«Christliche Flüchtlinge nicht mehr benachteiligen»
Rund hundert Besucher erschienen zum Vortrag von Christof Sauer, dem evangelischen Theologen, der heute für das «International Institute for Religious Freedom» in Kapstadt (SA) und Bonn (D) Glaubensverfolgung erforscht.
Auf die Frage aus dem Publikum, ob christliche Flüchtlinge in westlichen Ländern bevorzugt werden sollten, antwortete er: «Es reicht, wenn man sie nicht mehr benachteiligt.» An dieser Stelle ortet er das Problem entlang der gesamten Flüchtlingsroute. Oft seien sie schon in den Lagern nicht sicher, weil zum Beispiel der Cousin eines IS-Kämpfers bereits in diesem lebt. «Also einer von den Leuten, mit denen sie bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben. Es wäre blauäugig zu erwarten, dass da nicht Diskriminierung geschieht. Gleich behandeln heisst, dass Schutzbedürftige geschützt sind. Das kann man fordern, ohne dass damit gesagt wird, dass Christen bevorzugt werden.»
Streit schwächt
Weiter hebt Sauer hervor, was gerade – aber nicht nur – in Ländern mit Verfolgung abträglich für das christliche Bekenntnis ist: «Uneinigkeit unter Christen schwächen den Leib, während Einigkeit ein Zeugnis ist.» Als Jesus vor dem Abschied mit den Jüngern betet, bringt er die Verfolgung und die Einigkeit zusammen.
«Das gemeinsame Zeugnis bringt Frucht. Wenn der Orthodoxe für den Baptisten in Kolumbien betet oder der Katholik in Deutschland für den Charismatiker in der Zentralafrikanischen Republik ist das ein Zeugnis für den Leib Christi.»
Es sei bedauerlich, wenn Christen sich mit anderen entsolidarisieren und zum Beispiel sagen: «Sie sind selber schuld, sie haben sich etwas zuschulden kommen lassen. Oder indem andere denunziert werden, um sich selbst zu retten.»
Busse zur Reformation
Beim Reformationsjubiläum ist ein guter Zeitpunkt, Busse zu tun, hebt Christopf Sauer hervor. «So wurden beispielsweise bereits die Mennoniten um Vergebung gebeten wegen der früheren Verfolgung. Und das muss noch viel mehr geschehen.»
Darüber hinaus sei wichtig: «Wir sollten auch fragen, was können wir von den Christen lernen, die unter Druck leben? Es gibt glücklicherweise inzwischen eine ganze Reihe von Büchern, die sich damit beschäftigen.»
Wenn ein Politiker sage, «da hilft nur noch beten!», würden Christen sagen: «Damit fangen wir an!» Ein genuines Christentum sei wichtig, darüber hinaus solle christliche Arbeit nicht von Feindbildern geprägt sein.
Nicht zurückkrebsen
Christof Sauer nennt es erstaunlich, wie oft über Verfolgung im Neuen Testament zu lesen ist und wie wenig das Thema im Gegensatz dazu in Predigten vorkommt. «Die kirchlichen Werke in der freien Welt sollten zusammenspannen, es sollte mehr in Netzwerken gearbeitet werden.» Dies sage er als Pfarrer der baden-württembergischen Landeskirche.
«Es sollte den Kirchen nicht peinlich sein, wenn ihr Bekenntnis weitergegeben wird. Im interreligiösen Dialog kommt immer von muslimischer Seite als erstes die Forderung, dass die Christen die Mission einstellen mögen, während im gleichen Satz das Selbstverständnis kommt, dass Muslime «die endgültige Religion» verbreiten dürften. Da muss von der Kirche erwartet werden, dass sie auf das weitergeben ihres Bekenntnisses nicht verzichtet.»
Der Anlass in der Liebfrauen-Kirche in Zürich wurde organisiert von der «Arbeitsgemeinschaft Religionsfreiheit» der «Schweizerischen Evangelischen Allianz». Dieser gehören die folgenden sieben Werke an: Aktion für verfolgte Christen (AVC), Christian Solidarity International (CSI), Christliche Ostmission (COM), Hilfe für Mensch und Kirche (HMK), Licht im Osten (LIO), Open Doors (OD) und die Stiftung Osteuropamission (OEM).
Zur Webseite:
«International Institute for religious freedom»
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Datum: 02.07.2016
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet