legten nach dem Sturz Assads ihre Waffen nieder, einige leisteten jedoch weiterhin Widerstand.
Der Übergangspräsident Syriens, Ahmad al-Sharaa, versprach, die Verantwortlichen für die Tötung von Sicherheitskräften zur Rechenschaft zu ziehen. Gleichzeitig rief er die Sicherheitskräfte zur Zurückhaltung auf, um weitere zivile Opfer zu vermeiden. Auch syrische Christen gehören zu den Opfern.
«Wir werden ausgelöscht»
In den sozialen Netzwerken kursieren Videos, zum Beispiel von Frauen, die um mindestens 20 offenbar erschossene Zivilisten trauern. Andere Aufnahmen zeigen nächtliche Feuergefechte, bei denen Sicherheitskräfte massiv auf unbekannte Angreifer schiessen.
Einige Videos legen nahe, dass Regierungstruppen in Al-Qardaha, der Heimatstadt der Assad-Familie, eingedrungen sind. Explosionen sollen zu hören gewesen sein. Ein Vertreter des Verteidigungsministeriums bestätigte, dass es bei den Einsätzen darum gehe, «die letzten Überreste des alten Regimes zu beseitigen».
Die Tagesschau zitiert einen Hilferuf einer Frau aus dem Küstengebiet: «Die Sache ist sehr ernst. Wir erleben eine echte Auslöschung. Bitte, bitte, die ganze Welt muss handeln. Wir werden hier ausgelöscht.»
Spitäler werden angegriffen
Nach Angaben der Gesundheitsbehörden haben Pro-Assad-Kämpfer in der Nacht zum Freitag sechs Krankenhäuser in ländlichen Gebieten von Latakia und Tartus angegriffen. Dabei wurden sowohl Patienten als auch medizinisches Personal getötet.
In mehreren syrischen Städten finden derzeit Proteste für und gegen die neue Übergangsregierung statt. Ein Sprecher des SNHR wird von der ARD zitiert: «Den Massakern ging ein öffentlicher Aufruf zum Dschihad voraus, als wäre es eine Kriegsschlacht. Es gibt Videos, in denen gesagt wird: 'Wir sind gekommen, um die Alawiten zu töten.'»
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Datum: 11.03.2025
Autor:
Anugrah Kumar / Daniel Gerber
Quelle:
Christian Post / ergänzte Übersetzung: Livenet