Eritrea nach der Öffnung

Ein Kairos für die bedrängten Christen?

Eritrea hat eine Öffnung vollzogen. Jetzt ist die Zeit da, um für die Christen, insbesondere die evangelische Minderheit, zu intervenieren, meint unser Korrespondent Heinz Gstrein.
Christen in Eritrea

Christliche Flüchtlinge aus Eritrea gehören seit langem zum Bild der Schweiz: Ihre gottesdienstlichen Tänze beim Trommelklang sind Sonntag für Sonntag eine vertraute Erscheinung in evangelischen Kirchen, die ihnen zwischen Schlieren und Basel ökumenische Gastfreundschaft bieten. Die weissgewandeten Eritreerinnen und hochgewachsenen Männer mussten ihre Heimat verlassen, weil diese als «Nordkorea von Afrika» zu den schlimmsten Christenverfolgern der Welt zählt. Seit der Unabhängigkeit von 1993 hielt Diktator Isayas Afewerki an einem Kurs totaler Isolierung fest. Alle internationalen Proteste und Solidaritätsaktionen zugunsten der eritreischen Christen prallten auf eine Mauer der Missachtung.

Ein Regime kämpft ums Überleben

In diesem Juli beginnt sich Eritrea jedoch zu öffnen. Das Regime von Asmara hatte nur überlebt, weil es einen Drittel seiner sechs Millionen Einwohner zu leibeigenen, unbezahlten Arbeitssklaven machte und von der Million Auslandseritreern eine Zwangsabgabe eintrieb. Diese erbrachte 2017 Überweisungen in Höhe einer Milliarde Dollar; immer noch zu wenig, um das bodenlose Fass der kollektivistischen Misswirtschaft und vor allem des Kriegszustandes mit dem Nachbar Äthiopien zu füllen. 

Die Öffnung und ihre Folgen

Afewerki hat daher jetzt Frieden geschlossen, die Grenze geöffnet und ist selbst zur Versöhnung nach Addis Abeba gereist. Nach ersten Diplomatenberichten wissen die eritreischen Machthaber jetzt genau, dass sie das Land zur Welt öffnen müssen, wenn ihre Herrschaft überleben soll.

Damit ist auch die Stunde für eine erfolgreiche Intervention zugunsten der verfolgten Christen in Eritrea gekommen. Vordergründig scheint dort alles in Ordnung zu sein. 2015 hatte einer der selten eingeladenen Journalisten aus Asmara berichtet, wo «die Glocken mächtiger Kathedralen mit dem von spitzen Minaretten tönenden Ruf der Muezzine wetteifern». Diese «Kultfreiheit» betrifft aber nur die drei staatlich anerkannten und kontrollierten Kirchen der mehrheitlich Orthodoxen, der Katholiken und Lutheraner. Seit Anfang 2018 wurden aber auch die kleine katholische Kirche und gezielt ihre sozialen Aktivitäten unterdrückt: Vier ihrer Krankenhäuser in verschiedenen Städten sind inzwischen geschlossen, ebenso das Priesterseminar von Asmara. 

Verfolgung für nicht tolerierte Kirchen

Die Evangelisch-Lutherische Kirche von Eritrea (ELCE) muss ihren – geringen – Freiraum mit Gefälligkeiten an die Regime-Propaganda erkaufen: Am 6. Januar 2018 veröffentlichte die «Giessener Zeitung» aus ihren Reihen die Behauptung: «Die Aussage, in Eritrea würden Christen verfolgt, ist falsch!» Und weiter heisst es geradezu unterwürfig: «Es ist ein Segen, dass wir in Eritrea so leben können...»

Christen, die nicht den drei «tolerierten» Kirchen angehören, erleiden jedoch schlimmste Verfolgung. Bereits bekannt ist die so genannte «Container-Haft»: Vor allem Evangelikale werden bei schrecklicher Hitze in eisernen Transport-Behältern «verwahrt», die in der Sonne Afrikas fast zum Glühen kommen. Es gibt sogar Christinnen von der «Full Gospel Church», die schon seit Jahren in einem solchen Container schmachten.

In der Wüste ausgesetzt

Eine neue, bisher unbekannte Qual wird vor allem Angehörigen von Pfingstkirchen in der Danakilwüste bereitet. Sie dient als Konzentrationslager, wohin die Opfer geschafft und fast ohne Lebensmittel, sogar nur mit ein paar Schluck Wasser pro Tag, zurückgelassen werden. Die meisten gehen zugrunde. Wer überlebt, gleicht mehr einem Skelett als einem Menschen. Insgesamt dürften schon an die 3'000 christliche Erirtreerinnen und Eritreer in Danakil ausgesetzt worden sein.

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Datum: 19.07.2018
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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