Die grösste «Missionsbewegung» der Welt
Das chinesische Neujahrsfest hat kein echtes Gegenüber in unserer Kultur. Am ehesten ist es noch mit Weihnachten vergleichbar. Die Zeit um den Feiertag, der dieses Jahr am 19. Februar war, verbringen praktisch alle Chinesen bei ihrer Familie, sie beschenken sich, feiern und essen zusammen. Dass dies gewaltige Auswirkungen für die Verbreitung des Evangeliums im Reich der Mitte hat, unterstreicht Cheng-Tozun bei «Christianity Today».
China – ein zerrissenes Land
Ungefähr 260 Millionen Wanderarbeiter gibt es in China. Das ist immerhin ein Fünftel der Gesamtbevölkerung, und ein Grossteil von ihnen lebt getrennt von der Familie. Diesen Migranten verdankt die Nation ihren wirtschaftlichen Aufschwung. Gleichzeitig verschärfen sie das Arbeits- und Wohlstandsgefälle im Land noch mehr: Während die Städte boomen, werden ländliche Gebiete deutlich vernachlässigt. Dazu kommen soziale Härten. Längst spricht man in China von den «zurückgelassenen Kindern», nämlich den über 60 Millionen Kindern, die einen oder beide Elternteile während der letzten drei Monate nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen haben.
In den Städten gibt es immer mehr Menschen, die «es geschafft» haben. Sie haben sich eine Existenz aufgebaut, und einige sind dabei reich geworden. Aber sie haben immer weniger Zeit für die Familie und leiden verstärkt unter psychischen Problemen.
Chinesisches Neujahr
Während der chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten lässt es sich gerade vor diesem Hintergrund kein Chinese nehmen, nach Hause zu fahren. Die Menschen nehmen hohe Fahrpreise, lange Warteschlangen und unbequeme Fahrten dafür in Kauf. Chinesische Behörden rechnen allein während der Feiertage dieses Jahr mit 2,8 Milliarden Fahrten, die Einzelne unternehmen. Das ist mehr als eine Bewegung – das ist eine Völkerwanderung.
Gemeindewachstum in der Stadt
Anders als in Europa findet christliches Gemeindewachstum in China hauptsächlich im städtischen Kontext statt. Dabei spielen Fremdarbeiter vom Land eine wichtige Rolle. Sie sind entwurzelt, suchen Anschluss, Hoffnung und Sicherheit. Gleichzeitig sind sie der sozialen Kontrolle ihres Herkunftsortes entkommen. Viele von ihnen werden Christen.
Selbst offizielle chinesische Stellen gehen davon aus, dass 2,4 Millionen Menschen sich von 2008-2012 taufen liessen, 1'000 Pastoren ordiniert und 5'000 Kirchen gebaut wurden – und diese Zahlen betreffen nur die sogenannten registrierten Gemeinden. Damit wächst die Gemeinde in China weltweit am schnellsten. Und ähnlich wie zur Zeit der Apostelgeschichte entwickelt sich eine Missionsdynamik von den Städten her.
Die Chance der «Bewegung»
Während der chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten finden zahlreiche Begegnungen statt. Viele Verwandte, die sich dabei treffen, werden von ihren Herausforderungen als Wanderarbeiter erzählen, von Einsamkeit und Trennung. Aber auch von einem neuen Frieden, den sie in Christus gefunden haben. Millionen von Christen sind unterwegs aufs Land. Und im Gepäck haben sie nicht nur Geschenke und Geld, sondern auch die gute Nachricht Gottes, dass er jeden Menschen liebt und annimmt.
Die chinesischstämmige Bloggerin Dorcas Cheng-Tozun kommt zu dem Schluss: «Diese unerwartete Wendung kann nur Gott gesehen haben: Die weltweit grösste jährliche Menschenbewegung entwickelt sich zur grössten Missionsbewegung der Neuzeit. So wird das chinesische Neujahr eine neue Form von Weihnachten, weil Jesus als König in Hunderttausenden von Haushalten im Reich der Mitte einzieht.»
Datum: 23.02.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Christianity Today